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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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wieder verworfen. »Dabei gibt es zwei Probleme. Erstens haben wir damit statt dem Rätsel, wie die Abdrücke mitten im Nichts enden können, das neue Rätsel, wie sie mitten im Nichts anfangen können. Zweitens ist der Abstand zwischen den Spuren sehr gleichmäßig. Es ist kaum vorstellbar, dass jemand fast einen Kilometer rückwärts durch den Wald läuft, ohne auch nur einmal zu stolpern.«
    Doch es freute ihn, dass Madeleine Interesse zeigte, und weil er sie darin bestärken wollte, fügte er voller Wärme hinzu: »Aber das ist wirklich ein faszinierender Gedanke - vielleicht fällt dir ja noch was ein.«
     
    Um zwei Uhr nachts starrte Gurney auf das Rechteck des Schlafzimmerfensters, das vom wolkenverhüllten Viertelmond schwach beschienen wurde. Er konnte nicht schlafen, weil er noch immer grübelte - unter anderem über Madeleines Äußerung, dass die Richtung, in die die Fußabdrücke deuteten, und die Richtung, in der sie tatsächlich verliefen, voneinander getrennt betrachtet werden mussten. Das stimmte zwar, aber was brachte das für die Deutung der Daten? Selbst wenn jemand ohne den kleinsten Fehltritt über unebenes Gelände so weit rückwärtslaufen konnte, was vollkommen ausgeschlossen war,
machte diese Hypothese doch nur aus dem unerklärlichen Ende der Spur einen unerklärlichen Anfang.
    Oder?
    Angenommen …
    Aber das konnte nicht sein. Trotzdem, einfach nur mal angenommen …
    Um mit Sherlock Holmes zu sprechen: Wenn man das Unmögliche eliminiert hat, muss das, was bleibt, die Wahrheit sein, auch wenn es noch so unwahrscheinlich ist.
    »Madeleine?«
    »Hmm?«
    »Entschuldige, dass ich dich geweckt habe. Es ist wichtig.«
    Ihre Antwort war ein langes Seufzen.
    »Bist du wach?«
    »Jetzt schon.«
    »Hör zu. Angenommen, der Mörder betritt das Grundstück nicht von der Hauptstraße, sondern von der Nebenstraße. Angenommen, er trifft mehrere Stunden vor dem Verbrechen ein, und zwar kurz, bevor es anfängt zu schneien. Angenommen, er marschiert von der Rückseite mit seinem Gartenstuhl und der anderen Ausrüstung in den kleinen Kiefernhain, zieht den Tyvekoverall und die Latexhandschuhe an und wartet.«
    »Im Wald?«
    »Im Kiefernhain, an der Stelle, die wir für das Ende der Spuren gehalten haben. Dort sitzt er, bis kurz vor Mitternacht der Schneefall aufhört. Dann steht er auf, nimmt den Stuhl, die Whiskeyflasche, den Revolver und das Abspielgerät und marschiert achthundert Meter weit zum Haus. Unterwegs ruft er Mellery mit dem Handy an, damit er wach ist und das Tiergekreisch aus der Konserve auch hört …«

    »Warte mal. Hast du nicht gesagt, dass er nicht rückwärts durch den Wald laufen konnte?«
    »Ist er auch nicht. Du hattest Recht: Die Richtung der Stiefelspitzen muss von der tatsächlichen Richtung unterschieden werden. Aber wir brauchen noch eine Unterscheidung. Angenommen, wir trennen die Sohlen von Stiefeloberteilen.«
    »Wie soll das gehen?«
    »Der Mörder muss nur die Sohlen von einem Paar lösen und sie auf ein anderes Paar kleben - verkehrt herum. Dann kann er bequem vorwärtsmarschieren und eine Fährte mit sauberen Abdrücken hinterlassen, die in die Gegenrichtung deuten.
    »Und der Gartenstuhl?«
    »Den trägt er zur Terrasse. Vielleicht legt er seine verschiedenen Sachen darauf, während er den Anorak als Schalldämpfer um seinen Revolver wickelt. Die Stuhlabdrücke kann er leicht mit den Stiefelspuren verwischt haben, damit sie später niemand sieht. Dann spielt er seine Aufnahme mit den Tierlauten ab, um Mellery zur Hintertür zu locken. Natürlich sind zum genauen Hergang Varianten denkbar. Auf jeden Fall kommt Mellery auf die Terrasse und wird erschossen. Als er zusammenbricht, nimmt der Mörder die zerbrochene Flasche und sticht mehrmals auf ihn ein. Dann wirft er die Flasche zurück in die Richtung, aus der er gekommen ist, neben die Fußspuren, die er auf dem Weg zur Terrasse hinterlassen hat, die aber natürlich in die andere Richtung deuten.«
    »Warum hat er sie nicht einfach bei der Leiche liegen lassen oder mitgenommen?«
    »Er hat sie nicht mitgenommen, weil er wollte, dass wir sie finden. Die Whiskeyflasche gehört zu dem Spiel, sie gehört zu dem Ganzen, worum es hier geht. Vermutlich
hat er sie neben die Fährte geworfen, um dem Trick mit den umgekehrten Spuren das Sahnehäubchen aufzusetzen.«
    »Ein ziemlich subtiles Detail.«
    »Genauso wie das Hinterlassen von einem Paar Stiefeln an der Stelle, die wir für das Ende der Fährte gehalten haben. Doch in

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