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Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition)

Titel: Die gute Stadt Paris: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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schon, ihnen zu Hilfe zu eilen, als ich einen Fliehenden erblickte, hinter dem ein halbes Dutzend mit Spießen bewaffnete Bürger her waren und der unversehens stehenblieb, sich umwandte, den Degen zog und seinen Mantel um den linken Arm schlang; er wollte würdig sterben, denn seine gemeinen Verfolger waren ihm, der nur im Wams war, mit ihren Harnischen und Sturmhauben weit überlegen. Als einer dieser geharnischten Hundsfötter eine Laterne hob, damit sein Opfer besser zu sehen sei, erkannte ich mit einem Aufschrei Herrn von Guerchy, welcher auf meinen Schrei hin den Kopf wandte, den gelb-roten Rock Fröhlichs erblickte und rief:
    »Hierher, Navarra!«
    Man kann sich wohl denken, wie wir uns mit gezückten Degen auf die Lumpenkerle stürzten und wacker auf sie einschlugen, so daß sie schnell die Flucht nahmen und »Zu Hilf, zu Hilf!« schrien, indes einer seine blutige Partisane fallenließ, welche Fröhlich sogleich ergriff mit den Worten: »Die kommt mir wie gerufen!«, denn seit dem Kampf im Hause des Admirals war er nur noch mit seinem Kurzschwert bewaffnet und fühlte sich ganz bloß und nackt.
    Der arme Guerchy vermochte sich kaum aufrecht zu halten, Miroul und ich stützten ihn. Das Blut rann ihm aus allen Körperteilen und insbesondere aus einer gräßlichen Wunde in der Brust. Als ich ihn untersuchen und verbinden wollte, sagte er mit schwacher Stimme:
    »Siorac, das wäre vergebliche Müh. Ich bin zu schwer verwundet, mein Ende ist nicht aufzuhalten. Doch wenn du dich retten kannst, vermelde, daß ich auf eine Art geendet, die meines Lebens würdig war.«
    »Das werde ich gewißlich tun«, erwiderte ich.
    »Und hüte dich vor diesen Schurken. Sie tragen eine weiße Binde am Arm und ein Kreuz am Hut, um sich gegenseitig zu erkennen.«
    Worauf sich Galle in sein Herz ergoß, und indes er in einem letzten Versuch, den aus ihm weichenden Lebensodem zurückzuhalten, den Mund weit öffnete, gab er seinen Geist auf. So war der schöne Guerchy in Ehren gestorben, das Gesicht gefaßt und den Degen in der Hand.
    »Oh, Moussu, verweilen wir nicht länger!« sprach da Miroul, indes wir uns unter einen Hauserker drängten, höchst betroffen, daß auch im Schatten die Nacht so hell und klar war. »Die Hasenfüße könnten wiederkommen. Machen wir uns davon!«
    »Vorher muß Fröhlich seinen gelb-roten Rock ablegen, welcher uns überall als flüchtende Hugenotten verrät.«
    »Edeler Herr«, sprach da Fröhlich ganz kläglich, »ein Schweizer von Navarra soll seinen Waffenrock ablegen! Welche Schande! Welche Schande!«
    »Es muß sein, Fröhlich!« sagte ich barsch. »Denn es geht um unser aller Sicherheit.«
    »Ach!« jammerte Fröhlich, »den Rock Navarras ablegen heißt meinen Eid brechen!«
    »Dann brich ihn in drei Teufels Namen, oder du mußt uns verlassen!«
    »Was!« rief Fröhlich, indes ihm die Tränen über sein breites rotes Gesicht rannen, »Euch verlassen? Wohin soll ich gehen ohne Euch, mein edeler Herr? Was beginnen? Und wer wird mich befehligen?«
    »Ich, und das sofort, Fröhlich. Mein Befehl lautet: du ziehst augenblicklich deinen Rock aus und läßt ihn hier!«
    Was er schließlich tat, wobei ihm die Tränen über das Gesicht liefen und seine riesige Brust von tiefen Seufzern geschüttelt ward und er sich auch nicht enthalten konnte, den Rock säuberlich zu falten und sorgfältig auf ein Fensterbrett niederzulegen, als wolle er ihn nach dem Gemetzel wieder abholen. Dann gürtete er sein Kurzschwert und ergriff seine Partisane, was ihm ein kleiner Trost zu sein schien. Ich selbst fühlte mich nach meinem Kampf mit diesen Hundsföttern ganz erhitzt und knöpfte Wams und Hemd auf, was mir – wie man gleich sehen wird – gut zupasse kommen sollte.
    »Auf, Gefährten!« sprach ich, »zum Seine-Fluß! Vielleicht kommen wir trotz der Ketten hinüber.«
    Doch kaum waren wir einige Schritte gegangen, kam uns einganzer Haufen blutgieriger Kerle entgegengestürmt. »Auf die Ketzer!« schrien sie und trachteten uns zu umzingeln, welchen Versuch wir vereitelten, indem wir mit dem Rücken zur Wand Aufstellung nahmen und unsere blutigen Klingen erhoben, deren Anblick ihren Eifer beträchtlich abkühlte.
    »Was ficht Euch an?« rief ich ihnen mit lauter Stimme entgegen, bemüht, die rasche Sprechweise der Pariser nachzuahmen, denn ich sah wohl, daß in dieser gefahrvollen Lage eine geschickte Zunge viel ausrichten konnte. »Seht ihr uns etwa als Ketzerhunde an?«
    »Gewißlich!« erwiderte ein großer, dicker

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