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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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schrieb Rouffignac, »daß sich der Prinz das Bein brach, als er den Fuß auf den Steigbügel setzte, da gerade in diesem Augenblick La Rochefoucaulds Pferd ausschlug und ihn mit dem Huf traf. Obgleich das Bein so gebrochen war, daß der Knochen aus dem Stiefel herausragte, wollte er trotzdem den Angriff reiten und erklomm mit schmerzverzogenem Gesicht unter viel Mühe und Qual sein Pferd.
    ›Messieurs‹, sprach er zu den ihn umgebenden Edelleuten (und zu La Rochefoucauld, der mit Tränen in den Augen auf sein Pferd einschlug), ›Messieurs, sehet, in welchem Zustand der Prinz von Bourbon für Christus und sein Vaterland in die Schlacht zieht!‹
    Nach diesen Worten stürmte er mit gewohnter Heftigkeit gegen den zehnmal stärkeren Feind an.«
    Was weiter geschah, ist bekannt: Condé entlastete Coligny aufs trefflichste, doch umschlossen von den unübersehbaren Scharen der königlichen Soldaten, wurde er abgedrängt, sein Pferd unter ihm getötet, worauf er, an einen Baum gelehnt, Dolch und Degen zog, nachdem er die nutzlos gewordenenPistolen weggeworfen, und gar wacker um sich schlug. »Ich erkannte ihn«, schrieb d’Argence, »und eilte hinzu.
    ›Monseigneur‹, so sprach ich, die Degen zurückdrängend, welche ihn bedrohten, ›ich bin d’Argence, welcher tief in Eurer Schuld steht. Mögen Eure Hoheit sich mir ergeben. Ihr könnt doch nicht weiterkämpfen, wenn Euch der gebrochene Schenkelknochen aus dem Stiefel ragt.‹ Und da er nicht antwortete, sprach ich von neuem: ›Ich flehe Euch an, Monseigneur, ergebt Euch. Was mich betrifft, so bürge ich für Euer Leben.‹
    ›Was wird deine Bürgschaft schon ausrichten können, d’Ar gence !‹ rief der Prinz mit bitterer Stimme, indem er endlich Dolch und Degen fallenließ.
    Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als ich die Gardesoldaten des Herzogs von Anjou, welche man schon von weitem an ihren roten Umhängen erkannte, auf uns zu galoppieren sah.
    ›Sehet‹, sprach Condé mit unbewegtem Gesicht (obwohl ihm sein Schenkel gar große Schmerzen verursachte), ›sehet, da kommen die roten Raben, welche mir den Garaus machen werden!‹
    ›Monseigneur‹, sprach ich, ›Ihr befindet Euch in der Tat in großer Gefahr! Verberget Euer Angesicht, auf daß man Euch nicht erkennen möge!‹
    Allein er wollte meinem Rate nicht folgen, da ihm eine solche Vermummung seinem Stande nicht angemessen erschien.
    ›Oh! d’Argence!‹ sprach er, ›du wirst mich nicht retten!‹
    Und in der Tat, kaum hatte Montesquiou, der Gardehauptmann des Herzogs von Anjou, den Namen des Gefangenen gehört, schrie er auch schon:
    ›Tötet ihn, Teufel noch mal! Tötet ihn!‹
    Ich eilte zu ihm, als er vom Pferd stieg, und hielt ihm vor, der Prinz sei mein Gefangener und ich hätte mich für sein Leben verbürgt; doch Montesquiou, welcher mit langen Schritten herankam und dabei seine Pistole spannte, antwortete mir mit keiner Silbe, und indem er hinter den Prinzen trat, schoß er ihm eine Kugel durch den Kopf, welche vorn wieder herausfuhr und dabei das Auge aus seiner Höhlung riß.
    ›Ha! Montesquiou!‹ schrie ich, ›ein unbewaffneter Mann und dazu ein Prinz von Geblüt! Das ist ein gemeines Bubenstück!‹
    ›Das ist es in der Tat‹, sprach Montesquiou, den auf der Erdeliegenden Prinzen betrachtend, und ihm flossen plötzlich Tränen über das sonnengebräunte Gesicht, er fügte hinzu: ›Ihr wisset wohl, daß nicht ich dies befohlen habe.‹
    Ich wußte in der Tat«, so schrieb d’Argence, »daß dieser Befehl, alle gefangenen Hugenottenführer auf der Stelle niederzumachen, vor allem aber Condé und Coligny, sowie sie in unsere Hände fielen, vom Herzog von Anjou kam, welcher auch anordnete, daß ihm die Leiche Condés nicht auf einem Pferd gebracht werden solle, sondern – die Schande und Erniedrigung noch zu steigern – auf einer Eselin; der Kopf hing auf der einen Seite des Tieres herab, die Beine auf der anderen, daß es ein Jammer war! Eine schändliche und unwürdige Tat, die dem Herzog, obgleich er der Bruder des Königs war, die heimlich geäußerte Mißbilligung von manch einem königlichen Hauptmann einbrachte, so sehr wurde der Prinz wegen seiner Tapferkeit geschätzt.«
    Mein Vater hatte diesen Brief über meine Schulter hinweg noch einmal mitgelesen, während ich am Tische seiner Bücherkammer saß, und ich sprach zu ihm:
    »War solches nicht gemeiner, schändlicher Mord?«
    »Gewiß, und ein Fehler obendrein! Denn es wäre für den König leichter gewesen, sich

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