Die Heidehexe - Historischer Roman
ich für Recht und Freiheit kämpfe, während die Pfaffen uns Protestanten unterjochen wollen. Halunken, die Menschenwürde mit Füßen treten. Und Kaiser Ferdinand ist der größte Verbrecher.“
Niemand der Anwesenden ging auf Christians eitle Selbstgefälligkeiten ein, kannten sie dessen Wichtigtuerei doch bis zum Erbrechen, nahmen ihm die Prahlerei nicht übel, schrieben Streitsucht und Jähzorn seiner Jugend zu. Ein Jüngling, der, unerfahren in der Kriegsstrategie, viel zu früh die Heeresleitung vom Pfalzgrafen übertragen bekommen hatte, und von ihm so schmählich aus seinen Diensten entlassen worden war, als er ihm nicht mehr nützte. Trotzdem gab er nicht auf, um Friedrich und dessen Frau, die er immer noch abgöttisch liebte, den böhmischen Thron zurückzuerobern.
Richard Sander machte sich auf den Weg, den Ärzten und Heilerinnen Bescheid zu geben, natürlich auch Isabella, die er für die Kundigste hielt.
An Schlaf war in dieser Nacht nicht zu denken. Keiner konnte sicher sein, den morgigen Tag zu überleben. Aber trotz der Furcht, die in den Herzen der Soldaten keimte, waren sie begierig darauf, sich mit dem Feind zu messen, ihren Mut und Kampfesgeist in der Schlacht bei Fleury zu beweisen.
Finster war es am neunundzwanzigsten August, als Christian und der Mansfelder ins feindliche Lager eindrangen. Mansfeld befehligte das Fußvolk mit ihren langen Piken und Speeren, Christian die Kavallerie mit Musketen und Schwertern.
Die Spanier hatten nicht so früh mit ihnen gerechnet, taumelten den Angreifern schlaftrunken entgegen. Anfangs vermochten die Protestanten den Überraschungseffekt zu nutzen und einer Vielzahl von Katholiken das Leben zu nehmen. Schmerzvoll gingen sie zugrunde. Und neben den Truppen kreiste Pavor, schrie den Spaniern zu: „Ab nach Hause in euer Land. Ihr habt hier nichts verloren!“ Sie zielten auf den Raben. Er entkam ihnen.
Zwar verfügte Cordobas nicht über so viel Reiter, dafür war die Infanterie der des Mansfelders weit überlegen. Freund und Feind lagen im Sterben wirr durcheinander.
Was für eine Schlacht! Grausiger kann es in der Hölle nicht zugehen. Die Spanier spießten auf, wen immer sie erwischen konnten. Ein einziges riesiges Blutbad, durch das sie wateten und Mansfelds Truppen weiter zurücktrieben. Ernst von Mansfeld, ein besonnener Mann, der wusste, wann eine Schlacht als verloren galt, wich der Überlegenheit der Spanier.
Nicht so Christian. Tollkühn warf er sich mit seiner Kavallerie auf die Soldaten der großkalibrigen Geschütze, eroberte die Artillerie und schlug anschließend zwei Regimenter, die in spanischen Diensten standen. Ein Ritter ohne Furcht und Tadel.
Elf Stunden dauerte die Schlacht und drei Pferde wurden unter dem Fürsten weggeschossen. Er kämpfte weiter. An seiner Seite Victor von Grimmshagen. Der sah, wie eine feindliche Kugel die Hand des Freundes traf und die wachsamen Gegner ihn sofort umzingelten. Er sprang vom Ross, wollte ihm zu Hilfe eilen. Noch bevor er ihn erreicht hatte, schlug ihm ein spanischer Reiter mit seinem Schwert den rechten Unterschenkel ab. Ein einziger kraftvoller Hieb durchtrennte Muskeln, Gewebe, Sehnen, Knochen. Und das Bein fiel in den Staub wie ein überflüssiges Anhängsel. Der Graf schrie vor Schmerz, stürzte, wälzte sich in seinem Blute.
Verdammt, Walhall will nicht länger auf mich warten, fluchte er stumm, um gleich darauf ein Stoßgebet zum Himmel zu senden. Und plötzlich stand der rettende Engel vor ihm: Isabella.
Pavor hatte ihr verkündet, dass Victor in Gefahr sei und sie alle winselnden Verletzten liegen lassen und ihre Kiepe geschnappt. Die Rothaarige kam gerade noch rechtzeitig. Ohne ein Wort zu verlieren, drückte sie mit bloßen Händen die Arterie zu, sodass der Blutverlust gestoppt wurde.
Nachdem Isabella ihm ein Betäubungsmittel verabreichte, traf wenige Minuten später der Wundarzt ein, tauchte den Stumpf in einen Eimer mit siedendem Öl.
Christian war im Eifer des Gefechts entgangen, dass eine Muskete seine linke Hand durchschossen hatte. Er weigerte sich, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, ritt siegreich mit seinen Mannen im Lager ein. Die Soldaten standen, Gewehr bei Fuß, Spalier und brüllten: „Heil Christian, dem tapfersten Recken unter der Sonne!“
Der Fürst war glücklich. Er hatte die schwerste, aber auch ruhmreichste Schlacht seines jungen Lebens gewonnen. Was störten ihn da Schmerzen in der Hand, die sich jetzt bemerkbar machten, da er zur Ruhe kam. Sie
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