Die Heidehexe - Historischer Roman
deiner Abtei verschanzen. Aber wir sind wackere Protestanten, die ihren Glauben, wenn’s sein muss, mit dem Schwert verteidigen, so wie es Ernst von Mansfeld und seine Truppen in der Pfalz bereits vorleben. Sie scheuen weder Tod noch Verderben, um dem Pfalzgrafen und seiner Frau den ihnen zustehenden Besitz zurückzuerobern, jagen die katholische Brut zum Tor hinaus. Ein Hoch auf den tapferen Mansfelder!“
Christian schenkte sich aus der Kanne einen Becher Wein ein und leerte ihn auf das Wohl des Abenteurers.
„Niemals werde ich mein Glas zum Ruhme des Mansfelders erheben“, sagte Ulrich. „Wo er und seine Schlächter auftauchen, lassen sie versengte Erde zurück. Das sind keine Soldaten, sondern Bestien.“
„Wohlan, teurer Bruder. Ich verrate dir, dass ich eine weitaus größere Bestie bin. Und wo ich mit meinem Heer reite, wird Heulen und Zähneklappern angesagt sein, denn ich kenne weder Gnade noch Erbarmen. Sollen sie winseln und flehen, die Pfaffen und Katholiken, es wird ihnen nichts nützen. Eilt, meine Freunde, teilt es euren Vätern mit, dass der tolle Halberstädter zu den Waffen greift und dass sie besser seinen Worten gehorchen.“ Er senkte die Stimme und drohte heiser: „Mit mir ist nicht zu spaßen.“
Dabei rollte er mit den Augen und sprang über Tische und Bänke, dass die Junker eiligst Reißaus nehmen wollten. Hinter ihnen girrte irres Gelächter durchs Schloss.
„Wartet noch ein Weilchen“, hielt Victor die Davonstrebenden auf. „Im Namen meiner Eltern, zukünftigen Schwiegereltern, natürlich auch in meinem Namen und dem meiner Braut Annalena, Baroness von Herrenbach, habe ich Einladungskarten für unsere Hochzeit am 6. Juli mitgebracht und möchte euch bitten, sie euren Familien auszuhändigen. Wir haben uns vorgestern in aller Stille verlobt.“
„Gratulation, alter Heimlichtuer!“, rief Siegfried und klopfte dem Freund anerkennend auf die Schulter. Die anderen Jünglinge taten es ihm nach und umarmten den Grafensohn.
Christian war mit einem Schlag nüchtern, herzte Victor, fragte leicht schmollend: “Warum hast du mir nichts davon erzählt, als du zu meiner Ankunft erschienst?“
„Da wusste ich selbst noch nichts von meinem Glück. Annalena und ich wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Wir kennen uns ja kaum, haben uns ungefähr ein Dutzend Mal auf offiziellen Veranstaltungen getroffen und unwichtiges Geplänkel von uns gegeben. Aber bis Juli bleibt genug Zeit, sich besser kennenzulernen.“
„Da werden aber bei so manchem Adelsfräulein Tränen fließen, sind doch alle in dich vernarrt“, sagte Wilhelm von Schwanwerder.
Auch meine Mutter, dachte Christian, das wird der nächste Schock für sie sein.
Laut bemerkte er: „Wenn das kein Anlass für ein Besäufnis ist, und zwar hier und jetzt, dann will ich mein Lebtag nicht einen Schluck Wein mehr zu mir nehmen. Los, Victor, stoßen wir auf deine hübsche, junge Braut an – Sie ist doch hübsch oder hat man dich mit einer knöchernen Vogelscheuche verkuppelt?“
„Nein, nein. Sie ist sogar goldig anzusehen. Wie gesagt, wir sind uns noch ein wenig fremd.“
„W as keinen Grund darstellt, auf euer zukünftiges Glück ein Gläschen zu trinken.“
Die Diener eilten im Sauseschritt und brachten die gewünschten Getränke, woraufhin die jungen Herren es sich im „Blauen Salon“ wohl sein ließen und die Bezeichnung „Blauer Salon“ wörtlich nahmen. Selbst Ulrich konnte dem köstlichen Nass nicht widerstehen.
„Wie kam es zu der plötzlichen Verlobung?“, fragte der Landesherr interessiert.
„Annalena und ihre Eltern weilen bereits seit zwei Wochen nicht in ihrer Heimat, weil sie jedes Jahr mehrmals hier Urlaub machen, sind doch unsere Mütter entfernte Basen, die sich zudem ausnehmend gut verstehen. Da sie sich in der Pfalz zunehmend von den Katholiken unterdrücken lassen müssen und Friedrich V. Thron und Titel aberkannt werden sollen, wollen sie lieber in Sicherheit abwarten, was auf sie zukommt. Und wenn Annalena erst meine Frau ist, wird sie ohnehin an meiner Seite bleiben und nicht zurückkehren.“
Christian spitzte die Ohren. „Also will der Kaiser es tatsächlich wagen und Friedrich, nachdem er ihn und Familie aus Böhmen vertrieben hat, auch die Pfalz streitig machen. So hatte Elisabeth recht mit ihren Befürchtungen, die sie mir gegenüber äußerte. Was bildet sich dieser Halunke ein?“
„Feind hört mit“, unterbrach ihn Wilhelm, der den Kürassier Greifsburg hinter zwei in den
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