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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Königreich einen Denkzettel zu verpassen und Philipp II., diesem übertünchten Grab 1 , zu zeigen, daß nicht alle Hugenotten bei Moncontour gefallen waren!
    Nachdem wir dort einige gute Beute gemacht, wandten wir uns wieder gen Norden, nach Montpellier (woselbst, wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, sich Eure beiden wackeren Scholaren befanden). Auch diese einfältige Stadt griffen wir nicht an, sondern plünderten lediglich die umliegenden Dörfer! Hingegen blieben wir einige Zeit in Nismes, welche Stadt unser ist seit der Nacht der Michelade. Von dort zogen wir, dem Tal des Rhône-Flusses folgend, nach Saint-Etienne und darauf nach La Charité, welches auch in unserer Hand ist, wie Ihr wisset, und wo wir Soldaten, Waffen, Kanonen und Geld bekommen konnten.
    Und nun höret wohl! Fast jedesmal, da wir auf unserem langen Rundmarsch königliche Garnisonen angriffen, wurden wir geschlagen, doch jedesmal wichen wir aus und tauchten andernortsplündernd und brandschatzend wieder auf, gleich dem Wolfe, welcher sich nicht in die Enge treiben läßt, sondern um sich beißt und die Flucht nimmt. Und so vermochte Coligny, ohne in einer einzigen Schlacht zu siegen, doch den Krieg gegen seine abgemüdeten Gegner zu gewinnen!‹
    Mein Herr Vater«, sprach ich in höchstem Erstaunen, »ist es denn wahr, daß Coligny den Krieg allein durch vielen Rückzug gewonnen?«
    »Rouffignac«, sprach mein Vater lachend, »neigt zum Prahlen, Aufschneiden und Fabulieren. Doch ist, was er sagt, zur Hälfte wahr. Leset d’Argence, und Ihr werdet die andere Hälfte finden.«
    Und er reichte mir ein Blatt, randvoll bedeckt mit d’Ar gence ’ Schrift, so eng und winzig, wie die von Rouffignac großzügig und nachlässig war, und keine Unterschrift tragend (denn die Vorsicht war ihm angeboren).
    »›Lieber Freund! Was ist doch ein Königshof für eine seltsame Welt, und wie sehr muß man dort einem jeden mißtrauen, sei er gleich Bruder, Mutter, Schwester oder Freund. Nach Moncontour ließen die Lorbeeren des Herzogs von Anjou den König nicht schlafen, so sehr giftete er sich darob. Er will unbedingt den Befehl über die Armee übernehmen, doch anstatt Coligny nachzusetzen, welcher sich auf dem Rückzug befindet, läßt er sich auf die endlose Belagerung von Saint-Jean d’Angély ein. Auch den Guise, der in der Armee gar wenig Ruhm zu erringen vermochte, grämt und peinigt das erhöhte Ansehen des Herzogs von Anjou. So schreibt er an Philipp II., der Bruder des Königs habe sich heimlich mit Coligny verständigt. In seinem fernen Escorial glaubt Philipp II. dieser Anschuldigung und schickt uns kein Gold mehr aus seinen amerikanischen Besitzungen. Im ganzen Jahre 1570 nicht einen Sol für ein schnelles Ende des Krieges! Und der Guise treibt es noch schlimmer. Er macht Margot, der Schwester des Königs, schöne Augen und setzt so diese leicht entflammbare Lunte in Glut. Lüstern und verbuhlt, wie sie nun einmal ist (hatten es doch ihre Brüder schon in frühesten Mädchenjahren mit ihr getrieben), öffnet sie dem Lothringer im Handumdrehen den Hosenschlitz und zieht ihn in ihren Alkoven. Der König bekommt Wind von diesem unzüchtigen Treiben und läßt Margot im Morgengrauen zu sich rufen. Sobald sie sein Gemach betritt, fallen die Medici und derKönig gleich teufelswilden Fischweibern über sie her, setzen ihr mit Prügel und Hieben gar gewaltig zu und vergerben ihr das Fell, so daß sie etliche Beulen und blaue Flecke davonträgt und auch ihr Hemd in Fetzen geht. Der Guise erhält am folgenden Tag davon Kunde, und aus Furcht, von einem Mordbuben des Königs umgebracht zu werden, bringt er sich in Sicherheit und nimmt sich ein Weib. Doch nun steht er in Ungnade auf Grund des Verdachts, durch Buhlschaft nach dem Throne gestrebt zu haben, und die eifrigen Papisten, welche ihn angestachelt, sind ihres Ansehens ganz und gar verlustig.
    Die Medici hat wiederum andere Gründe für ihren Grimm gegen die Häupter des katholischen Lagers. Philipp II., dessen Frau Elisabeth, eine Tochter der Medici, gestorben ist, will von Margot, welche ihm die Königinmutter ungesäumt aufzudrängen sucht, nichts wissen, wohl da er fürchtet, die Glut dieser Demoiselle möchte sich schlecht mit seiner Eiseskälte vertragen. Und schnappt unserer wütenden Florentinerin die ältere der österreichischen Erzherzoginnen weg, welche Katharina für ihren Sohn Karl IX. im Auge hatte, so daß letzterer sich mit der jüngeren begnügen muß! Schlimmer noch: der

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