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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ist auch Papist, zudem besorgt um seine Gunst beim König und nicht wenig bedacht auf seine Beförderung. Nachdem der Wind sich gedreht, flieht er nun vor dem Sturm, seine Hände in Unschuld zu waschen über dem Blute des Admirals.«
    »Und dem unseren«, murmelte ich.
    »Ha!« erwiderte Jean de Ferrières, »so Gott will, werde ich vorher abgereist sein. Es ist eine Narrheit, hierzubleiben und sich auf den König zu verlassen. Karl hat in seinem Louvre noch nie etwas ins Werk gesetzt, ohne daß seine Mutter davon wußte. Und er setzt nichts aufs Feuer, ohne daß seine Mutter sogleich die Hände mit im Spiele hat und den Braten auf ihre Weise bereitet.«
    Bei diesen Worten trat Ambroise Paré ein, und da der Admiral die Augen geöffnet hatte, fragte man ihn, ob er sich erheben und auf einen Stuhl setzen könne zum Verbinden seiner Wunden. Welche Frage der Admiral mit fester Stimme bejahte, und ohne jede Hilfe erhob er sich sogleich und ließ sich auf einen Schemel nieder, das Gesicht bleich von all dem verlorenen Blute, die Miene indes standhaft und zuversichtlich. Seine Wunden zeigten sich sauber und glatt, frei von Eiter und üblem Geruch, und so war auch nichts zu entfernen außer zwei oder drei Knochensplitterchen in der Wunde am Ellenbogen, welche Paré höchst geschickt mit seinem Zänglein herauszog. Alsdann ward alles mit Weingeist gewaschen und ein neuer Verband angelegt, wobei Paré kundtat, er sei recht zufrieden mit dem Zustand des Patienten, dessen starke Natur trotz der Verletzungen als auch der Schmerzen und des Blutverlustes obsiege.
    Nachdem der Admiral sich wieder im Bett befand und auch der Vorhang desselben vorgezogen war, bedeutete mir der Wundarzt des Königs, ich möge essen gehen, er werde bis zu meiner Rückkehr am Bett des Kranken wachen.
    »Moussu«, sprach Miroul, sobald wir die Rue de Béthisy verlassen, »ich habe mit angehört, was Monsieur de Ferrière Euch über die Abreise von Monsieur de Montmorency berichtet hat. All das riecht mir nach einem geplanten Gemetzel an den Unseren. Der einzige, der hier die rechte Nase hat, ist Herr von Ferrières. Er hat den Braten gerochen und wird sich rechtzeitig aus dem Staube machen! Bei den Hörnern des Teufels, Moussu, ich beschwöre Euch im Namen Eures Herrn Vaters, lasset es uns ihm nachtun, und verschwinden wir von hier!«
    »Ich werde darüber nachdenken, Miroul«, erwiderte ich, schwankend geworden, doch widerstrebte es mir aus den vorgemeldten Gründen, den Admiral zu verlassen.
    Wir begaben uns in die Rue de la Truanderie, wo wir, wie man sich erinnern wird, zur Mittagsstunde Giacomi in der Wirtschaft Guillaume Gautiers treffen wollten. Er war bereits angelangt und stand wartend davor, denn die Tür war verschlossen und alle Fensterläden vorgelegt. Wir läuteten also im Oberstock, worauf sich indes nicht die Tür öffnete, sondern nur eines der oberen Fenster; eine ungekämmte Hausmagd steckte den Kopf heraus und rief uns zu, daß es bei Meister Gautierheute keinen Mittagstisch gebe, weil er anderen Hasen als denen in seiner Küche das Fell über die Ohren zu ziehen habe, und welche das seien, könnten wir uns wohl denken. Uns blieb nichts anderes, als mit ihr über den üblen Witz zu lachen, denn wenn es ums Leben geht, muß man mit den Wölfen heulen.
    Da uns der Magen vor Hunger knurrte, machten wir uns bedrückten Mutes auf, einen Pastetenverkäufer zu suchen, der seine Waren auf der Straße feilbot. Endlich fanden wir einen in der Grand’ Rue Saint-Denis, welcher jedoch sechs Sols für eine Schweinefleischpastete forderte, das Doppelte des Preises, den ich an meinem ersten Tag in Paris gezahlt. Ich begann zu handeln, doch der Kerl wollte nicht nachlassen in seinem Preis, weil er wußte, daß alle Wirtschaften und Schenken geschlossen; so willigte ich bald ein, aus Furcht, seinen Argwohn zu wecken, waren doch die Hugenotten für ihr Feilschen bekannt. Auch gab ich mir alle Mühe, im Pariser Tonfall zu sprechen, da die okzitanische Sprechweise ebenfalls verdächtig war.
    Wir aßen ein jeder drei Pasteten, welche so köstlich waren, daß man ihren saftigen Wohlgeschmack noch auf dem Gaumen spürte, nachdem sie schon verspeist waren. Ich befand es höchst seltsam, daß man noch soviel Genuß an einer Speise finden kann, wenn der Tod schon sein drohendes Angesicht erhebt. Ich erwog, einige solcher Pasteten als Mundvorrat zu kaufen, tat es in meinem törichten hugenottischen Geiz aber nicht, was ich in den kommenden achtundvierzig

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