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Die Hand die damals meine hielt - Roman

Titel: Die Hand die damals meine hielt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie O Farrell
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Anflug von Widerwillen, vermischt mit Angst, huschte über seine Züge, bevor er sich schnell wieder auf seinen Stuhl flüchtete. »Wunderschön«, verkündete er. »Perfekt. Wie wollen wir ihn nennen?«
    »Theo.«
    »Ach.«
    »Kurz für Theodore.«
    »Ist das nicht ein bisschen zu …?« Er lächelte. »Warum Theodore?«

    »Weil mir der Name gefällt. Und zu ihm passt.«
    Er fasste nach ihrer Hand. »Mein Liebling«, begann er leise. »Ich habe beim Hereinkommen mit den Schwestern gesprochen. Sie sind der Meinung - die ich natürlich voll und ganz teile -, dass du unmöglich allein leben kannst. Ich finde wirklich …«
    »Fang nicht wieder damit an, Felix.«
    »Willst du nicht zu mir in die Gilliland Street ziehen?«
    »Nein.«
    »Ich rede nicht vom Heiraten, ehrlich nicht. Aber überleg es dir. Wir zwei, unter einem Dach …«
    »Drei.«
    »Wie bitte?«
    »Das Kind, Felix.«
    »Aber natürlich, drei. Ein Versprecher. Wir drei, unter einem Dach. Das wäre das Beste. Die Schwestern finden das auch, und …«
    »Sei still!«, fuhr Lexie ihn an, so laut, dass einige der in Bettjäckchen gehüllten Mütter zu ihnen herübersahen. »Und was unterstehst du dich überhaupt, hinter meinem Rücken mit den Schwestern über mich zu reden? Was bildest du dir eigentlich ein? Ich werde nicht mit dir zusammenleben. Niemals.«
    Felix ließ sich nicht erschüttern. »Wir werden sehen«, sagte er und schloss seine Hand um die ihre.
    Lexie verlässt das Krankenhaus auf eigene Verantwortung so schnell wie möglich - sie kann die plumpe Vertraulichkeit auf der Station nicht ertragen, dieses quasi öffentliche Leben. Sie fährt mit dem Kind im Taxi nach Hause. Es erscheint ihr als eine äußerst simple Gleichung: Sie ist als ein Mensch ins Krankenhaus gegangen, sie kommt als zwei Menschen wieder zurück. Theo schläft in der untersten
Schublade einer Kommode. Lexie fährt ihn in einem großen, quietschenden silberfarbenen Kinderwagen spazieren, den sie von einer Nachbarin geschenkt bekommen hat. Sie ist fast immer die halbe Nacht auf. Obwohl sie damit gerechnet hat, zehrt es an ihren Kräften. Sie steht im Morgenrock mit dem Kind am Fenster, sieht auf die Straße hinunter, wartet auf das Surr-stop-surr des Milchwagens und fragt sich, ob sie in der ganzen Stadt der einzige Mensch ist, der nicht schläft. Theos Köpfchen liegt warm und schwer in ihrer linken Armbeuge, immer in der linken, sein Ohr an ihrem Herzen, die Glieder im Schlaf erschlafft. Im Zimmer schimmert metallisch weiß die Morgendämmerung herauf. Um das Bett herum liegen die Spuren der langen Nacht, die sie zusammen hinter sich gebracht haben: mehrere volle Windeln, zwei zerknüllte Spucktücher, ein leeres Glas Wasser, ein Töpfchen Zinksalbe. Lexie bleibt mit dem nackten Fuß an der Teppichkante hängen und sieht erschrocken ihren Sohn an. Seine schlafenden Züge umwölken sich für einen Augenblick, dann entspannen sie sich wieder. Sein Händchen hebt sich und fährt durch die Luft - er sucht etwas, zum Festhalten, zum Greifen, zum Trost -, und als er eine Falte ihres Morgenrocks erwischt, klammert er sich entschlossen fest.
    Der Schock des Mutterseins besteht für Lexie nicht in der Schlaflosigkeit, nicht in den Erschöpfungstiefs, nicht in den Beschneidungen ihrer Freiheit, die sie auf die unmittelbare Nachbarschaft einengen, sondern in der schieren Menge an Hausarbeit: im ständigen Waschen, Zusammenlegen und Trocknen. Vor Langeweile und Wut kommen ihr dabei fast die Tränen, und mehr als einmal wirft sie einen Armvoll Wäsche an die Wand. Die anderen Mütter, denen sie auf der Straße begegnet, sehen alle so kompetent, so beherrscht
aus, die Handtasche über dem Kinderwagengriff, die akkurat festgesteckten, fein bestickten Laken. Aber was ist mit dem Waschen ?, möchte Lexie sie f ragen. Hasst ihr das Aufhängen und Zusammenlegen nicht auch?
    Theo wächst aus der Schublade heraus. Er wächst aus den selbstgestrickten, geschenkten Jäckchen heraus. Auch das kommt für Lexie nicht überraschend, aber schneller als erwartet. Sie ruft beim Courier an. Sie schreibt einen Artikel über die Anthony-Caro-Ausstellung in der Hayward Gallery und kann ein Bettchen kaufen. Theo wächst, bis er mit den Füßen unten am Kinderwagen anstößt. Sie ruft wieder beim Courier an und wird zu einer Redaktionssitzung eingeladen. Theo nimmt sie mit. Carruthers ist anfangs entsetzt, dann fasziniert. Lexie lässt Theo während der Besprechung auf ihren Knien wippen. Sie bekommt den Auftrag,

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