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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Grue
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Er schüttelte den Kopf, während sie sich ihm gegenüber auf die Sofakante setzte, ohne etwas zu sagen. Eine Weile schaute sie auf ihre Hände, dann hob sie den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. »Nun fragen Sie schon«, forderte sie ihn ruhig auf.
    »Was ist Ihre Rolle bei Chick Support Global?«
    Sie riss die Augen auf. »Sie sind gut informiert, was? Nicht viele Menschen kennen diesen Namen.«
    »Aber Sie tun es.«
    Sie konzentrierte sich darauf, Tee einzuschenken.
    »Wollen Sie nicht antworten?«
    »Gehen Sie mit dem, was ich Ihnen erzähle, zur Polizei?«
    »Nicht, wenn es nichts mit Lillianas Tod zu tun hat.«
    Sie zuckte zusammen, als hätte man sie mit dem Namen der toten Frau gestochen. Sie antwortete nicht. Stattdessen griff sie zu ihrem Mobiltelefon und wählte eine Kurzwahlnummer. Offensichtlich reagierte niemand. Sie legte das Handy auf den Tisch.
    »Regitze?«
    Wieder blickte sie zu ihm auf.
    »Wollen Sie mir helfen?«
    Sie betrachtete ihn einige Sekunden, ohne zu antworten. Dann atmete sie tief ein und traf einen Entschluss. »Ja, ich werde Ihnen helfen. Allerdings nur in aller Vertraulichkeit, Dan.«
    »Das bekommen wir hin.«
    »Vor einem Jahr wurde ich von einer Frau angesprochen, die in den letzten Jahren nach und nach ein Netzwerk aufgebaut hat. Es soll vor allem Mädchen helfen, die Opfer von Menschenhändlern geworden sind, aber in bestimmten Fällen auch anderen Menschen, die sich aus irgendeinem Grund vor den Behörden verbergen müssen.« Sie machte eine Pause. Dan nickte ihr aufmunternd zu, als er meinte, die Pause hätte lang genug gedauert. Sie räusperte sich. »Im ersten Moment hielt ich nicht viel davon, obwohl ich den Grundgedanken eigentlich ganz sympathisch fand. Ich habe eine Praxis und eine Familie, mit der ich sehr glücklich bin, also hatte ich –
habe
ich ein bisschen viel zu verlieren. Die Frau versuchte mich auf jede nur denkbare Weise zu überreden. Sie wusste, dass ich früher Asylsuchenden geholfen hatte und dass ich mehrere Male als Sprecherin für Organisationen aufgetreten bin, die Folteropfern helfen. Mit anderen Worten, sie wusste, dass ich humanitären Argumenten gegenüber empfänglich bin.« Regitze trank einen Schluck Tee. »Was sie brauchten, war eine Ärztin, die diesen Frauen helfen würde, ohne eine Krankenversicherungskarte sehen zu wollen.
    Bezahlt werden sollte ich schwarz. Mir war bewusst, dass so etwas illegal ist. Also weigerte ich mich.« Sie stand auf, nahm ihr Handy und ging in die Küche. Er konnte an ihrem Tonfall hören, dass sie eine kurze Nachricht auf einen Anrufbeantworter sprach. »Ich musste nur noch jemanden erreichen.«
    Dan tat so, als hätte er die Unterbrechung nicht bemerkt. »Was hat Sie umgestimmt? Das Geld?«
    Einen Moment sah sie aus, als würde sie Dan am liebsten ihr Handy an den Kopf werfen. »Geld?«, fauchte sie. »Selbstverständlich nicht! Ich könnte weit mehr verdienen, wenn ich einmal in der Woche als Notarzt unterwegs wäre.« Sie seufzte und setzte sich wieder aufs Sofa. »Eine der Frauen brauchte plötzlich dringend ärztliche Hilfe. Es ging um Leben oder Tod, und da habe ich natürlich geholfen. Welcher Arzt hätte das nicht getan? Und das kam häufiger vor. Als ich dann erst einmal damit angefangen hatte, begriff ich, wie sehr diese armen, missbrauchten Frauen mir vertrauten und wie froh sie über meine Hilfe waren. So blieb ich hängen, obwohl ich genau weiß, dass ein sehr großes Risiko damit verbunden ist. Irgendwann wird es jemanden geben, der sich wundert, und dann … Exakt das ist doch jetzt passiert, oder? Sonst würden Sie nicht hier sitzen.«
    »Die akute Situation, von der Sie reden, ging es da um eine Geburt?«
    Wieder dieser schockierte Gesichtsausdruck, diese Angst. Was zum Teufel war mit ihr los? »Wovon reden Sie?«, fragte sie zurück.
    »Lillianas Arbeitskollege, Benjamin, hat mir erzählt, dass Lilliana vor etwas über einem Jahr ein Kind zur Welt gebracht hat, aber es handelte sich um eine Totgeburt.«
    »Das hat Lilliana ihm erzählt?«
    »Ich glaube schon, ja.«
    »Eigentlich hat sie versprochen, es niemandem zu erzählen.« Sie klang jetzt nicht ängstlich, sondern wütend, ihr Gesicht verhärtete sich.
    »Regitze, beruhigen Sie sich. Ich weiß nicht, wie es dazu kam. Ich habe auch keine Ahnung, ob sie ihm direkt gesagt hat, dass es eine Totgeburt war. Sie konnte ja kaum Dänisch. Vielleicht hat er sich das auch nur zusammengereimt. Er hat schließlich mit ihr zusammengearbeitet, als ihr

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