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Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)

Titel: Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Grue
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Polizisten die knappen Bleistiftnotizen sehen konnten. »Angestellt Ende Mai letzten Jahres, im ersten Jahr bekam sie siebentausendfünfhundert im Monat, danach achttausend. Sie war fleißig. Und sehr zuverlässig.«
    »Wieso steht hier nur viertausend?«
    »Darf ich mal sehen? Im September letzten Jahres? Sie war vierzehn Tage krank, das können Sie an dem kleinen ›k‹ hier erkennen.«
    »Und da bekam sie keinen Lohn?«
    »So sind die Bedingungen.« Merethe zuckte mit den Achseln. »Ich glaube, die meisten der Mädchen legen etwas beiseite, falls sie mal krank werden.«
    »Was hatte sie?«
    Wieder zuckte Merethe mit den Achseln. »Keine Ahnung.«
    »Was ist mit Urlaub?«
    Sie beugte ihren dunkel gelockten Kopf über das Buch. War sie kurzsichtig? »Lilliana hatte keinen Urlaub, während sie bei mir arbeitete«, sagte sie dann. Sie blickte auf und lächelte. »Ich würde es sofort sehen«, fügte sie hinzu. »Ich male nämlich eine kleine Sonne auf die Seite, wenn ein Mitarbeiter in die Ferien geht.«
    Er erwiderte ihr Lächeln nicht. »Zwei Jahre ohne einen Urlaubstag«, sagte er. »Wie hört sich das für Sie an?«
    »Ist ein freies Land hier.« Sie lehnte sich auf dem Sofa zurück und breitete die Arme aus. »Hätte sie Urlaub haben wollen, hätte sie nur etwas sagen müssen.«
    »Ohne Lohn?«
    »Natürlich. Sie war schließlich nicht umsonst nur eine Aushilfe.«
    Wieder konnte Flemming nicht ruhig sitzen bleiben. Er stand unvermittelt auf und ging an den inzwischen gewohnten Platz am Fenster. »Erzählen Sie mir von Lilliana«, forderte er sie auf.
    »Sally hatte ihr meine Nummer gegeben, und sie rief mich an.« Merethe räusperte sich und trank einen Schluck kalten Kaffee. »Sie konnte nur wenige Worte Dänisch, aber sie verstand offenbar ausgezeichnet, was ich sagte, denn als ich ihr meine Adresse und einen Termin gegeben hatte, erschien sie wie vereinbart.«
    »Hier?«
    »Hier in der Wohnung?« Sie lachte. »Hierher kommen keine Mitarbeiter. Nein, im Büro am Langelandsvej.« Sie trank den Rest des kalten Kaffees und schenkte sich eine neue Tasse aus der Thermoskanne ein. »Lilliana kam allein, und ich bekam so gut wie keine Informationen, das ist ziemlich normal. Sie war auf der Flucht, das war schnell klar, und mehr weiß ich nicht. Ich glaube, sie kam aus einer der alten baltischen Sowjetrepubliken, vielleicht Estland, hatte sich aber schon länger in Dänemark aufgehalten, als ich sie kennenlernte. Sie war sehr scheu.«
    »Was hat sie Ihrer Meinung nach gemacht, bevor sie zu Ihnen kam?«
    »Wie gesagt, ich weiß es nicht. Ich vermute, sie hat sich prostituiert.«
    »Wieso?«
    »Ihr Dänisch war so schlecht, dass ich sie mir nur schwer als Au-pair-Mädchen vorstellen konnte, und gekaufte Frauen kommen in der Regel aus Thailand oder von den Philippinen.« Sie zählte ihre Finger ab. »Auch vom Alter her war sie an der Obergrenze, um noch zwangsverheiratet zu werden, aber sie hatte eindeutig vor irgendjemandem oder irgendetwas Angst. Ich vermute, dass sie in ihrem Heimatland als Sklavin verkauft worden ist. Irgendjemand aus Dänemark hat sie gekauft und sie in einem Bordell arbeiten lassen, bis sie flüchten konnte.«
    »In diesem Fall hätte sie doch zur Polizei gehen können.«
    Merethe ließ ein freudloses Lachen hören. »Schauen Sie sich mal ein paar Fälle der Ausländerbehörde an, Herr Polizeibeamter. Wenn sie zur Polizei gegangen wäre, hätte man sie direkt ihrem ehemaligen Besitzer in Tallinn ausgeliefert, oder wo immer sie herkam, wenn ihr Zuhälter sie nicht schon vorher erwischt hätte. Das war bestimmt keine Option für sie.« Sie sah seine skeptische Miene. »Glauben Sie mir.«
    Flemming räusperte sich. »War es Zufall, dass sie in der Firma arbeitete, in der Ihre Schwester beschäftigt ist?«
    Merethe zog die Brauen zusammen. »Woher um alles in der Welt wissen Sie, dass Elisabeth meine … Ach ja, das muss dieser Dan Sommerdahl gewesen sein. Er ist schnell.«
    Flemming kommentierte es nicht. »Na?«
    »Ja und nein. Die beiden Mitarbeiter, die bei Kurt & Ko arbeiteten, hatten gekündigt, und ich hatte gerade Benjamin Winther eingestellt. Ich wusste nicht viel über ihn, er war sehr jung und sah ja so ein bisschen, na, Sie wissen schon. Ich wusste nicht, wie zuverlässig er war, also dachte ich, es ist nicht ungeschickt, ihn mit Lilliana arbeiten zu lassen, die mir wie ein vernünftiges und verständiges Mädchen vorkam.« Sie lächelte. »Ich finde es eigentlich nicht merkwürdig, dass

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