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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Grue
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Flemming trat einen Schritt beiseite und schickte Marianne Sommerdahl eine SMS : »Habe dringenden Bedarf an etwas Angsthemmendem für eine Zeugin. Kannst Du mir helfen?«
    Die Antwort kam dreißig Sekunden später: »Lege ein paar Oxazepam an den Empfang. Ihr könnt sie in zwei Minuten abholen. Eine Tablette reicht.«
    Er tippte eine schnelle Bestätigung: »Tausend Dank. Wir reden. Bald!«
    Flemming schickte einen uniformierten Beamten ins Nachbargebäude, und als der Beamte zurückkam, gab Flemming der verängstigten jungen Frau eine der sechs kleinen weißen Tabletten aus dem Umschlag von Marianne. »Leg dich erst einmal eine halbe Stunde hin und beruhig dich, Jo«, sagte er und klopfte mit einer einladenden Handbewegung auf das Sofa in seinem Büro, auf das er als Kriminalkommissar ein Anrecht hatte. »Der Polizeibeamte Iversen hier wird vor der Tür Wache halten, bis wir dich wieder holen.«
    Jo legte sich gehorsam hin und schloss die Augen, doch als Flemming sich noch einmal umdrehte, um ihr einen letzten Blick zuzuwerfen, standen die schweren Augenlider offen, und die großen dunklen Augen starrten wie versteinert in die Luft.
    »War sie so die ganze Zeit?«, fragte er Pia, als sie zum Sitzungszimmer gingen. »Sie ist ja überhaupt nicht ansprechbar.«
    »So heftig war es nur in den letzten Stunden. Sie muss in irgendeiner Form psychiatrisch behandelt werden, sobald es möglich ist, das ist klar.«
    Sie saßen um den Sitzungstisch, und Flemming war dabei, ein Notebook an einen Projektor anzuschließen, als plötzlich die Tür aufsprang und Frank Janssen hereinstürmte. »Oh, Entschuldigung«, sagte er und blieb abrupt stehen. »Ich wusste nichts von einer Besprechung.«
    Flemming sah ihn an: »Was ist los, Janssen?«
    »Benjamin und seine Mutter sind seit zwei Tagen verschwunden.«
    Flemming richtete sich auf. »Wie verschwunden?«
    »Es war niemand zu Hause, als ich anrief, und Benjamin geht auch nicht an sein Handy. Ich habe mit ein paar Nachbarn geredet, und die haben übereinstimmend erklärt, dass sie die beiden seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen haben. Ein älterer Mann, der im Parterre wohnt, hat gesehen, wie sie am Mittwoch von einem Mann abgeholt wurden.«
    »Konnte er den Mann beschreiben?«
    »Groß, schlank, schwarze Skimütze. Sah dänisch aus.«
    »Fantastische Beschreibung. Den haben wir innerhalb einer Stunde … Klingt ja wenigstens nicht nach John Frandsen. Hat der Zeuge ein Auto erkannt?«
    Frank schüttelte den Kopf. »Nein. Es standen zu viele andere Fahrzeuge im Weg. Aber er hörte, wie der Wagen angelassen wurde, und er ist sicher, dass es sich um einen kräftigen Motor handelte.«
    Flemming wiegte den Kopf. »Tja, hoffen wir, dass sie irgendwo in Sicherheit sind. Versuch es weiter auf Benjamins Handy, und zwar so lange, bis er antwortet. Eigentlich hat er ja versprochen, dass wir mit ihm Kontakt aufnehmen können.«
    In den nächsten zehn Minuten sah sich die Ermittlungsgruppe still die kurzen Filmsequenzen der DVD an. Als sie festgestellt hatten, dass sie kein Wort von dem verstanden, was die Frauen sagten, stellte Flemming den Ton ab und ließ die sechzehn Bilder wie einen Bühnenhintergrund stehen, während er den Begleitbrief vorlas. Darin erklärte Dan Sommerdahl, dass er durch Zufall in den Besitz der »Sklavin«-Filme gekommen sei. René Holgersen hätte die Filme gedreht und auch die Produktion veranlasst. Der Kunde sei offiziell eine Firma mit dem Namen Chick Support Global. Außerdem zitierte Dan die kurze Mail von Elisabeth Lund an Sebastian Kurts Frau, ohne sie weiter zu kommentieren.
    »Gleich holen wir Jo, damit sie uns die Filme von Sally ins Englische übersetzt. Und dann brauchen wir im Laufe des Tages jemanden, der Estnisch versteht. Auch wenn ich nicht alle Details kenne, habe ich keinerlei Zweifel, worüber die Frauen reden. Dan schreibt, die sechzehn Sequenzen seien für eine sogenannte Einstellungsänderungskampagne im Internet gedacht. Das Ziel ist also nicht, dass wir irgendeine Organisation mit Geld unterstützen, die Kampagne soll dem Zuschauer stattdessen begreiflich machen, dass sich hinter all den alarmierenden Statistiken über Frauenhandel Hunderttausende von menschlichen Schicksalen verbergen. Jedes dieser jungen Mädchen, die Tag für Tag nach Europa gelockt oder mit Gewalt hierhergebracht werden, um als Prostituierte zu arbeiten, ist ein Mensch mit einer einzigartigen Geschichte.«
    »Der lyrische Detektiv«, flüsterte Pedersen seinem Nebenmann

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