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Die Haischwimmerin

Die Haischwimmerin

Titel: Die Haischwimmerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Gruppe von Gärtnerinnen, oder sagen wir: Pflückerinnen.«
    Â»Wieso nur Frauen?« wollte Lilli wissen.
    Â»Das ist wie mit der Zuhälterei, die allein uns Frauen erlaubt ist. Einbruch hingegen ist den Männern vorbehalten. Ebenso der Betrieb eines Restaurants oder die Schutzgeldforderungen, die mit diesen Restaurants zusammenhängen. Das Einsammeln der Pilze aber ist eine weibliche Domäne. Würde ein Mann einen Fliegenpilz aus dem Boden ziehen, wäre der Pilz verdorben.«
    Â»Wissenschaftlich belegt ist das aber nicht, oder?«
    Â»Hören Sie, Sweetheart, es ist auch nicht wissenschaftlich belegt, daß das Christkind existiert, trotzdem finden Jahr für Jahr unzählige Kinder hübsch verpackte Geschenke unter dekorierten Bäumen.«
    Â»Die ihre Eltern dort hingelegt haben.«
    Â»Das behaupten die Eltern. Aber wissenschaftlich belegt ist das genausowenig.«
    Lilli lachte. Diese Madame Fontenelle gefiel ihr. Und zwar insgesamt. Lilli fragte: »Wie viele Pflückerinnen gibt es eigentlich?«
    Â»Zwei Dutzend.«
    Â»Ich sehe nirgends eine.«
    Â»Der Wald ist groß. Es sind immer drei, vier Frauen unterwegs. Die Kunst des Pflückens besteht darin, es im richtigen Moment und in der richtigen Menge zu tun.«
    Â»Und Ihre Aufgabe, Frau Fontenelle, worin besteht die?«
    Â»Ich bin die Leiterin dieser ganzen Anlage. Und achte darauf, daß die Vernunft vernünftig bleibt.«
    Â»Das ist schön. Bloß frage ich mich, was die vier Mordopfer damit zu tun haben. Das haben sie doch? Ich würde sonst kaum hier mit Ihnen zusammensitzen.«
    Â»Das Problem ist wirklich«, meinte Fontenelle, »wenn Polizisten nicht anklopfen, bevor sie irgendwo eintreten. Ich weiß schon, es ist ein Prinzip der Polizei, auf das die Polizei geradezu stolz ist: mit der Tür ins Haus zu fallen.«
    Â»Hätten wir angeklopft, wäre die Puppe nicht auf dem Tisch gelegen.«
    Â»Absolut richtig. Die Puppe hätte dort nicht sein sollen. Darum haben wir auch so schnell reagiert. Sie stammte aus der Wohnung des dritten Mordopfers. Wir haben sie dort gefunden.«
    Â»Wer ist wir?«
    Â»Dr. Ritter und ich. Alle vier ermordeten Frauen haben hier als Pflückerinnen gearbeitet.«
    Wie es aussah, hatte eine jede versucht, Materialproben der Lärchen aus Toad’s Bread hinauszuschmuggeln: Rinde, Harz, Nadeln, die Zapfen, vor allem natürlich besagte Substanz, die von den Zapfen stammte. Die vier schienen begriffen zu haben, was für ein Potential in diesen Bäumen steckte und wie sehr man sich außerhalb der Stadt dafür interessierte.
    Â»Soweit wir wissen«, sagte Fontenelle, »hat eine von ihnen das Material an einen Mann in Ochotsk weitergegeben. Der ist jetzt ebenfalls tot.«
    Â»Ertränkt?«
    Â»Angeblich. Jedenfalls ist das das Markenzeichen des Mörders. Wie auch die Puppe, die er an einem jeden Tatort hinterläßt. Zumindest im Falle der Pflückerinnen.«
    Â»Ongghot«, sagte Lilli mit Verweis auf die schamanische Bedeutung solcher Gebilde.
    Â»Ich sehe, Sie kennen sich aus. Natürlich tun Sie das. Immerhin hatten Sie ja ebenfalls eine solche Puppe in Ihrer Handtasche. Eine hübsche Tasche übrigens. – Sehen Sie, bei den anderen drei ermordeten Frauen waren Dr. Ritter und ich noch vor der Polizei am Tatort und konnten die Ongghots mitnehmen. Aber bei der vierten Leiche waren wir zu spät. Eine Schlamperei, wir hatten die falsche Adresse.«
    Â»Wie konnten Sie von den Morden wissen?«
    Â»Nun, wenn eine Pflückerin nicht zur Arbeit kommt, kann man sich wohl denken, daß etwas geschehen ist. Und spätestens bei der zweiten Leiche war die Richtung klar.«
    Â»Na gut, aber wieso sind die Puppen so wichtig?«
    Â»Sie müssen begreifen, Sweetheart, wie sehr uns daran gelegen ist, das Geheimnis dieses Waldes zu bewahren. Wir können die Schnüffelei der Polizei nicht unterstützen.«
    Â»Deshalb brauchen Sie uns doch nicht gleich abzuknallen.«
    Â»Abknallen? Meine Liebe, Sie sind die einzige, die dazu in der Lage gewesen wäre, jemand abzuknallen. Wir haben die Verlaine in Ihrer Tasche gefunden. Ich habe mir erlaubt, sie zu konfiszieren.«
    Â»Meine Parfüms aber …«
    Â»Bekommen Sie zurück.«
    Â»Fein. Ich weiß jetzt aber noch immer nicht, was mit den Puppen ist.«
    Â»Nun, die stellen einen Hinweis dar, einen Kommentar des

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