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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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gut. Seit wann sind Sie aus Irland wieder zurück?«
    »Seit gestern.«
    »Konnten Sie Fitzgerald noch etwas entlocken?«
    »Nicht viel.« Er lächelte.
    »Er ist ein bisschen schwierig, aber das haben Sie ja selbst erlebt.«
    »Ja.«
    »Ich muss noch einmal zu ihm. In einem Monat oder so. Er hat ja auch hin und wieder einen gesprächigen Tag. So wie bei Ihnen. Er war sehr enttäuscht, dass Sie so schnell wieder abreisen mussten.«
    Er hielt ihr die Tür auf. Als sie hindurchging, meinte sie, ihn hinzufügen zu hören: »Wie wir alle.«
    Draußen hing ein mattweißer Himmel über ihnen. Lexie stellte sich an die Bordsteinkante und sah die Fleet Street auf und ab. »Keine Taxen«, sagte sie. »Typisch.«
    »Es gibt nie ein Taxi, wenn man mal eines braucht.« Er räusperte sich, verschränkte die Arme, ließ sie wieder herunterhängen. »Wie geht es Theo?«
    »Er ist etwas erkältet. Aber sonst geht’s ihm gut.«
    Robert stellte sich neben sie. »Es bedeutet ›Geschenk Gottes‹«, sagte er.
    »Was denn?« Lexie hörte nicht richtig zu, sie konzentrierte sich auf den Verkehr und hielt nach einer orangefarbenen Leuchte Ausschau.

    »Sein Name. Theodore.«
    Sie sah ihn erstaunt an. »Tatsächlich?«
    »Ja. Er kommt aus dem Griechischen, zusammengesetzt aus theos , Gott, und doron , Geschenk.«
    »Das wusste ich ja gar nicht. Geschenk Gottes. Das weiß außer Ihnen bestimmt kein Mensch.«
    Sie schwiegen. Zwei Menschen, die im faden Londoner Sonnenschein auf dem Bürgersteig standen und auf ein Taxi warteten. Eine schlichte Szene, die plötzlich mit Bedeutung aufgeladen zu sein schien. Lexie war sich nicht sicher, woher dieses Gefühl rührte. Sie musste schlucken und den Blick senken, um den Kopf wieder frei zu bekommen. »Es war schön, Sie wiederzusehen«, sagte sie, weil es stimmte, und weil sie sich um nichts in der Welt erklären konnte, warum er gekommen war, was er hier wollte, an einem Mittwochmorgen in der Fleet Street.
    »Ja?« Er fuhr sich durchs Haar. Dann reckte er den Arm in die Luft. »Es geht ja doch«, sagte er. »Sehen Sie?« Ein Taxi wurde langsamer, machte einen Schlenker und hielt vor ihnen an.
    »Gott sei Dank«, antwortete Lexie und stieg ein. Robert schloss die Tür. »Auf Wiedersehen«, sagte sie und gab ihm durchs Fenster die Hand. »Tut mir leid, dass ich es so eilig habe.«
    Er hielt ihre Hand fest. »Das tut mir auch leid.«
    »Ich habe mich gef reut, Sie wiederzusehen.«
    »Ich habe mich auch gef reut.« Sie redeten wie zwei Karikaturen oder wie Figuren in einem sehr schlechten Theaterstück. Es war unerträglich. Er ließ ihre Hand los, und dann fuhr sie auch schon und sah durch das Taxifenster, wie seine Gestalt immer kleiner wurde.
    Als sie einige Tage später in die Reaktion kam, winkte
ihr ihr Kollege Daniel mit dem Telefonhörer. »Für dich, Lexie.«
    »Lexie Sinclair«, meldete sie sich.
    »Robert Lowe hier«, sagte eine vertraute Stimme. »Verraten Sie mir etwas? Müssen Sie heute auch wieder durch die Weltgeschichte gondeln?«
    »Nein. Heute nicht. Mal sehen. Was steht heute auf dem Programm? Ein fauler Tag. Vergleichsweise zumindest.«
    »Verstehe. Mir ist nicht ganz klar, was Sie unter einem faulen Tag verstehen, aber könnte er auch ein Mittagessen mit einschließen?«
    »Könnte er.«
    »Gut. Dann warte ich um eins unten auf Sie.«
    Sie kamen sofort zur Sache. Es gab kein Abtasten, kein verspieltes Drumherum, keine Unsicherheit, keine Verführung. Sie verzichteten auf jede Begrüßung. Lexie holte ihre Zigaretten heraus.
    »Sie kommen mir so vor«, sagte er statt einer Begrüßung, »als ob ein Geheimnis bei Ihnen gut aufgehoben wäre.«
    »In welcher Hinsicht?«, fragte sie und kramte in ihrer Handtasche nach Streichhölzern.
    »Dass Sie es für sich behalten können.«
    »Ach so. Ja.« Sie zündete sich die Zigarette an. »Ja, natürlich.«
    »Sie wissen, dass ich verheiratet bin?«
    »Ja.«
    »Genau wie Sie.« Er wischte den Widerspruch, der ihr auf den Lippen lag, mit einer Handbewegung beiseite. »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich habe nicht die Absicht, meine Frau zu verlassen.«
    Lexie stieß den Rauch aus. »Nichtsdestotrotz …«
    »Was sollen wir machen?«

    Sie überlegte kurz. Später kam ihr der Gedanke, dass er vielleicht nur ein Restaurant gemeint hatte. Aber was sie vorschlug war: »Ein Hotel?«

    So leicht kann es manchmal gehen.
    Sie fuhren in die Nähe des Britischen Museums, wo es mehrere Stundenhotels gab. Lexie f ragte Robert nicht, woher er das wusste.

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