Die Haischwimmerin
klang dies weder übersinnlich noch entrückt, sondern so, wie ein kettenrauchender Grieche eben spricht. Gleich einem singenden Vulkan.
Das war interessant anzuhören, aber niemand hier beherrschte Griechisch (wobei man bei Galina wohl nicht so genau sagen konnte, was sie beherrschte und was nicht). Jedenfalls grüÃte Ivo auf deutsch und stellte sich und seine Begleiter vor.
»Sie sind Ãsterreicher, nicht wahr?« bemerkte der GroÃe Grieche, eine Stimme einsetzend, die sehr viel femininer klang, als wenn er griechisch redete. Aber nicht in einem piepsigen Sinn. In einem mondänen.
»Richtig«, antwortete Ivo, erklärte aber, schon lange in Deutschland zu leben.
»Und was tun Sie dann hier?« fragte Kallimachos und lieà sich eine neue Zigarette reichen, die von einem kleinen Mädchen zuvor in Brand gesetzt worden war.
Ivo entschied sich für die Wahrheit. Dieser Grieche sah einfach nicht so aus, als könnte oder dürfte man ihn anlügen. Also berichtete Ivo davon, im Auftrag einer Bremer Firma eine spezielle Varietät der Dahurischen Lärche zu suchen.
»Und da nehmen Sie Kind und Frau ins Gebirge mit?«
»Galina ist nicht meine Frau und Spirou nicht mein Kind.«
»Was ich wiederum schade finde«, meinte der Mann, der Kallimachos hieÃ. »Wenn es ein Glück auf der Erde gibt, dann ist es eine Familie.«
»Denken Sie wirklich? Es heiÃt doch oft, die Familie sei die Hölle.«
»Sie muà klein bleiben«, meinte der dicke Mann. »Mit jeder Person, die dazukommt, wird es schwieriger.«
Das fand Ivo recht apodiktisch, widersprach aber nicht, sondern erkundigte sich vorsichtig, ob Kallimachos schon einmal von jener Lärche gehört habe, deren Rinde die gleiche Farbe wie die der jungen Zapfen besitze: Purpur.
»Purpur? Nein, tut mir leid. Aber diese ganze Gegend ist immer für Ãberraschungen gut. Wobei Ihnen schon klar ist, daà Sie so weit oben keine Bäume finden werden, oder?«
Ivo erklärte, auf dem Weg ins nächste Tal zu sein, und wies dabei in nordwestliche Richtung.
»Was wollen Sie eigentlich von dem Baum?« erkundigte sich Kallimachos.
»Ihn fragen, ob er mit nach Deutschland kommt.«
»Mit Bitten allein werden Sie ihn nicht überzeugen.«
»Ich weië, antwortete Ivo.
Kallimachos sagte: »Im Grunde stimmt die Richtung. Denn wenn jemand über diesen Baum Bescheid weiÃ, dann am ehesten die Leute in Toadâs Bread.«
»Toadâs Bread?!«
»Schon mal von dieser Stadt gehört?« fragte der Grieche.
»Sie sprechen jetzt von der Verbrecherrepublik?«
»Ich sehe, Sie kennen sich aus.«
»Nicht wirklich«, sagte Ivo. »Ich wüÃte nicht, wo genau dieser Ort liegt. Wenn er denn wirklich existiert.«
»Das tut er. Und ich kann Sie hinbringen.«
»Zu welchem Preis?« fragte Ivo.
»Man kann mich nicht bezahlen. Ich bin hier ein Gott. Was sollte ein Gott mit Geld tun? Sich ein Kreuz kaufen? Eine Kirche?«
»Und warum helfen Sie mir dann?« fragte Ivo, der eine Falle witterte, weil er durchaus zu denen gehörte, die Fallen für einen Grundbaustein des Lebens hielten. Jene Bereiche, die ohne Fallen waren, ergaben sich allein aus dem Umstand, daà zu viele Fallen am gleichen Ort sich herumsprachen und die potentiellen Opfer dazu zwangen, niemals ihren Bau zu verlassen.
Wie auch immer, Kallimachos erklärte, daà er ohnehin auf dem Weg nach Toadâs Bread sei und man an dieser luftigen Stelle bloà eine Pause eingelegt habe.
»Und was werden Sie dort tun, in Toadâs Bread?« fragte Ivo.
»Meiner Kollegin beistehen.«
»Kollegin? Wie soll ich das verstehen? Eine Göttin etwa?«
»Ja, man könnte diese Frau durchaus als göttlich begreifen. Aber der Begriff der Kollegenschaft ergibt sich daraus, daà ich von Berufs wegen Detektiv bin und diese Frau von Berufs wegen Polizistin.«
»Das muà ich Ihnen jetzt aber nicht glauben, oder?«
»Was?«
»Daà Sie Detektiv sind.«
»Der Sinn des meisten Eindrucks«, verkündete Kallimachos, »ist es, zu täuschen.« Sprach aber gleich wieder über besagte Frau und Kollegin, welche zwar vom deutschen Polizeidienst freigestellt wäre, jüngst aber von den Leuten aus Toadâs Bread gerufen worden sei, ein Verbrechen zu klären.
»Wie? Ich dachte, die sind dort selbst alle
Weitere Kostenlose Bücher