Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)
ich gute und verlässliche Mitarbeiter in die Firma schicke, in der meine Schwester arbeitet.«
Auch diese Bemerkung kommentierte Flemming nicht. Und er musste sie auch nicht unbedingt darauf aufmerksam machen, dass ihre Aussage Elisabeth Lund und ihren Arbeitgeber in höchstem Maße belastete. Es hätte ihrer Offenherzigkeit sofort ein Ende bereitet.
»Wissen Sie etwas über Lillianas Leben in der Zeit, als sie bei Kurt & Ko gearbeitet hat?«
»Wenig. Ich hörte nur Gutes über sie, sowohl von Sally wie auch von Benjamin. Aber Lilliana schottete sich ab.«
»Hatte sie einen Freund?«
Merethe lachte. »Wissen Sie, was?«, sagte sie. »Lilliana war sicher das asexuellste Wesen, das ich je kennengelernt habe. Es kann gut sein, dass sie mal hübsch gewesen ist, aber sie versteckte sich in den unförmigsten Klamotten, in langweiligen, toten Farben. Manchmal hatte ich sie im Verdacht, dass sie es bewusst tat, vielleicht um ganz zu verschwinden.« Sie dachte nach. »Nein«, sagte sie dann, »ich bin mir ziemlich sicher, dass es keinen Mann in ihrem Leben gab.«
Dan war fast zu Hause, als sein Handy klingelte. Marianne war am Apparat, so kurz angebunden, wie er sie noch nie erlebt hatte. Fragen oder Diskussionen ließ sie gar nicht erst zu, sie gab ihm einfach einen Befehl und erwartete, dass er gehorchte: »Fahr sofort zum Violparken 54 , 3 . Stock, links. Dort steht Winther an der Tür. Bring Alice und Benjamin im Auto mit. Pass auf dem Heimweg auf, dass ihr nicht beschattet werdet. Gib Benjamin das Zimmer von Rasmus und Alice das von Laura. Und ich meine nicht gleich, sondern
sofort
.«
»Öh, und wieso?«, fragte er dämlich.
»Du erfährst es später. Jetzt ist keine Zeit«, würgte sie ihn ab. »Und, Dan? Check den Hausflur, bevor du an der Tür klingelst. Und die Treppe. Und den Fahrstuhl.«
»Also wirklich, Marianne. Ich bin doch kein Elitesoldat. Klingt das nicht eher nach einem Job für die Polizei?«
»Wenn du Flemming oder einem der anderen Bullen etwas davon erzählst, werde ich dir das nie verzeihen«, fauchte sie. »Los, beeil dich!« Sie unterbrach die Verbindung. Dan seufzte. Er hatte sich darauf gefreut, ein paar Stunden vor dem Computer zu verbringen, jetzt sollte er ganz real Geheimagent spielen – unbewaffnet und ohne die geringste Ahnung, worum es eigentlich ging.
Kurz darauf hielt er auf dem Parkplatz vor dem richtigen Hauseingang am Violparken, einem Gebäude aus den Siebzigern, das trotz seines lyrischen Namens »Veilchenpark« einem Vorhof zur Hölle glich. Trostloser Beton, zwei Meter hoch von den hässlichsten Graffiti bedeckt: verzweifelte, schlechte Sprühereien mit dem einzigen Ziel, anderen Teenagern zu zeigen, dass die Duftmarken für das Territorium bereits gesetzt waren. Kein Platz für lustige, bunte Malereien oder Verspieltes, kein Platz für irgendwelche Romantik. Wer hier wohnte, war total am Arsch oder fern jedes ästhetischen Empfindens. Und in der Regel handelte es sich um eine Kombination aus beidem.
Dan blieb ein paar Minuten im Auto sitzen und ließ den Blick wandern. Ihm gegenüber parkte der leicht wiederzuerkennende Lieferwagen der Schrubberkompanie, abgesehen davon gab es nur leere Personenfahrzeuge und eine Reihe vom Wind zerzauster, dorniger Bäume, vielleicht Weißdorn. Die letzten Blätter waren wahrscheinlich längst pulverisiert. Er wusste nicht so genau, worauf er eigentlich achten sollte, er vermutete, dass es sich um einen Mann handelte. Wäre es die Blechbläserabteilung der örtlichen Mädchengarde gewesen, hätte Marianne es vermutlich erwähnt.
Als er die Wagentür öffnete und den linken Fuß auf den Asphalt setzte, klingelte sein Handy erneut. Eine unterdrückte Nummer. Höchstwahrscheinlich jemand, der von einer Vermittlung weitergeschaltet wurde. Mit anderen Worten, es konnte jeder sein. Dan nahm an. »Dan Sommerdahl.«
»Hej, Dan. Hier ist Heidi Paaske vom
Ekstrabladet
.« Sie klang jung, ein wenig außer Atem.
»Hej.« Dan zog die Wagentür wieder zu. Eigentlich hatte er nichts dagegen, sich ein paar Minuten aufhalten zu lassen.
»Ich bin gerade dabei, einen Artikel für die nächste Ausgabe zu schreiben«, erklärte die Journalistin. »Wahrscheinlich bekomme ich die ganze Titelseite und noch vier, fünf Seiten im Innenteil.« Sie hörte sich stolz an.
»Ah ja?«
»Also über den Mord in der Werbeagentur.«
»Ja?«
»Ich habe mir gedacht, die Geschichte mit dir aufzumachen.«
»Mit mir? Um Himmels willen, wieso das denn?«
»Na
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