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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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Stiege hinabgetragen und auf das Doppelbett verfrachtet.
    Die an den Wänden verteilten Kienspäne warfen ein ruhiges, warmes Licht in den Raum. Isabella schien es nicht hell genug, die Verwundete zu behandeln. Darum zündete sie ein Dutzend Kerzen an, die das Zimmer taghell erleuchteten.
    „Es ist ein Rätsel“, grummelte sie, den nackten Körper begutachtend.
    „Was?“
    „Dass sie nur leichte, oberflächliche Verbrennungen erlitten hat, was daher rühren mag, dass die Flammen vom wallenden Büßergewand aufgefangen wurden und wir sofort zur Stelle waren. Das Gesicht bekam gar nichts ab. Vermutlich wegen des kahl geschorenen Hauptes. Hätte die Kleine langes Haar, wäre sie für immer entstellt. So ist sie mit dem Schrecken davon gekommen, bis auf die Füße und Beine unterhalb des Hemdes. Die sehen schlimm aus, sind angesengt.“
    „Wird sie wieder laufen können?“, fragte eine Stimme vom Eingang her. Unbemerkt war die geheime Falltür geöffnet worden. Die Geschwister gerieten in Panik, krochen unters Bet t.
    Dumpfes Lachen ließ sie aufhorchen.
    „Onkel Richard?“, fragte Isabella ungläubig. Ja, er war es. Richard Sander, der Lüneburger Hüne.
    „Glaubt ihr, dass ich das Versteck eurer Mutter nicht kenne? Viele gemeinsame Stunden haben wir in jenem Bett verbracht, das nun von Isabellas Patientin belegt ist.“ Wieder erscholl sein dröhnendes Lachen. „Wollte mich nach dem Befinden des Kindes erkundigen, das nach dem Willen der Bevölkerung nicht mehr unter uns weilen dürfte.“
    „Warst du auch heute Morgen bei dem Prozess anwesend?“
    „Was glaubst du, wer dem Mädchen die Fesseln gelöst hat, damit sie sich in Sicherheit bringen konnte? Der Heilige Geist oder einer der alten germanischen Gottheiten?“
    „Lieber, lieber Onkel Richard, du bist ihr Retter.“ Isabell lehnte den Kopf an seine Schulter, fühlte sich geborgen an der breiten Brust.
    „Die eigentlichen Retter wart ihr beide. Ohne euch hätte es für sie keine Zukunft gegeben. Um ehrlich zu sein, entledigte ich sie der Ketten, damit sie dem Feuertod entkommen konnte und der Henker ihr mit seinem Schwert ein schnelles Ende bereiten würde. Mehr vermochte ich für das arme Ding nicht zu tun. An euch und euren Heldenmut habe ich nicht gedacht. Deshalb bin ich umso stolzer auf euch, meine Kinder.“
    „Deine Kinder, Onkel Richard? Das wäre mein größter Wunsch. Als ich klein war, hast du mit mir auf dem Arm getanzt und uns lustige Spiele beigebracht, wenn ich bei Mutter und dir zu Besuch war. Stimmt’s Bernhard?“
    Der Junge nickte heftig und schmiegte sich ebenfalls an den Hauptmann aus der Legion des tollen Halberstädters.
    „Wir haben nie einen Vater gekannt. Mein Ziehvater hat mich nur beschimpft und verdroschen. Aber du warst immer lieb. Bleib bei uns, Onkel Richard, bitte.“ Isabella kämpfte gegen die Tränen an.
    „Bitte“, echote Bernhard mit Nachdruck.
    „Wenn das so einfach wäre. Ist es leider nicht. Ich bin unterwegs, um Soldaten für Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel anzuwerben. Will kaum einer in den Krieg marschieren, drücken sich lieber. Geht es nicht im Guten, dann mit Gewalt. Kommt kein junger Geselle drum herum.“   
    „Auch Bernhard nicht?“
    Da lachte der Hüne so laut, dass Isabella befürchtete, die Höhle könnte einstürzen. „Den behalte bei dir, mein Täubchen. Er kann dich vor den Wegelagerern beschützen, die bald in Massen vorbeiziehen werden. Aber zurück zu meiner Frage. Wird die Kleine wieder laufen können?“
    Isabella zuckte die Achseln. „Das wissen die Götter allein. Ich tue alles, was in meiner Macht steht.“ Sie ging zu ihrem Medizinschrank mit den verschlossenen Dosen und Tiegeln, griff ein Töpfchen heraus. Mit kreisenden Fingerspitzen rieb sie die Zehen, Fußballen, Waden und Schenkel ein, nahm mehr von dem duftenden Kräutersud, strich über Unterleib, Bauch und Brüste, bis zum Halsansatz, bedeckte die gesalbten Stellen sorgfältig mit sauberen Tüchern. Resolut drehte sie die Betäubte um, begann die Prozedur auf der Rückseite zu wiederholen.
    „Wie sehr du deiner Mutter gleichst“, sagte Richard beeindruckt. Nicht nur äußerlich bist du ihr zum Verwechseln ähnlich. Du hast auch die heilenden Hände und die Kräuterkunst von ihr geerbt.“
    „Letztere wohl eher gelernt. Doch es stimmt, Onkel Richard. Die Götter haben mir eine wundersame Gabe in die Wiege gelegt …“
    „ … Die leicht zum Fluch werden kann. Das beste Beispiel ist deine Mutter. Denke

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