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Die Häupter meiner Lieben

Die Häupter meiner Lieben

Titel: Die Häupter meiner Lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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schnell aufklären.«
    »Cora, das sind Profis. Wenn sie kein Geld kriegen, werden sie Béla ermorden!«
    »Du weißt, daß ich ihnen mein gesamtes Geld in den Rachen schmeiße, wenn es sein muß. Ich betrachte Béla auch als mein Kind. Aber vielleicht ist es gar nicht nötig. Man muß knallhart verhandeln.«
    Endlich fing ich an zu weinen. Ich lag bäuchlings auf meinem Bett, und die Tränen stürzten auf das adrett gefaltete Nachthemd. »Cora, ich habe alles in meinem Leben falsch gemacht. Wenn nur Béla nichts geschieht, dann will ich ein guter Mensch werden, Leprakranke pflegen oder in den Slums von Rio als Sozialhelferin arbeiten.«
    »Mach mal halblang, Béla wird kein Haar gekrümmt. Außerdem hätte er wenig Nutzen davon, wenn seine Mama eine zweite Mutter Teresa wird.«
    »Auf was warten wir eigentlich? Auf einen Boten, einen Telefonanruf, einen Brief?«
    »Kann alles sein. Möglich ist auch, daß jemand vom Hotelpersonal mit ihnen unter einer Decke steckt. Denk mal an die Kellnerin mit der Zeitung! Wir müssen Geduld haben.«
    Nach einer Stunde, in der wir uns verschiedene Strategien und Geldbeschaffungsmöglichkeiten überlegt hatten, wurde heftig geklopft. Cora riß die Tür auf. Aber kein Bote der Entführer, sondern Emilia und Mario standen strahlend auf der Schwelle. Sie sahen sofort, daß irgend etwas passiert war.
    »Wo ist mein Schätzchen?« fragte Emilia, dank ihrer bewährten Intuition gleich auf der richtigen Spur.
    Weinend erzählte ich ihr die Katastrophe. Pippo lief schnüffelnd durch die beiden Zimmer. Mario regte sich so auf, daß er wirres Zeug stotterte.
    Cora blieb noch am gelassensten. »Ich habe Maja bereits gesagt, daß ich mein Vermögen zur Verfügung stelle, wenn es erforderlich ist.«
    »Es ist ein Glück«, sagte Emilia, »daß Béla kaum spricht; er kann nicht erzählen, wo er gewesen ist und wie diese Leute aussehen. Dadurch hat er eine gute Chance, daß sie ihm nichts antun.«
    Als das Telefon klingelte, riß Cora fast den Hörer ab. Ich drückte meinen Kopf gegen ihren, um alles zu verstehen. Die Rezeption meldete, ein Signor Dante wolle sie sprechen.
    Dante hatte gerade sagen können, dem Kind gehe es gut, als Cora ihn schon anschrie: »Ihr Idioten! Inzwischen habt ihr wohl festgestellt, daß das Kind kein Mädchen ist. Wenn ihr etwas Grütze im Kopf hättet, dann wäre euch aufgefallen, daß ich nach sechs Monaten Schwangerschaft keinen anderthalbjährigen Sohn haben kann! Ich war überhaupt nie schwanger, habe weder Kinder, noch bin ich Millionärin; wäre ich sonst nicht in einem Nobelhotel abgestiegen?
    Also gebt das Kind heraus und macht euch nicht unglücklich!«
    Anscheinend hatte sie Dante erschreckt, er legte auf. Ich war wütend. »Das hast du nun davon!« schrie ich. »So darf man es gerade nicht machen! Jetzt werden sie sich nie wieder melden, und mein Kind muß sterben!«
    Emilia nahm mich in die Arme. »Natürlich rufen sie wieder an, sie müssen sich jetzt untereinander beraten und prüfen, ob Cora recht hat. Sicher wird jetzt einer von den Schweinen fertiggemacht, weil er schlecht recherchiert hat. Wenn sie wieder anrufen, werde ich mit ihnen reden. Schließlich sind es meine Landsleute, da kenne ich mich aus! Aber du brauchst keine Angst zu haben, daß ich undiplomatisch bin; im Gegenteil, ich werde ihnen Honig um den Bart schmieren.«
    Ich wußte nicht, ob Honig das Mittel der Wahl war; eigentlich wußte ich überhaupt nichts. Cora und ich hielten uns auf kriminellem Gebiet nicht eben für Greenhorns, aber in diesem Fall war ich so hilflos wie mein armes Kind. »Emilia«, sagte ich, »du kannst ihnen vorschlagen, daß ich mich als Tauschobjekt für mein Kind anbiete!«
    Alle schüttelten den Kopf. »Keine gute Idee, das weißt du selbst«, sagte Cora.
    »Ob Jonas etwas damit zu tun hat?« fragte Emilia.
    Nach zwei Stunden rief Dante wieder an. Emilia meldete sich und behauptete, sie sei die Großmutter von Béla und eine arme Frau, die kein Lösegeld zur Verfügung hätte. »Das Kind spricht zwei Worte Deutsch und drei Italienisch«, sagte Dante, »wenn es Ihr Enkelkind wäre, könnte es kein Deutsch.«
    »Wie klug Sie sind, Signor Dante«, sagte Emilia freundlich, »der Kleine ist der Sohn einer Deutschen, und zwar einer Freundin von Signora Kornmeier. Sie hat unglücklicherweise kein Geld, denn mein Sohn - der Vater des Kindes - hat sie verlassen und ist nach Amerika verschwunden.«
    Dante war ein höflicher Mensch und äußerte sein Bedauern. Aber die

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