Die Hand die damals meine hielt - Roman
du das?« Seine Hände fühlten sich heiß und klamm an.
»Weil wir uns gefunden haben. Nach dem, was wir haben, suchen manche Leute ihr Leben lang.«
Nachdenklich drückte Lexie seine Hand. »Du hast recht. Wir sind Glückskinder. Und wir werden dafür sorgen, dass unsere Glückssträhne nicht reißt.« Sie rang sich ein Lächeln ab.
»Es hat dir doch nicht allzu viel ausgemacht, oder? Diese andere Sache?« Er starrte sie fragend an.
»Was für eine andere Sache?«
»Das mit dem Heiraten.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie bestimmt. »Ganz ehrlich nicht. Nein.«
Da lächelte er. »Gut.« Innes wälzte sich unruhig herum. »Aber trotzdem, ich dachte gerade …« Er griff hinter sich und versuchte, sich die Kissen zurechtzurücken.
Sie stand auf, um ihm zu helfen. »Was dachtest du?«
»Ich würde gern mit Clifford reden.«
»Clifford?« Sie drehte ihm den Rücken zu und schenkte ihm aus einem Krug ein Glas Wasser ein.
»Mein Anwalt.«
Sie drehte sich verwundert um. »Wozu denn das?«
Er wollte das Wasser nicht. »Deinetwegen.«
»Meinetwegen?«
»Ich mache mir Sorgen um dich. Was aus dir werden soll, wenn ich mal nicht mehr bin.«
»Innes!« Lexie knallte das Glas Wasser auf den Nachttisch. »Du wirst nicht …«
Er legte ihr den Finger auf die Lippen. »Pst«, flüsterte er. »Mein kleiner Knallf rosch.« Er grinste. »Der kleinste Funke und schon explodierst du.« Er zog sie zu sich aufs Bett. »Ich meine doch nicht unbedingt jetzt sofort. Ich meine irgendwann. Seit ich hier liege, beschäftigt mich dieser Gedanke. Ich habe noch nicht mal ein Testament gemacht. Dazu bin ich nie gekommen. Aber es wäre wichtig. Vor allem für dich. Sonst reißt sich Gloria alles unter den Nagel - das bisschen, was ich habe -, und du sitzt auf der Straße.« Er zwickte sie sacht ins Ohr, wickelte sich eine ihrer Haarsträhnen um den Finger. »Und das könnte ich nicht ertragen. Ich könnte nicht in Frieden ruhen. Ich wäre der unglücklichste Geist, der im Jenseits herumspukt. Du bist meine Frau und mein Leben. Das weißt du doch, ja?«
Sie hielt seine Hand fest und drückte einen wütenden Kuss darauf. »Du Vollidiot«, sagte sie. »Was soll denn dieses Gerede? Jetzt hast du mir die ganze Wimperntusche ruiniert.« Sie warf sich neben ihn, schmiegte sich an ihn und barg das Gesicht an seiner Brust.
»Rufst du Clifford für mich an? Seine Nummer steht in meinem Adressbuch. Clifford Menks.«
Sie stützte sich auf einen Ellenbogen. »Innes, hör zu. Du darfst nicht solche Sachen sagen. Das gefällt mir ganz und gar nicht. Du stirbst nicht. Jedenfalls nicht so bald.«
Er griente. »Ich weiß. Aber tu mir den Gefallen, und ruf ihn trotzdem an. Mir zuliebe. Sei ein braves Mädchen.«
Innes starb in derselben Nacht. Seine Rippenfellentzündung griff auf die Lunge über. Er starb um circa drei Uhr, an Fieber und Atemnot. Es war niemand bei ihm. Die Nachtschwester holte gerade einen Arzt. Als sie mit ihm zurückkam, war es zu spät.
Dass Innes, ihre große Liebe, allein gestorben war: Das sollte Lexie niemals verwinden. Dass sie geschlafen hatte, auf der anderen Seite der Stadt, in ihrem gemeinsamen Bett, als er seinen letzten Atemzug tat, als sein Herz aufhörte zu schlagen. Dass der Arzt nicht greifbar gewesen war, sondern in einem Zimmer am Ende des Ganges ein Nickerchen machte. Dass sie erfolglos versucht hatten, ihn wiederzuleben. Dass sie nicht da war, dass sie nichts wusste, dass sie nicht bei ihm sein konnte, in diesem Moment nicht und nie wieder.
Natürlich wurde sie nicht verständigt. Sie war ja nur die verbotene, heimliche Geliebte. Als sie um Punkt vierzehn Uhr unbeschwert im Krankenhaus eintraf, bewaffnet mit einem Veilchenstrauß, einer Zeitung, zwei Illustrierten und Innes’ Lieblingsschal aus Kaschmir, wurde sie von zwei Krankenschwestern abgefangen. Eine von ihnen war der Dragoner, den sie noch vom ersten Abend kannte.
»Leider muss ich Ihnen mitteilen, Miss … « - mit einer vielsagenden Betonung auf dem letzten Wort, als ob sie Lexie wissen lassen wollte, dass sie Bescheid wusste und vielleicht schon von Anfang an Bescheid gewusst hatte - »… dass Mr. Kent letzte Nacht verstorben ist.«
Lexie wären fast die hochglanzglatten Illustrierten aus der Hand gerutscht. Sie sagte: »Das kann nicht sein.«
Die Schwester sah zu Boden. »Aber es ist leider so.«
Sie sagte: »Nein.« Ganz selbstverständlich. Und noch einmal: »Nein.« Behutsam legte sie die Veilchen auf einen
Tisch, die
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