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Die Haarteppichknüpfer - Roman

Die Haarteppichknüpfer - Roman

Titel: Die Haarteppichknüpfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Fähigkeiten beeindruckt gewesen wären.
    Auf dem Schirm vor ihm erschien eine Meldung. Ludkamon las sie unwillig und schaltete mit einer wütenden Handbewegung die Hallenlautsprecher für die erforderliche Durchsage ein.
    »Die Raumüberwachung meldet den Anflug des kaiserlichen Schiffes K-70113. Geschätzte Ankunftszeit 116.«
    Bewegung kam in die Verladearbeiter. Förderbänder wurden in Position gebracht, Zählwerke zurückgestellt, Transportkarren bereitgestellt. Über den Schleusentoren leuchtete eine Signallampe auf, um anzuzeigen, dass die Luft aus der Schleusenkammer gepumpt wurde. Das ächzende Knarren der großen Tore, die dem Vakuum standhalten mussten, dröhnte unheilverheißend durch die Halle, aber daran waren die Leute gewöhnt.
    Da! Feuk hatte sie in den Hintern gekniffen, und sie hatte gelacht. Sie machte einfach, was sie wollte. Er würde nie zurechtkommen mit ihrer unbekümmerten Lebenslust. Wütend zerknüllte Ludkamon das oberste Blatt seines Schreibblocks und pfefferte das Knäuel in die Ecke.
    Die Nachricht wurde über alle Medien der Portalstation in den Quartieren verbreitet. »Die Stationsführung hat bekannt gegeben, dass der Sieger der nächsten Meisterschaft in die Obere Sektion berufen wird.«
    Hunderte witterten ihre Chance. Das war die Gelegenheit für jedermann, in die Führungsebene zu gelangen. Man erzählte sich wundersame Dinge über den Luxus, den man in der Oberen Sektion genoss. Gesehen hatte es noch keiner; die Obere Sektion war strikt gegen die Hauptsektion abgeschottet, und keiner, der in die Führungsebene berufen worden war, war jemals in die Niederungen zurückgekehrt. Angeblich kamen Mitglieder der Oberen Sektion sogar in den Genuss lebensverlängernder Behandlungen. Auf jeden Fall: keinen Finger mehr krumm machen. Nie wieder Container verladen. Das war die Chance.
    Sie küsste ihn lang und zärtlich, und er hatte das Gefühl, sich in rosa Rauch aufzulösen. Seufzend verkrallte er sich in ihr Haar, sog ihren Duft in sich ein wie himmlischen Wohlgeruch und flüsterte mit geschlossenen Augen: »Iva, ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch, Ludkamon.« Sie gab ihm noch einen Kuss auf die Nasenspitze und setzte sich auf.
    Er blieb mit geschlossenen Augen liegen und spürte den zarten Empfindungen in sich nach. Als er merkte, dass sie dabei war, sich anzuziehen, fuhr er ruckartig hoch.
    »Was machst du? Wohin willst du?«
    Sie sah auf die Uhr. »Ich bin mit Feuk verabredet.«
    »Mit Feuk …?!« Er schrie es fast. »Aber – gerade hast du doch gesagt, dass du mich liebst!«
    »Das habe ich auch so gemeint.« Sie lächelte ein Lächeln, das um Verzeihung bat. »Aber Feuk liebe ich eben auch.«
    Sie küsste ihn ein letztes Mal und ging. Ludkamon sah ihr fassungslos nach. Dann ballte er die Faust und schlug auf seine Matratze ein, wieder und wieder und wieder.
    Das Transferschiff hing wie ein großer, blasenförmiger Auswuchs an der Unterseite der Portalstation. Verglichen mit den kaiserlichen Schiffen, die die Portalstation umschwirrten wie Insekten ihren Stock, war es geradezu monströs groß. In einem endlosen Strom verschwanden die Container in seinen unersättlichen Laderäumen, überwacht von den Männern und Frauen in schwarzen Uniformen, die man ehrfürchtig »Tunnelfahrer« nannte.
    Täglich kamen die kaiserlichen Schiffe an, landeten an einer der vierundzwanzig Landebuchten, wurden entladen und flogen mit leeren Containern wieder ab. An Spitzentagen wurden fünfzigtausend Container umgeschlagen, manchmal sogar achtzigtausend. Normal waren zehntausend Container, die jeden Tag über die endlosen Rollbänder und Transportstraßen der Ladesektion rumpelten, von den Landebuchten hin zur Dockstation des Transferschiffs.
    Das rote Licht der nahen Sonne schimmerte düster auf der matten, von Partikelströmen und Mikrometeoriten zerkratzten Außenhaut der gewaltigen Portalstation. Kaum jemand sah jemals hinaus ins All. Es gab nur sehr wenige Sichtfenster, weil es kaum etwas zu sehen gab. Eine große rote Sonne, und dann dieser unheimliche dunkle Fleck im All, an dessen Rändern das Licht der fernen Sterne verzerrt wurde: der Tunnel.
    Im Containerlager stellte Ludkamon sie zur Rede, hoffend, dass sie nicht merkte, wie er zitterte.
    »Iva, ich mache das nicht länger mit. Du gehst von mir zu Feuk, und von Feuk kommst du wieder zu mir, immer hin und her. Ich halte das nicht aus.« Bei den letzten Worten musste er an sich halten, damit seine Stimme nicht in hilfloses Schluchzen

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