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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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Geschrei auch, die Stimme einer Frau kam näher, aufgebracht, schrill. Die Katze hatte sich hingelegt. Jim hielt still, er unterdrückte den Impuls, die schmale Durchfahrt entlang zur Straße zu schauen, wo jetzt vermutlich, hinter seinem Rücken, die Frau stand, er bildete sich ein, jemanden atmen zu hören, der Straßenlärm schwappte regelmäßig wie eine ölige Flüssigkeit zwischen die Häuser. Zum zweiten Mal stolperte er über die Katze, beachtete sie diesmal nicht, sondern ging weiter, stieg über weitere Kisten, Müllsäcke, bis er eine braun gestrichene Tür erreichte, die er aufstieß. Vor der Treppe lagen Zeitungen, Reklamezettel, Dosen, er verzog das Gesicht und watete hindurch, stieg in den dritten Stock, an Türen vorbei, hinter denen die Händler ihre Ware lagerten, Gemüse, Kleider, Spielzeug, die Türen waren mit Vorhängeschlössern gesichert, nur eine stand offen, ein Junge sah ihn kurz an und verschwand eilig, es roch nach Essen. Oben wartete Albert. Er grinste, füllte mit seinem breiten Körper die Türöffnung. Die dünnen, grauen Haare waren ordentlich zurückgekämmt, er trug ein T-Shirt, der rechte Arm baumelte schlaff herab, die linke Hand stemmte sich gegen den Türsturz. Von drinnen drang nur schwaches Licht, Jim lauschte, ob er etwas hörte, er hatte, als er ihn anrief, Albert gesagt, daß er nur ihn treffen wollte, nicht Ben, keinen von den Leibwächtern, die Albert sich hielt, Burschen, die er aufsammelte, wie er Jim aufgesammelt hatte. Straßendreck. Ziellos, meistens unbegabt. Zu nichts zu gebrauchen. Klauten Autoradios, Handtaschen, Telefone, Kameras. Hingen tagelang zugedröhnt auf den Matratzen, die Albert in seinen Unterkünften bereitstellte, über die Stadt verteilt und bis nach South Ealing hinunter. Ausweichquartiere. Fluchtstädte, wie Albert tönte, sieben Stück, wie im Alten Testament, und er nannte die Zimmer und verwahrlosten Wohnungen Paris, Rom, Jerusalem. Jim war in Jerusalem gewesen, mitten in Soho, über einem chinesischen Restaurant, in einem Zwischengeschoß voller Kühltruhen und Regalen mit Reisnudeln und anderen Lebensmitteln, hinter dem Zimmer für die Kellner und Köche, dort hatte Jim geschlafen und sich ein winziges Klo mit den anderen geteilt, das Waschbecken ohne Spiegel, den Gestank nach Pisse. Die dünnen, blaß aussehenden Männer hatten ihn nie angesprochen, vielleicht, weil sie kein Englisch konnten oder weil Albert es so wollte. Was er zusammenklaute, verstaute er in alten Nudelkartons, die Albert abholen ließ, als Gegenleistung gab es Hasch und manchmal Kokain, Versprechungen, warme Mahlzeiten. Die Reste, reichlich und nicht einmal schlecht. Jim lernte, morgens Suppe zu essen, kaltes Fleisch. Kokain war besser als mieses Marihuana und Bier, Soho besser als die Hauseingänge und Bushaltestellen in King’s Cross. Es zog ihn trotzdem dorthin zurück, und Albert mußte ihn zweimal einsammeln, verprügelte ihn. Hatte ihn zu einem Friseur gebracht, in neue Kleider gesteckt, um ihn auf die Straße zu schicken, den hübschen Kerl. Zur Vorbereitung übergab er ihn zwei Freunden; das Geld drückte er Jim in die Hand, –hast du verdient, mit deinem süßen Gesicht und deinem süßen Arsch. Ein anderes Zimmer bekam er auch, versuchte trotzdem abzuhauen, aber Albert hatte seine Leute überall, und dann kamen die Schläge dazu. –Tu nicht so, als wärst du es von zu Hause anders gewöhnt. Eingesperrt zwei Wochen, auf Entzug, irgendeine Marotte Alberts, wieder auf die Straße geschickt und wieder abgehauen, diesmal für drei Monate, weil er King’s Cross mied, die City und Brixton und Clapham auch, überall, wo Albert war, aber Jim schaffte es nicht, versuchte es im East End, wurde diesmal von der Polizei eingesammelt, in eine Klinik gesteckt, und dann auf allen vieren zu Albert zurück. Noch immer, wenn er sich daran erinnerte, den Geschmack von Blut im Mund, weil er sich auf die Zunge gebissen hatte, während ihm einer von Alberts Freunden die Hose herunterriß, ihn zwang, sich nach vorne zu beugen. Danach Alberts Gesicht, und wieder das Loch in Soho. Schaffte es nicht, von den Drogen runterzukommen, klaute so lange, bis Albert ihn auf seine Touren mitnahm, und erst als Mae auftauchte, wurde es anders, weil Albert ihn brauchen konnte, weil sie die Wohnung in der Field Street bekamen.
    Albert stand noch immer grinsend in der Tür, und Jim begriff, daß er niemals ohne Gegenleistung sagen würde, was er über Mae wußte. Wenn er etwas wußte. Er würde Jim

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