Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Titel: Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. R. Adam
Vom Netzwerk:
auf den Lippen. Ali ist Türke und ein Bild von einem Mann. Er ist etwas kleiner als ich, schätzungsweise einsfünfundsiebzig, drahtig und muskulös, ein Wonneproppen. Er trägt enge Jeans und ein blau-weiß kariertes Kurzarmhemd mit Button-down-Kragen und einem T-Shirt darunter. Sein Gesicht ist filigran, wie aus Alabaster geformt und leicht gebräunt, die Nase stupsig und lebensbejahend, die Lippen fleischig und einen Spalt geöffnet. Seine Wangen sind von zwei süßen Grübchen durchfurcht und wegen des starken Bartwuchses ständig von einem Schatten überhaucht, die Haare kurz geschnitten und an den Schläfen ergraut. George Clooney würde neben ihm erblassen.
    Als ich Ali kennengelernt hatte, trug er noch einen dichten Schnauzer, auf den ich damals total abgefahren war. Dabei brauchte er keinen Bart, um seine Männlichkeit zu unterstreichen. Es war auf der Geburtstagsparty einer Freundin drei oder vier Jahre zuvor gewesen, da war Ali allein erschienen, weil er zu der Zeit schon in Scheidung lebte. Niemand kannte ihn näher, niemand kümmerte sich um ihn. Also ging ich zu ihm hin, weil er mir gefiel, und dann unterhielten wir uns den ganzen Abend, bis die Gastgeberin mit gespielter Empörung daran erinnerte, dass sie auch noch da wäre. Ali und ich tauschten unsere Telefonnummern aus und trafen uns in der Folgezeit gelegentlich auf ein Bier oder zum Essen, ganz zwanglos und ohne dass ich mir irgendwelche Hoffnungen machen konnte. War er auch inzwischen geschieden, so hatte er doch zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn, und mit Männern sicher nichts am Hut. Nachdem ich auf der Fete mit einer Gruppe eindeutiger Schwestern erschienen war, konnte er sich wohl denken, dass ich schwul war, verlor aber nie ein Wort darüber. Fragen nach dem Sexualleben des anderen wurden bei unseren Treffen sorgsam vermieden oder mit einem Lächeln überspielt. Manchmal sah er mich bei unseren Gesprächen strahlend an, wobei mir heiß und kalt wurde, und er konnte im selben Atemzug von seinen Kindern erzählen, die bei der Mutter lebten und sehr unter der Trennung litten.
    Das alles geht mir im Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf, als er mir mit festem Händedruck die Flosse quetscht und mich freudig anstrahlt, wobei sich die Grübchen auf seinen Wangen verstärken.
    »Grüß dich«, sagt er in seinem feinen Dialekt.
    Er spricht nicht das harte Deutsch-Türkisch der meisten Migranten, die in die Bäckerei kommen und Brrrott und Brrretz verlangen. Das Grüß dich klingt aus seinem Mund so filigran und bedächtig, als handelte es sich um eine gesungene Ballade. Dabei hört sich jedes Wort, das er sagt, bedeutungsvoll an. Ich erwidere seinen festen Händedruck, bohre den Blick in seine Augen und entschuldige mich dafür, dass ich ihn in diesem Aufzug empfange, barfuß und nur mit Shorts und einem T-Shirt bekleidet: »Anders hält man es bei der Hitze nicht aus«, erkläre ich, worauf er mit gespieltem Interesse meine Beine inspiziert.
    »Wenn man so schöne haarige Beine hat, kann man die ruhig zeigen«, lacht er.
    Das hat mir noch keiner gesagt. Stachelbeerbeine habe ich schon gehört und Saustallpfosten .
    »Du hast doch sicher auch haarige Beine«, kontere ich, worauf er nur schweigt und schmunzelt. Wir gehen ins Wohnzimmer, wobei er eine Jurismappe in der Luft schwenkt, die er vorher unter den Arm geklemmt hatte.
    »Entschuldige, wenn ich dich so überfalle«, lacht er, während ich mich an seiner bedächtigen Sprechweise nicht satthören kann, »ich habe meine Steuererklärung angefangen und hätte noch ein paar Fragen bezüglich der Reisekosten. Und da ich gerade in der Gegend war, dachte ich, ich schau mal, ob du zuhause bist.«
    »Ist schon in Ordnung«, sage ich, wohl wissend, dass in seiner Kultur überraschende Besuche bei Freunden und Verwandten üblich sind und biete ihm etwas zu trinken an.
    »Einen Orangensaft mit Amaretto vielleicht«, schlage ich vor.
    »Woher kennst du mein Lieblingsgetränk?«, fragt er verwundert.
    Nun bin ich es, der schmunzelt. Er hatte es mir auf jener Geburtstagsfete, auf der wir uns kennengelernt hatten, verraten, und ich erinnere mich an jedes Wort unseres damaligen Gesprächs.
    Als ich mit den eisgekühlten Getränken aus der Küche zurückkehre, sitzt er auf der Couch und fächelt sich mit der Jurismappe Luft zu.
    »Dass du das aushältst in den dicken Klamotten, Hemd und Unterhemd und den warmen Jeans«, sage ich provozierend, worauf er mir plusternd zustimmt: »Du hast recht, es ist

Weitere Kostenlose Bücher