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Die Häupter meiner Lieben

Die Häupter meiner Lieben

Titel: Die Häupter meiner Lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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einmal schleifen.
     
    Schon am übernächsten Tag waren die beiden Ausflügler wieder zurück. Cora hörte den Cadillac vorfahren. »Die waren kaum einen vollen Tag bei der lieben Kusine«, sagte sie verwundert, »am Ende haben sie sich nicht vertragen. Manchmal erlebt man ja sein blaues Wunder.«
    Wir gingen hinaus. Es war zwar erst halb fünf, aber bereits dunkel. Pippo begrüßte uns herzlich. Emilia und Mario stiegen mit ernsten Gesichtern aus dem Wagen.
    »Was ist los?« fragte ich.
    Emilia antwortete nicht, von Mario hatte ich es sowieso nicht erwartet. Wir gingen in die Küche. Cora setzte Teewasser auf. Mario und Emilia rückten mit gedrückter Miene an den Herd und hielten die Hände über die heiße Platte.
    Plötzlich sagte Emilia: »Wir haben Don wieder mitgebracht.«
    Cora blieb der Mund offen, ich ließ meine Teetasse fallen. »Was hast du gesagt?« fragte ich.
    »Don liegt im Auto; wir haben ihn in eine Decke gewickelt.«
    »Ich denke, er ist im Heu verbrannt?« fragte Cora.
    Emilia faßte sich etwas. »Ich konnte nicht anders. Ich bin mit Mario hingefahren, um nach dem Rechten zu sehen. Wir liehen uns diesmal den Geländewagen von meinem Schwager; ich sagte, Mario liebe die Berge. Es hatte überhaupt nicht gebrannt, meine Kusine hatte ein anderes Haus gemeint. Die Kerze muß gleich ausgegangen sein. Alles war so, wie wir es hinterlassen hatten, der Rucksack lag auf dem Boden und Don daneben.«
    »Weiß Mario Bescheid?«
    »Ich mußte ihm alles erklären. Man kann Gift noch Monate später im Körper feststellen, selbst in verkohlten Knochen, hat er mir gesagt.«
    Ich sah Mario an. Er betrachtete Emilia mit ängstlichen, aber auch glücklichen Maroni-Augen. »Aber ihr hättet doch jetzt noch Feuer legen können...«
    »Und wenn es wieder ausgegangen wäre? Wir konnten doch nicht dabeibleiben und aufpassen, daß es gut brennt, am Ende wäre die Feuerwehr gekommen und hätte uns ertappt!«
    »Warum habt ihr ihn nicht einfach liegen gelassen!«
    »Cora, mir fiel ein - seine teuren Schuhe! Man hätte sofort gesehen, daß sie aus Italien stammen, man hätte herausbekommen, wo sie gekauft worden sind. Der Verkäufer hätte sich an euch erinnert.«
    »Warum hast du dann nicht einfach die Schuhe mitgenommen statt den ganzen Don? Habt ihr ihn in den Geländewagen gepackt und später in den Cadillac umgeladen?«
    »Ja, so ähnlich. Wir haben ihn an einer einsamen Strecke unten im Tal in einem Graben versteckt und auf der Heimfahrt aufgesammelt.«
    »Und was sollen wir jetzt mit ihm machen?«
    »Zuerst muß er hineingetragen werden.«
    Ich sah Cora mit unbeschreiblichem Ekel in die Augen: Wie mochte Don jetzt aussehen! Emilia erriet meine Gedanken. »Reg dich nicht auf, die kalte, trockene Bergluft hat ihn fast wie einen Parmaschinken konserviert.«
    Inzwischen hatte Mario auf seinem Täfelchen herumgekritzelt und hielt es uns vor die Augen. Ein Grab unter Pflastersteinen lasen wir.
    Emilia nickte stolz. »Mario wird heute nacht durcharbeiten, zum Glück ist die Erde nicht gefroren. In ein paar Stunden hat er eine Grube ausgehoben, ich stelle ihm die Stehlampe nach draußen. Wenn ihr morgen aufsteht, ist schon alles erledigt, ihr könnt nach Sizilien fliegen und euch amüsieren. Wenn ihr wiederkommt, ist die schöne neue Terrasse fertig.«
    Mario stand auf und drückte uns die Hand, wahrscheinlich wollte er damit seine Verschwiegenheit ausdrücken. Dann ging er hinaus in den Garten und begann unverzüglich mit der Arbeit.
    »Hast du im letzten Monat Jonas mal angerufen?« fragte Cora.
    »Er hat einmal mit mir telefoniert, wieso fragst du?«
    »Sieh mal, die Telefonrechnung ist doppelt so hoch wie sonst. Im Grunde ist mir das egal, aber ich habe den fatalen Verdacht, daß Don in Neuseeland angerufen hat.«
    »Ach, es ging ihm viel zu schlecht, ich glaube das kaum.«
    Emilia kam herein und suchte eine Verlängerungsschnur. »Don hat nicht telefoniert«, sagte sie.
    »Woher weißt du das so genau ? Schau dir mal diese Rechnung an!« sagte Cora besorgt.
    »Das war ich«, gestand Emilia. Wir wunderten uns; aber als wir erfuhren, daß sie täglich mit Mario geredet hatte, sahen wir alles ein: Ferngespräche mit einem Stotterer ziehen sich in die Länge.
    »Na, Gott sei Dank«, sagte ich, »wir hatten schon Angst, daß er unsere Adresse nach Neuseeland durchgegeben hat.«
    Emilia lächelte wie ein Zauberkünstler, der eine Taube aus dem Zylinder zieht, und reichte uns eine Karte und einen Brief. Don hatte nach Hause

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