Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Haarteppichknüpfer - Roman

Die Haarteppichknüpfer - Roman

Titel: Die Haarteppichknüpfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Der Schädelknochen war geplatzt, auf einer Fläche so groß wie zwei Hände, und darunter quoll die Hirnmasse hervor, grau und leblos. Er zog die Lampe, die über seinem Kopf schwebte, näher heran, sodass ihr Licht die Fraktur schattenlos ausleuchtete.
    »Nun?«, fragte der andere Mann. In dem großen, klinisch sterilen Raum hallte seine Stimme nach. »Er funktioniert nicht mehr.«
    Der Arzt nahm seufzend eine Messsonde aus ihrer Halterung und berührte das Gehirn damit, ohne dabei besondere Behutsamkeit an den Tag zu legen. Eine Weile beobachtete er die Instrumente. Nichts rührte sich.
    »Er ist tot, kein Zweifel«, sagte er schließlich.
    Der andere schnaubte verärgert. »Verheerend! Ausgerechnet jetzt!«
    »Ihr rechnet damit, dass die Angreifer zurückkehren?«
    »Gewarnt und stärker bewaffnet. Ja. Es hilft nichts, wir brauchen so schnell wie möglich Ersatz in der Oberen Sektion, ehe die Portalstation ein zweites Mal angegriffen wird.«
    Der Arzt nickte gleichmütig. »Ich bin bereit.«
    Er begann, die Versorgungsleitungen abzunehmen und die Geräte abzuschalten. Das Summen, das die ganze Zeit leise und unterschwellig in dem kühlen Raum zu hören gewesen war, verstummte.
    »Ping!«
    Mit einem metallischen Signalton machte die Raumüberwachung darauf aufmerksam, dass ein neuer Reflexpunkt auf den Schirmen aufgetaucht war. Der Mann an der Konsole blickte hoch. Er entdeckte den Punkt sofort, der einsam auf dem Bildschirm blinkte, und seine Hand wanderte nervös zum Alarmschalter.
    Endlose Sekunden vergingen, ehe neben dem Punkt die zugehörige Identifizierung erschien und er aufhörte zu blinken. K-70113. Ein Schiff des Kaisers. Der Mann ließ den Alarmknopf los und schaltete das Funkgerät ein.
    »K-70113, hier ist die Portalstation. Bordzeit ist 108. Wir haben erhöhte Alarmbereitschaft. Haltet euch bereit, von Kampfrobotern eskortiert zu werden. Ihr habt den Anflugbereich Süd-West. Ab 115 erhaltet ihr einen Leitstrahl; eure Landebucht ist Bucht 2.«
    Die Stimme aus dem Lautsprecher klang ruhig und geschäftsmäßig wie immer. »Portalstation, wir haben verstanden. Anflug Süd-West, Landebucht 2, Leitstrahl ab 115. Ende.«
    »Ende«, bestätigte der Mann. Sie hatten nicht nach Einzelheiten gefragt. Wahrscheinlich wussten sie noch nichts von dem Angriff der fremden Raumschiffe. Nun, sie würden es erfahren.
    Von seinem Platz in der gläsernen Kabine aus konnte Ludkamon die ganze Landebucht übersehen, die riesigen Schleusentore, die Laufstege und Treppen und die haushoch aufgetürmten Stapel leerer Container. Dem Kaiser dienen wir. Die einzelnen Perlen der Wächterkette glitten beruhigend durch seine Finger. Dessen Wort Gesetz ist. Zum wer weiß wie vielten Mal an diesem Tag rezitierte er das Gelübde der Portalwächter, um seine wild galoppierenden Gedanken im Zaum zu halten. Dessen Wille unser Wille ist. Dessen Zorn furchtbar ist. Alles ging langsamer seit dem Angriff der Fremden. Die Reparaturen waren weitgehend abgeschlossen, und es kam zu langen Wartezeiten, in denen er sich nicht anders zu helfen wusste. Der nicht verzeiht, sondern straft. Und dessen Rache ewig währt.
    Wieder einmal ging ihm die Frage durch dem Kopf, aus welchem Grund wohl die Kugel, die man beim letzten Satz des Gelübdes erreichte, mit Pelz überzogen war, und er musste an das eigenartige Gewebe denken, das er in dem Container gefunden hatte. Dann sah er Iva, seine Iva, die mit Feuk schäkerte, mit diesem widerwärtigen, aufgeblasenen Kerl, und die mühsam gebändigte Eifersucht kochte in ihm hoch.
    Ludkamon musterte sein Spiegelbild in einem der abgeschalteten Schirme. Er sah einen schmächtigen jungen Mann, der linkisch und ungeschickt wirkte und ansonsten eine ziemlich unauffällige Erscheinung bot. Widerwillig musste er sich eingestehen, dass er sich nicht recht erklären konnte, warum ein Mädchen wie Iva überhaupt etwas für ihn übrig hatte. Dass ihr Feuk gefiel, leuchtete ihm schon eher ein, und er fühlte einen brennenden Schmerz in seinen Eingeweiden bei diesen Überlegungen, kam sich hässlich und klein vor. Feuk war ein Verlader, groß, stark und selbstbewusst, ein Hüne mit goldenen Locken und Muskeln aus Stahl. Er, Ludkamon, hatte es in erstaunlich jungen Jahren zum Verladeaufseher gebracht – eine Stellung, die Feuk auf Grund ihrer geistigen Anforderungen auf immer verschlossen bleiben würde –, und er fühlte sich durchaus zu noch Höherem berufen. Allerdings hatte er noch nie erlebt, dass Frauen von geistigen

Weitere Kostenlose Bücher