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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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seinen Atem spürte, löste den Schlüssel für ihre Handschellen von seinem Gurt, schloss sie auf, nahm Isabella sanft in robuste Arme.
    „L ehn deinen Kopf an meine Schulter. Ich bin dein Freund, dein Beschützer, dein Erretter, werde dir helfen. Niemand darf dir je wieder etwas zuleide tun.“
    Diese Stimme. Woher kannte sie die bloß? Sie klang vertraut, und doch verband Isabella unglückliche Zeiten damit.
    „Henker, was veranlasst Euch, mir zu helfen? Warum nennt Ihr Euch meinen Freund?“, fragte sie unsicher. Bevor er antworten konnte, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
    „Paul?“
    Er schlug die Kapuze zurück. Kein Zweifel, es war ihr ehemaliger Nachbarsjunge. Sein Aussehen hatte sich verändert. Aus dem unbeholfenen Knaben war ein kerniger Bursche geworden, der noch dazu gut aussah. Gewachsen war er, das kindliche Gesicht vergangener Jugend gefolgt. Durch markante Züge ersetzt. Aber seine wassergrauen Augen lachten noch genauso schelmisch wie damals, trotz des todbringenden Berufs.
    „Ja, ich bin es. Paul Gebhard von nebenan, der schon immer in dich vernarrt war.“  
    Isabella zog die Stirne kraus. „Das verstehe ich nicht. Wie kommt es, dass Du Henkermeister bist? Kannst du das nicht erst werden, wenn dein Vater stirbt?“
    „Er ist bereits seit drei Jahren tot. Ich bin sein legitimer Nachfolger.“
    „Aha. Und was hat dich nach Paderborn verschlagen?“
    „Die Liebe, Isabella, die Liebe zu dir. Als ich hörte, dass du im Narrenturm einsitzt, war mir sofort klar, dass du früher oder später auf dem Scheiterhaufen enden würdest. Das musste ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern. Als vor zwei Jahren der hiesige Henker verschied, erschien mir das wie ein Zeichen vom Himmel. Ich bewarb mich um das Amt, habe es auf Anhieb bekommen.“
    „Und jetzt willst du mich retten?“
    „Natürlich. Weshalb sonst hätte ich die Heimat verlassen sollen? A ber jetzt nicht noch weitere Fragen. Die Situation ist mehr als heikel. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Dein Vater wartet in einer Seitenstraße mit der Kutsche auf uns. Wenn wir die erreicht haben, ist die größte Gefahr gebannt.“
    „Mein Vater?“, fragte Isabella entgeistert. „Wer, um Himmels willen, ist mein Vater?“
    „Keine Fragen mehr, war die Bedingung. Schließlich riskiere auch ich Kopf und Kragen, wenn wir erwischt werden. Aber damit du Ruhe gibst, werde ich es dir noch sagen. Dein Vater ist Richard Sander. Die alte Zigeunerin verriet es ihm, obwohl sie deiner Mutter hoch und heilig versprochen hatte, den Namen deines Erzeugers nie preiszugeben.“
    Isabella stolperte von einem Extrem ins andere. Eben noch der Schwermut verfallen, den nahen Tod vor Augen, taumelte sie nun voll Euphorie der Freiheit entgegen.
    Freiheit. Welch süßer Zauber haftet diesem Wort an. Nur wer dem Kerker entrinnt, kann sie gebührend würdigen, dachte sie. Freiheit. Höchstes Gut des Menschen. 
    Dass Richard Sander ihr Vater war, verstärkte das Glücksgefühl um ein Vielfaches. Hegte sie doch, seitdem sie ihre ersten Worte hatte plappern könne n, töchterliche Gefühle für ihn, den mutigen Hünen. Als kleines Kind war er von ihr mehrmals Papa genannt worden, was er sich entschieden verbeten hatte.
Und nun wartete er in der Kutsche als leiblicher Vater auf sie, um ihr zur Flucht zu verhelfen.
    „Mein Vater“, sagte sie leise. „Wie ungewohnt.“
    Auf Zehenspitzen schlichen Paul und Isabella durch die labyrinthartigen Gänge. Vorbei an ausgemergelten Gestalten in vergitterten Kä figen, von denen keine schlief, sondern jede ihnen aus Angstaugen wimmernd hinterher blickte. Der Tod hockte ihnen grinsend im Nacken.
    Am liebsten wollte Isabella alle befreien, hatte sie doch bis vor einer halben Stunde deren Los geteilt. Sie wusste, dass es für die armen Seelen keine Hoffnung gab. Worte des Trostes würden wie Hohn klingen. Also schaute sie weder rechts noch links. Klammerte sich an Paul, der zielstrebig dem Ausgang entgegensteuerte.
    Wie kann er nur dieses abscheuliche Handwerk ausüben, schoss es ihr in den Sinn, kennt er kein Mitleid?
    Jetzt schloss er mit einem riesigen Schlüssel das eiserne Tor auf. Es quietschte und Isabella befürchtete, in letzter Sekunde geschnappt zu werden. Herr, hilf, sandte sie ein Stoßgebet zum Himmel. Dann atmete sie den Duft der Freiheit! Ließ die sie eben überkommene Teilnahme den anderen Gefangenen gegenüber hinter sich, wollte nur noch vergessen.
    Nie hatte sie sich so leicht, ja,

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