Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)
schaut er sich suchend nach meiner Katze um.
»Hallo, Büchse«, ruft er.
Die Mieze heißt eigentlich Johanna , wird gelegentlich auch Mädili genannt, doch Gustl nennt sie abfällig Büchse . Die beiden kennen sich auch schon viele Jahre, und mein hinterhältiges Katzenkind geht gern zu ihm hin, weil sie weiß, dass er auf Katzenhaare allergisch reagiert. Ganz ungeniert lässt sie sich von ihm kraulen, schaut ihn katholisch an und reibt sich manchmal am blank polierten Leder seiner Schuhe. »Jetzt schubbert sie wieder an meinen Stiefeln«, sagt er dann lachend. Sobald seine Augen rot gerändert sind und er zu niesen anfängt, hat die Büchse ihre Aufgabe erfüllt, zieht sich zufrieden in ihre Kuschelsuite zurück und will nichts mehr von ihm wissen. Meistens nimmt Gustl eine Tablette oder irgendwelche Tropfen, bevor er mich besucht.
Wir setzen uns an den eichenen Tisch meiner Eckbank, was mir Gelegenheit gibt, ab und zu einen verstohlenen Blick auf seinen Zwickel zu werfen, während wir uns unterhalten. Ob er das merkt, weiß ich nicht. Er sagt jedenfalls nichts, sitzt nur breitbeinig da und kratzt sich gelegentlich beiläufig zwischen den Schenkeln, so wie jetzt. Dabei schmunzelt er und blickt in Richtung meines neuen Hi-Fi-Racks.
»Du hast heute gar keine Kaufhausmusik an.«
Er meint meine Vorliebe für Easy-Listening, und ich reagiere angefressen: »Arschloch, die Geräte sind ja noch nicht angeschlossen. Darum bist du ja hier. Oder weißt du das schon nicht mehr?«
»Ach so«, sagt er und grinst wie ein Honigkuchenpferd, »freilich, ich soll dir ja einen reinstöpseln …«
Ich zucke geziert die Schultern wie Albin im Käfig voller Narren . »Stöpseln Sie’n ruhig rein, er wird so lang nicht sein.«
Wir unterhalten uns eine Weile und einigen uns darauf, vorher noch zum Essen zu gehen.
»Wohin gehen wir?«, frage ich, dabei kommen für uns nur drei Lokale in Stuttgart infrage: Ein Weinlokal im Zentrum von Stuttgart am Rand des Nuttenviertels, ein schwäbisches Lokal im Westen oder etwas außerhalb in Feuerbach, ein Gourmet-Tempel, der von zwei netten Typen geführt wird. Gustl ist unschlüssig.
»Ist mir egal«, meint er schulterzuckend.
»Egal gibt’s nicht«, entgegne ich und schlage vor, dorthin zu gehen, wo das Fleisch am leckersten ist. Gustl grinst wieder unverschämt.
»Das auf dem Teller oder das des Wirts?«
»Rindvieh!«, empöre ich mich. Dabei weiß ich genau, dass die Wirte in allen unseren Lieblingslokalen nett sind. Purer Zufall.
Wir einigen uns auf das Lokal in Feuerbach und Gustl fährt. Er hat sich ein neues Auto gekauft, einen Citroën, glaube ich. Die Franzosen sind ja für ultramodernes Design bekannt. Ich verstehe es jedoch blendend, seinen Besitzerstolz im Keim zu ersticken und verziehe anerkennend das Gesicht: »Sehr schön! Nur, wo soll ich einsteigen, ich meine, wo ist da vorne und hinten?«
Gustl reagiert sauer: »Hauptsache, du weißt, wo bei dir vorn und hinten ist!«
Ich setze mich geziert tuckig in das futuristische Gefährt, das sich dann doch als sehr bequem und komfortabel erweist. Weil es erst kurz nach sechs ist, bekommen wir in Feuerbach ohne Probleme einen Platz. Ab acht Uhr abends ist immer alles reserviert.
»Bis dahin sind wir längst wieder weg«, sage ich zu dem netten Wirt, der mich ein wenig an den blonden Sänger von Abba erinnert. Der andere Wirt taucht ebenfalls auf. Die halten uns sicher für ein schwules Pärchen, überlege ich und lege Gustl besitzergreifend die Hand auf die Schulter, um ihn in den Nichtraucher-Raum zu dirigieren. Schon die Begrüßung: »Tag, die Herren«, klingt wie Hohn und entlockt mir ein Grinsen. Das Essen ist wie immer delikat, ein butterzarter Braten mit Kartoffelgratin, der Wein köstlich und exakt temperiert. Da ich nicht fahren muss, kann ich mir noch ein zweites Glas und einen Brandy genehmigen. Um sieben machen wir uns auf den Heimweg.
Zuhause biete ich Gustl ein Wasser an, er darf ja nichts mehr trinken, und setze Kaffee auf.
»Willst du nicht hier übernachten?«, schlage ich vor. »Du kannst auf der Couch schlafen, und ich setze mich daneben und pass’ auf, dass dir kein Leid geschieht.«
Gustl grinst nur in sich hinein. Es ist immer dasselbe Ritual. »Holzauge sei wachsam«, sagt er.
Wir trinken einen Kaffee und machen uns dann an die Arbeit. Ich habe sämtliche Verbindungskabel gesäubert und in einem Karton zurechtgelegt. Elektrogeräte und Kabel ziehen ja den Staub magisch an. Das Rack, das ich
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