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Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Titel: Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bluhm
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nach, wie schön es wäre, doch nicht bis zum Ende meiner Tage allein zu bleiben, sondern einen Partner an der Seite zu haben.
    Wir lassen die Gläser klingen, und im selben Moment ertönt der ultimative Christmas-Song von einem gewissen Herrn Crosby. Besonders gern wird er in amerikanischen Weihnachtsfilmen gespielt, wenn die Darsteller mit dem Pferdeschlitten durch idyllische Winterlandschaften fahren.
    «Wenn der Schneefall anhält …», sage ich mit einem Blick aus dem Fenster, «bekommen wir Bilderbuchwetter für die Feiertage. Die Jungs würden sich natürlich freuen, wenn sie Schneemänner bauen oder Schlitten fahren könnten.»
    «Also ich träume ja nicht von weißen Weihnachten. Churchills wegen. Er liebt den Schnee zwar, aber nur auf dem Lande. In der Stadt wird gestreut, und das Salz brennt an seinen Pfoten.»
    Als habe Churchill seinen Namen gehört, antwortet er mit leisem Schnarchen.
    Nachdem die Vorspeisenteller abserviert sind, entschuldigt sich Friedrich mit der Bemerkung, etwas in der Manteltasche vergessen zu haben.
    Wieder zurück legt er ein weißes Kuvert auf den Tisch. «Erinnerst du dich, dass wir gestern über ‹Was-wäre-wenn?› gesprochen haben?»
    «Du meinst, wenn wir keine familiären Verpflichtungen hätten?»
    Er nickt. «Und auch keinen Schnarcher unterm Tisch …»
    «Mir würde bereits genügen, wenn Katja sich nicht auf diese alberne Tanne versteifen würde», seufze ich. «Angeblich hat schon mein verstorbener Mann jedes Jahr diesen Baum erstanden.»
    «Für meine Erika kam auch immer nur diese Spezies in Frage», erklärt Friedrich gedankenverloren. «Wie auch immer …» Er öffnet den Umschlag und entnimmt ihm ein gefaltetes Blatt Papier. «Ich war heute in einem Reisebüro und habe mir spaßeshalber mal einige Angebote ausdrucken lassen.»
    «Planst du eine Kreuzfahrt? Soll für Oldies wie uns ja besonders geeignet sein …»
    «Genau genommen handelt es sich um einen Kurzurlaub, liebe Ursel, und ich dachte …» Er blickt mir direkt in die Augen, als er mir das Papier überreicht. «Wir beide …»
    Als ich lese, wohin er zu reisen gedenkt, schlägt mein Herz höher. «Paris?», flüstere ich heiser, komme aber gleich wieder zur Besinnung, als ich die Termine sehe. Hinflug an Heiligabend. Rückflug kurz vor Silvester.
    Seufzend falte ich das Angebotsblatt zusammen und gebe es zurück. «Schöne Idee!»
    «Ich weiß», brummelt Friedrich zustimmend. Dann räuspert er sich. «Halte mich bitte nicht für einen überspannten Esoteriker … Aber Weihnachten ist doch die Zeit der Wünsche. Und ich musste immerzu an unser Gespräch über den ganzen Weihnachtszauber denken, und daran, dass wir beide uns nichts daraus machen und nur zu gerne entfliehen würden …» Er hält kurz inne, als die Hauptspeisen serviert werden. «Ich musste mich einfach im Reisebüro erkundigen.»
    «Ich wäre ja sofort dabei», sage ich und atme den köstlichen Duft des Essens ein. «Aber meine Enkel würden es nicht verstehen, sie wären sicher sehr traurig. Mal abgesehen von Katja, die bis zum jüngsten Tag kein Wort mehr mit mir wechseln würde.»
    «Das kann ich gut nachvollziehen», entgegnet er. «Aber wenn wir es uns nur wünschen, tut es niemandem weh! Und das nächste Weihnachten kommt bestimmt.»
    Etwas melancholisch greife ich nach meinem Glas. «Alle Jahre wieder, so viel steht fest!»

17. Dezember, Dienstag,
noch 7 Tage bis Weihnachten

    Es hat mich erwischt!
    Nicht gefühlsmäßig. Auch wenn ich den Abend mit Friedrich ungemein genossen habe. Bin ich doch kein Teenager mehr, der gleich nach der ersten Verabredung
Feuer
fängt wie ein unbeaufsichtigter Weihnachtsbaum. Nein, nein, mich hat die Kaufhaus-Virenschleuder erwischt, vor der ich mich seit Tagen gefürchtet habe. Zudem stresst der schnelle Wetterwechsel zwischen warm und kalt das Immunsystem. Heute ist es nämlich zur Abwechslung mal wieder frühlingswarm, und der bayrische Föhn pustet den Schnee von Dächern und Straßen. Zusätzlich hat mir der ungehobelte Dickwanst eine XL -Ladung Viren verpasst. Der Kerl hat gestern ja frontal über den Packtisch geniest, als veranstalteten wir ein Casting für Nasensprays und wären auf der Suche nach Testpersonen. Wer auch immer für meinen desolaten Zustand verantwortlich ist, ich fühle mich schlapp, der Hals kratzt und mir ist schrecklich heiß unter der nervigen Sternchenmütze. Die Hitze kommt in regelmäßigen Schüben. Kurz danach ist mir wieder kalt. Fühlt sich

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