Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
Vom Netzwerk:
Kriegsführung. Er gestand es sich unge rn ein, dass er als junger Ritter, mit wenig Ausbildung und noch weniger Praxis in der Kriegsführung, eine gehörige Portion Schneid und Glück benötigte, um gegen die erfahrenen Feinde anzutreten. An Schneid mangelte es ihm nicht, wohl aber an Glück und Erfahrung.
    Johann t’ Serclaes Tilly, gefürchtet von jedem Protestanten, galt als gewiefter Fuchs, der sein Handwerk verstand, die spanischen Adligen Gonzalo Fernández de Cordoba und Ambrosio Spinola als altgediente Feldherren, die mit jeglicher List und Intrige vertraut waren und das Ränkespiel vortrefflich beherrschten. Nicht zu vergessen die Finanzierung der Legionen, denen Kaiser und Papst mit erklecklichem Sold unter die Arme griffen. Und an ausgebildeten Söldnern mangelte es ebenfalls nicht.
    Was hatte Christian in die Waagschale zu werfen? Ein Sammelsurium an bettelarmen, zwielichtigen Abenteurern, die keine militärische Ausbildung genossen hatten, mit Ausnahme seiner Leibgarde. Drei marode Kanonen, veraltete Musketen, Speere, Lanzen, Piken und sogar die vor hundert Jahren gebräuchlichen Hellebarden mussten als Waffen herhalten. Erschwerend kam hinzu, dass kaum Geld in der Kriegskasse klimperte. Womit die Soldaten bezahlen? Die Protestantische Union war im Mai aufgelöst worden. Offiziell gab es sie nicht mehr. Der Mansfelder und er standen in Diensten des Pfalzgrafen Friedrich V., der mit seiner Familie bei Moritz von Oranien in Holland Asyl gefunden hatte und nichts als das nackte Leben besaß.
    Das Handwerk ist erlernbar und die Erfahrung steigt von Schlacht zu Schlacht, sinnierte Christian, eins aber habe ich den alten Säcken voraus. Etwas, das mehr zählt, als deren Lebensweisheiten. Etwas, das sie nie wieder erlangen können: meine Jugend und die der Kameraden. Am Hochzeitstag werden wir hier eine Lagebesprechung durchführen.
    Seine Gedanken schlugen Purzelbäume, während die übrigen Anwesenden sich in Gespräche vertieften, von denen er nichts mitbekam.                 
     
     
    24
     
    Am Abend vor der Hochzeit schaufelte Christian die von ihm angelegte Grube auf. Tiefer und tiefer glitt der Spaten in das Erdreich. Die Säcke mit Isabellas Schätzen kamen nicht zum Vorschein. Das gibt’s nicht, dachte Christian und wühlte  weiter. Als das Loch so ausgehöhlt war, dass man einen Elefanten darin verschwinden lassen konnte, dämmerte ihm, dass Diebe ihn beim Eingraben beobachtet und das Erbe ausgebuddelt hatten. Ein Schock, von dem er sich nicht erholte.
    Morgens fuhr er mit Ulrich nach Grimmshagen und schämte sich in Grund und Boden, mit leeren Händen dazustehen.
    „Versprechen gebrochen“, sagte er, „andere waren schneller, haben sich dein Vermögen unter den Nagel gerissen, Isabella.“
    Er sah die Enttäuschung in ihren Augen und hätte viel darum gegeben, mit seinen eigenen Finanzen den Schaden auszugleichen. Daran haperte es, war er doch auf die Gnade der Fürstin und des Bruders angewiesen. Als Letztgeborener stand ihm nur eine geringe Apanage aus dem väterlichen Erbe zu, die hinten und vorn nicht reichte.
    Isabella glich in ihrem Brautkleid einer germanischen Göttin. Nach kurzem Erschrecken über den Verlust, reichte sie Christian die Hand.
    „Es ist meine Schuld, nicht die Eure. Ich war leichtsinnig und muss dafür büßen. Aber alles Gold der Welt wiegt nicht so schwer, wie meine Liebe zu Victor. Bitte, nehmt die Trauung rasch vor, damit wir endlich als Mann und Frau vereint sind.“
    Christian hielt eine Predigt, die Freunde und Verwandte des Paares zu Tränen rührte. Die Glocken läuteten, als die frisch gebackenen Eheleute die Schlosskapelle verließen. Es war ein sonniger Septembermorgen und Christian vergaß beinahe, dass er Geburtstag hatte. Zweiundzwanzig Jahre wurde er und wollte den Protestantismus retten. Welch ein Unterfangen. Und welche Selbstüberschätzung.
    An diesem Tag aber mochte keiner von Krieg, Krankheit und Katastrophen hören. Er sollte allein den Neuvermählten gelten und von Liebe und Frieden geprägt sein.
    Der Nachmittag überließ das Reich dem Abend. Die Gäste befanden sich in Aufbruchstimmung. Christian und seine Freunde wollten nunmehr im Wolfenbütteler Schloss den Geburtstag zünftig feiern. Isabella und Victor konnten es kaum erwarten, das eheliche Schlafgemach aufzusuchen. 
    Da erschien Isabellas Base auf der Bildfläche, unangemeldet, durch keinen Bediensteten hereingelassen, von Kopf bis Fuß eingehüllt in tiefstes

Weitere Kostenlose Bücher