Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
Vom Netzwerk:
zu helfen. Immer wirst du gefangen bleiben.“
    Dann wich das Stundenbitter nicht von ihrer Seite, die Ängste kamen näher, noch näher als sonst. In den Ecken  knister te und knarrte es. Gänsehaut jagte über ihren Körper.
    Als sich das Jahr dem Ende zuneigte, war wieder die Visite fällig, die über ein weiteres Verweilen in dem Schreckensgemäuer oder die Entlassung entschied. Mit jeder Faser ihres Herzens klammerte sich Isabella an diesen Strohhalm.  
    Wie groß war ihr Erstaunen, als nicht der wohlbekannte, gütige Arzt im Untersuchungszimmer ihrer harrte, sondern ein junger, hochgewachsener Medikus mit wallendem Blondhaar, der, ihr den Rücken zugekehrt, aus dem Fenster das Schneetreiben betrachtete und keine Anstalten machte, sich umzudrehen. Spielten Wunschgedanken ihr einen Streich?
    „Alwin?“, fragte sie ungläubig.
    Er war es. Seit jenem verhängnisvollen Tag hatte er das unterbrochene Medizinstudium wieder aufgenommen, war längst ausgebildeter Arzt. Und ein guter obendrein.
    Der Graf wandte sich dem Direktor der Irrenanstalt und Isabellas Aufseher zu und sagte schneidend: „Die Insassin ist vom Wahn genesen, kann umgehend dem Scharfrichter überstellt werden.“
    „Alwin, teurer Schwager, was redest du da?“ Isabella fasste nicht, was der Angesprochene von sich gab.
    Er würdigte sie keines Blickes, starrte weiter nach draußen.
    „So sag doch, was ich verbrochen habe. Du liebtest und begehrtest mich seit unserem Kennenlernen. Ist es enttäuschte Liebe, die dich so reden lässt?“
    Alwin lachte spöttisch. „Hast du vergessen, was deine Mutter und dein Bruder Victor, mit dem du in Blutschande lebtest, meiner Familie angetan haben, Hexe?“
    In all den Jahren hatte Isabella nie darüber nachgedacht , war die ganze Zeit in ihrem eigenen Leid versunken gewesen. Plötzlich wurde ihr bewusst, was Alwin bei Victors Lebensbeichte empfunden haben musste. Sie schämte sich.
    „Ich habe von allem nichts gewusst, Alwin. Bitte verzeih. Grüß Bernhard von mir.“
    Der Direktor mischte sich sein: „Bernhard Graf von Grimmshagen ist bereits vor vier Jahren an einer Lungenentzündung gestorben. Der Doktor ist seitdem der rechtmäßige Graf.“
    Isabella erschrak, fing sich aber sogleich. „Alwin, das tut mir leid. Aufrichtig leid. Ich liebte ihn wie einen Bruder.“
    „Kein Wort mehr, Heidehexe. Sonst nehme ich dem Henker hier und heute die Arbeit ab.“
    „Oho, da hat Fürst Ulrich aber auch noch ein Wörtchen mitzureden. Er ist der Landesherr, nicht du, Alwin.“
    „Er hat ebenfalls längst das Zeitliche gesegnet“, flüsterte Direktor Kaune ihr ins Ohr.
    „Dann wende ich mich an seinen Onkel, den Dänenkönig. Der lässt mich nicht im Stich.“
    Jetzt drehte Alwin sich um, schaute sie von oben bis unten an. Seine Stimme war kälter als Eis. „Auch tot, Hure. Ja, der Dänenkönig ist in der Schlacht    gefallen. Hast keinen Fürsprecher mehr, dem du die Sinne rauben kannst.“
    Er befahl dem Direktor: „Schafft mir die Hexe aus den Augen. Auf dem Scheiterhaufen soll sie verbrennen. Bei lebendigem Leibe. Die Qual darf weder durch Strangulieren noch Enthaupten verkürzt werden. Ich will persönlich bei der Hinrichtung zugegen sein und den Schmerz bis zur letzten Sekunde auskosten.“
    „Jawohl, Herr Doktor “, dienerte Direktor Kaune, und der Wärter zerrte Isabella an den Stricken, mit denen die Handgelenke verknotet waren, hinter sich her. Auf der Türschwelle wendete sie noch einmal den Kopf.
    „Dass du dich wegen mir in das dir so sehr verhasste Paderborn begeben hast, beweist es. Ich bin dir nicht gleichgültig. Schnell kann aus Liebe Hass werden, aber das wandelt sich auch wieder. Dann wird es dir leid tun, Alwin. Denn ich habe mich keines Verbrechens schuldig gemacht.“
    „Raus mit der Satansbraut!“, polterte der Graf.  
     
                       
    51
     
    Zwei Wochen hauste Isabella jetzt bereits im Zwinger. Von den grausamen Quälereien verstört, schreckte das Mädchen bei jedem Laut der Folterknechte hoch. Furcht, dass sie wieder an der Reihe war, Daumenschrauben angelegt zu bekommen, durch glühenden Zangen weitere Fußnägel einzubüßen oder gar der Eisernen Jungrau übergeben zu werden, ließ sie bei jedem sich nähernden Schritt zusammenzucken. Sie brüllte wie ein gepeinigtes Tier.
    Aber dem Wunsch ihrer Schinder, sich als Hexe zu bekennen, kam sie nicht na ch. Auch nicht, als sie für mehrere Stunden in eisigem Wintersturm an den Füßen aufgehängt

Weitere Kostenlose Bücher