Die Händlerin von Babylon
vollkommen die Zeit vergessen. Ich werde die Händler auszahlen.«
»Du drückst dieses Mädchen?«
»Ich massiere sie. Sie hat eine Wunde am Kopf, und der Asi-pu befürchtet, dass sie schlimmer werden könnte. Er schaut ihr in die Augen und schlägt sie aufs Knie, um festzustellen, ob es sich bewegt. Er führt sich komisch auf, aber ihm scheint sehr viel an ihr zu liegen.«
»Warum spart er nicht sein Geld und kümmert sich selbst um das Mädchen?«
»Er ist ausgesprochen zurückhaltend, er weigert sich, sie zu berühren oder allein mit ihr zu sein. Darum hat er mich eingestellt.« Sie trank wieder von ihrem Bier. »Und wie geht es dir?«
»Ich arbeite für Asa Sterndeuter.« Eigentlich hatte er damit Eindruck machen wollen, doch weil sie mittlerweile einem Asi-pu und seiner Hure Gesellschaft leistete, murmelte sie lediglich, das sei ja schön, und leerte ihren Bierkrug. Ezzi versuchte sie zu überreden, dass er den Händlern die Tauschwaren bringen konnte, doch sie erwiderte, sie hätte noch nicht die notwendigen Mittel und würde sie erst am Abend besorgen müssen.
Den Namen ihrer Quelle nannte sie Ezzi nicht.
Ulu hatte noch nie zugelassen, dass er ihre Einnahmen anrührte; sie teilte nie mit ihrem Sohn. Um jede winzige Kleinigkeit musste er sie anbetteln. Das war nicht recht; schließlich war sie eine Hure. Er war gebildet, intelligent, begnadet. Die Götter würden auf ihn herablächeln, wenn er sie nur bestechen könnte.
Wenn er nur etwas hätte, um sie zu bestechen.
Cheftu hatte sich eben auf sein Bett sinken lassen. Die Sonne linste knapp über die Einfriedung der Tempelanlage. Chloe war hier, in dieser Epoche, in dieser Stadt. Sie hatte Besitz, sie hatte Ansehen. Sicherheiten. Im Grunde war sie ein freierer Mensch als er. Gestern Abend hatte er es nicht mehr geschafft, sie zu besuchen, wie er eigentlich versprochen hatte; er wusste, dass sie wütend sein musste, ihn aber letzten Endes verstehen würde. Er sah zu den vier Hilfspriestern auf, die sich zwischen ihm und der Tür aufgebaut hatten. Dann fiel sein Blick auf die drei auf den Sofas schlummernden Frauen. Zwei Posten bewachten die Türen zum Nebengemach und nach draußen. Er konnte nicht einmal vermuten, wie viele der Anwesenden für Puabi spionierten.
Gestern hatte er seine Geliebte geküsst. Sie berührt. Ihren Duft aufgenommen. Und während er den restlichen Tag damit zugebracht hatte, durch die Straßen zu wandeln, wo sich ihm zahllose Frauen an den Hals geworfen hatten, hatte er ununterbrochen nur sie vor Augen gehabt.
So schön. Klug. Er hätte nicht zu hoffen gewagt, dass sich Chloe in dieser fleischlichen Hülle verbarg. Und doch hatte sie ihn erkannt, und als er dann ihre Stimme gehört hatte - Cheftu stöhnte. Er verzehrte sich qualvoll nach seiner Frau. Nach Chloe.
Er ließ den Kopf in die Hände sinken und massierte sich die Schläfen. Wie konnte er zu ihr gelangen? Und was war, wenn er es geschafft hatte? Sollte er sie einfach frech als seine Braut einfordern? Es war dem En verboten zu heiraten; dadurch würde er in Konflikt mit den Interessen des Gemeinwesens geraten. Nicht dass Chloe eine Fortsetzung seiner gegenwärtigen beruflichen Laufbahn geduldet hätte.
Ob nun verheiratet oder nicht, im Moment wollte er Chloe nur für die nächsten ein, zwei Jahre in seinem Bett wissen. Allerdings wäre es nicht klug, ihr zu diesem Zeitpunkt beizuwohnen. Ob sich das wohl ändern würde, wenn irgendwann eine andere Ensi regierte? Wie konnte sich Cheftu aus seinem Amt als En verabschieden? Schließlich wurde man dazu ernannt -und auszuscheiden bedeutete den Tod.
Musste er also sterben, wenn er dieses Amt niederlegte? Nimrod hatte erklärt, dass er Cheftu helfen würde, falls die Gezeiten seiner Beliebtheit einmal wechseln sollten. Als Kidus Freund würde Nimrod Cheftus Flucht nach Kräften unterstützen.
Chloe und Cheftu konnten also entkommen. Gemeinsam.
Sie war hier; alles Übrige konnte er später austüfteln. Erst brauchte er Schlaf. Le bon Dieu sei Dank, dass er meine Gebete erhört hat.
Ezzi stand, von Asa herbeizitiert, in der Tür. Den Himmel konnte der Alte zwar nicht mehr erkennen, doch seine Augen fixierten Ezzi unerbittlich. »Pack deine Sachen und verschwinde«, befahl er. »Du bist in dieser Verwaltung kein Sterndeuter mehr.«
Ezzi brachte keinen Ton heraus. Er war wie vom Blitz gerührt. Mit einem Finger rieb er sich am Ohr.
»Du hast nichts an den Ohren, Junge. Verschwinde.«
»Wa-wa-warum, Herr?«
»Sollte der En
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