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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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göttlichen Zeichen, andere von Höllenzauber. Alles schrie und bölkte durcheinander. Die Kleine spürte, dass sich jemand hinter ihrem Rücken an ihren Fesseln zu schaffen machte, fühlte die kalte Eisenzange auf ihrer Haut und das Zerspringen der Ketten. Wie versteinert stand sie da.
    „Lass dir nichts anmerken“, flüsterte eine Stimme.      
    „Gut gemacht“, knarzte Pavor und flog weg.
    Nur wenige Minuten hatte die Aufregung um den Vogel gedauert, um das Kind zu befreien.
    Ebenso rasch, wie der Tumult entstanden war, löste er sich auf. Stille trat ein, als eine in Schwarz gekleidete Gestalt sich dem Mädchen näherte und es zur Reue gemahnte. Trotz der bis über die Stirn gestülpte Kapuze, erkannte Isabella Eberhard von Greifsburg im selben Moment an seiner gezackten Narbe, und ihre Knie schlotterten.
    „Der Kürassier“, raunte sie dem Bruder zu.
    Er entfachte mit der Fackel das Feuer. Knisternde Funken sprangen ihn an, sodass er fünf Schritte zurückwich. Flackernd züngelte beißende Lohe durch das morsche Astwerk, zuckte in die knochentrockenen Scheite, raffte mit schwefligen Reißzähnen hölzerne Bohlen aus der Rampe ins unersättliche, glühende Maul. Zischend fraßen die Flammen sich am Brandpfahl fest.
    Wie ein Blitz schoss Pavor erneut hervor, hieb dem Kürassier mit seinem Schnabel in die gezackte Narbe, dass die kaum vernarbte Haut sich löste und ein Schwall Blut über sein Gesicht rann. Er schrie, versuchte mit der Henkerkutte die Wunde zu stillen. Die Schaulustigen eilten hinzu, ihm Hilfe angedeihen zu lassen. Das absolute Chaos wogte. Nur wenige Sekunden, aber lange genug, um die vor Schmerzen brüllende Maid vom Scheiterhaufen hechten zu lassen. Keiner achtete darauf, wohin sie rannte.
    Sie stob durch das entgeistert auseinanderfahrende Volk, direkt auf Isabellas verborgenes Gefährt zu.
    „Teppiche!“, kreischte Isabella wie von Sinnen, riss dem Kind das feuerflatternde Büßerhemd vom Leibe, die über Herzgestein und Feuerblut gehängten Decken von deren Rücken, warf sie auf das Mädchen, schleuderte es zu Boden, wälzte sich mit ihm im Heidesand. Bernhard rannte zu Hilfe, die von den Kutschwänden gezerrten Teppiche unter beide Arme geklemmt. Teppich über Teppich türmte sich auf dem Kind, e rstickte die Flammen.
    D as Wahnsinnsgeheul der Kleinen drohte die verdatterte Menschenmenge auf sich aufmerksam zu machen. Ohne Zögern schüttete Isabella ihr den gesamten Flascheninhalt des für Bernhards Wutanfälle vorgesehenen Narkosesaftes aus dem Samen vom Schlafmohn in den Rachen und dankte Gott für die von der Mutter erlernte Heilkunst. Das Kind schlummerte im Nu ein, der Atem ging flach. Hoffentlich habe ich ihr nicht zu viel eingeflößt, dachte Isabella, wohl wissend, dass eine hohe Dosis tödlich wirken konnte. 
    Wortlos schleppte Bernhard die Kleine in die Kutsche, schleifte anschließend Teppiche und Decken hinter sich her, warf auch sie hinein. Bloß keine Spuren hinterlassen, spukte es den Geschwistern im Kopf herum.
    Mit Bärenkräften schob der Bruder den Wagen durch die enge Gasse ins freie Feld, Isabella stemmte sich gegen die Pferde, die durchaus nicht rückwärtsgehen wollten, trieb sie an den abgelegenen Scheunen und Stallungen entlang, bis auch die Rösser unbegrenzten Heideboden unter den Hufen fühlten.
    Kehrtwendung und auf und davon. Schon guckten die ersten Späher um die Ecke. Die Bäckersfrau zeterte: „Dort hinten fahren sie. Ich habe die Rote in ihrem Zigeunerkleid genau erkannt. Ahnte ich doch, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Entweder ist sie die Gehilfin der Hexe oder selbst eine.“
    Sofort bildete sich eine Menschentraube vor dem Trampelpfad. Die Reiter hatten Mühe, sie aufzubrechen, schlugen mit Peitschen auf den Mob ein, der sich daraufhin grimmig an die Rösser hängte und sie erst recht am Vorwärtskommen hinderte. Als die Berittenen endlich freie Bahn erlangten, war der Vorsprung der Kutsche zu groß, um sie noch einzuholen. Dennoch schwärmten Suchtrupps aus, um die Flüchtigen dingfest zu machen. 
    Kaum war Rubinas Erdhöhle erreicht, sperrte Bernhard die Pferde in den gut getarnten Stall, während er sie sonst tagsüber draußen grasen ließ, schob die Kutsche ebenfalls hinein und schloss ab. Zu gefährlich erschien es Isabella, die Tiere an diesem milden Frühlingstag weiden zu lassen, wimmelte die Heide doch von Häschern, die darauf aus waren, möglichst alle drei zu erwischen. Das Mädchen wurde von den Geschwistern behutsam die

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