Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)
zutraut, Bild -Leser, denen man nur ein wenig Angst vor den Kommunisten zu machen braucht, um sie schwarz wählen zu lassen. Einige sind wegen körperlicher Gebrechen bösartig, aber streng katholisch und konservativ. Beamtentypen, die mit Hut und Mantel gemächlich ihren Audi lenken und auf der Hutablage eine Klorolle mit gehäkeltem Überzug liegen haben, dazu biedere Hausfrauen, die ihrer Rolle als Heimchen am Herd voll gerecht werden.
Hausbackene Kleidung herrscht vor, selbst bei den Jüngeren. Leichter Staubmantel, den Rocksaum ja keinen Zentimeter zu kurz oder zu lang. Normal eben. Die Hose mit korrekter Bügelfalte, nicht zu eng oder zu weit, kaum einer in Jeans. Nur nicht auffallen und sich irgendwie von der grauen Masse abheben. Soviel Vernunft und Normalität stinken zum Himmel.
Nicht alle, die schwarz wählen, sind so, gewiss nicht, doch scheinen hier im Bus die Prototypen versammelt, auch vom Charakter her, soweit man das nach drei Tagen beurteilen kann. Leute, die sonntags brav zur Kirche gehen, aber bei jeder Gelegenheit hinterm Rücken über Freunde und Bekannte herziehen und abends in Weinlaune schweinische Witze erzählen. Am nächsten Morgen wird dann wieder biedere Normalität zur Schau getragen. Nur nicht aus der Rolle fallen, ja nicht zu spät zum Frühstück kommen oder Kaffee auf das Tischtuch kleckern. Durch verspätetes Erscheinen die Abfahrt des Busses zu verzögern, würde bedeuten, dass die Meute, mit der man noch am Vorabend gesellig beisammensaß, wie ein Rudel Wölfe über einen herfiele.
Soviel Verlogenheit widert mich an. Mehrmals während der Reise habe ich mich gefragt, was ich unter diesen Leuten verloren habe. Wäre Hartmut nicht dabei, so hätte ich die Fahrt ohnehin nicht mitgemacht. Er ist der einzige Lichtblick bei dem ganzen Unternehmen. Wir haben es geschichtsträchtig Unternehmen Barbarossa getauft, nachdem Hartmut im Handgepäck eine Piccolo-Flasche Rotwein mitgebracht hatte, die wir zum Entsetzen der anderen Fahrgäste schon auf der Hinfahrt gepackt haben.
Hartmut ist ein ehemaliger Arbeitskollege von mir, Freund wäre vielleicht zu viel gesagt. Wir treffen uns gelegentlich auf ein Bierchen in unserer Stammkneipe, oder er lädt mich auf einen Cognac in seine Wohnung ein, wenn wir uns mal lange nicht gesehen und eine Menge zu erzählen haben. Er ist ein leidenschaftlicher Cognactrinker, und ich bringe ihm bei der Gelegenheit immer eine Flasche mit, möglichst einen, den er noch nicht kennt, auch wenn ich für den Spaß eigens in die Stadt fahren und tief in die Tasche greifen muss.
Wenn wir dann am runden Eichentisch seines Wohnzimmers sitzen, herumblödeln und über alte Zeiten reden, während das edle Gesöff in schweren Kristallschwenkern seine Blume entfaltet, sind das Stunden, die ich nicht missen möchte. Seine Freundin ist auch immer dabei. Die beiden kennen sich schon viele Jahre und passen sehr gut zusammen. Sie ist ein patentes Mädel, nicht besonders hübsch, dafür sehr intelligent und ein richtiger Kumpel zum Pferdestehlen.
Wir haben nie über meine Homosexualität gesprochen, doch besteht für mich kein Zweifel, dass sie Bescheid wissen. Wenn einer über dreißig ist und noch keine Freundin hat, braucht es weiß Gott nicht viel Fantasie, um zu erraten, was mit ihm los ist. Auch die Tatsache, dass mein Sexualleben bei all unseren Gesprächen immer ausgeklammert blieb, sprach für sich.
Hartmut war also schon vergeben, stand mit beiden Beinen am richtigen Ufer und hatte mit Männern nichts am Hut. Irgendwelche Hoffnungen, ihn rumzukriegen, waren folglich zwecklos, doch mir genügte schon, ihn nur anzusehen und seine Nähe zu spüren, so wie jetzt.
Er pennt. Sitzt links neben mir am Mittelgang und hat den Kopf an meine Schulter gelehnt. Ich will ihn nicht wecken und wage mich kaum zu rühren. Ab und zu neige ich nur vorsichtig den Kopf und betrachte ihn wohlwollend von der Seite.
Die ersten grauen Fäden haben sich auch bei ihm ins Haar gesponnen und geben ihm eine gewisse Reife, obwohl er der Typ ewiger Lausejunge ist. Sein Schnauzer bewegt sich ab und zu. Vielleicht träumt er etwas. Seine Wangen sind schlecht rasiert, doch unterstreicht der Stoppelwald, der wie ein dunkler Schatten die Partien um das Kinn und den Hals überhaucht, seine Männlichkeit. Das hellblaue Hemd, das er trägt, sitzt perfekt. Die beiden obersten Knöpfe sind geöffnet. Sein weißes T-Shirt lugt hervor und ein paar Brusthaare, die sich bis zum Hals heraufkräuseln. Im dichten
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