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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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wir!
     
    Herzog Christian hat uns wohl bedacht,
    Bier und Branntwein uns mitgebracht,
    Musikanten zum Spielen,
    hübsche Mädchen zum Vergnügen,
    zu Lust und Plä sier.
    Lust’ge Braunschweiger, die sind wir!“
     
    Das Lied hatte noch mehr Strophen, aber Christian hörte die ersten beiden besonders gern und l ieß sie immer wieder singen. Jedes Lob tat seinem Gemüt gut, das einem Januskopf glich. Einesteils hart und gnadenlos, auf der anderen Seite voll Mitgefühl und Anteilnahme. Er gebärdete sich, wie es unterschiedlicher nicht sein konnte, je nachdem, welche Hälfte gerade von ihm Besitz ergriffen hatte. Im Grunde seines Herzens war er ein Kind geblieben, das sich seiner Grausamkeiten nicht bewusst wird.
    Plündernd und brandschatzend marodierten die Truppen durch Niedersachsen und Hessen, ohne einen der Ihren zu verlieren. Zwar froren sie in der einsetzenden kalten Jahreszeit, die mit Dauerregen und Herbststürmen ihre Gewänder durchpustete und wie mit Gießkannen begoss, dennoch gelang es ihnen, im November Stadt und Burg Amöneburg zu besetzen und auszuplündern. Nicht lange währte der Triumph, sah sich doch der kaiserliche General Johann Jakob Graf von Bronckhorst zu Anholt von Anholt veranlasst, mit seinem Bluthund Alexander II. von Velen und der katholischen Armee Christians Mannen anzugreifen und bis vor die Tore Paderborns zu jagen.
    Es war eine furchtbare Flucht. Den Gegner im Nacken, gelang es Christians wilder Horde nur selten, eine Ortschaft zu plündern. Hunger und Durst marschierten als garstige Begleiter mit . Und der Winter 1621 entpuppte sich als besonders eisig. Mit klirrendem Fuß tanzte er den Schneeflockenreigen und stülpte Bäumen und Sträuchern Hauben aus Raureif und Frost über. Durch die Zelte pfiff der Sturm in Ohren und Augen, peitschte Erfrierungen an Nasen, Finger und Füße.
    Die Feldscher kamen mit dem Amputieren nicht hinterher, sodass manch wackerer Soldat der Kälte erlag und stocksteif zurückgelassen werden musste, denn der Boden war mehrere Fuß tief gefroren. Löcher zu buddeln und die Kameraden wie Hunde zu verscharren, konnten sich die Söldner aus dem Kopf schlagen. Westfalen schien eine einzige Eiswüste zu sein.
    Isabella befand sich unentwegt im Einsatz, rieb verstümmelte Glieder mit ihren Kräutersalben ein, stach  spitze Nadeln in Frostgeschwüre, tupfte den herausfließenden Eiter ab, legte saubere Verbände an. Und wenn einer vor Schmerzen nach der Mutter schrie, gab sie ihm einige Tropfen des Gebräus, das sie aus Schlafmohn gewonnen hatte, versetzt mit Pestwurz und Teufelskralle.
    Als die Zahl der Erfrierungen stetig weiter zunahm, lernte sie Barbara an, ihr bei der Versorgung der Kranken zu helfen. Das Mädchen begriff rasch und war Isabella schon nach wenigen Wochen eine große Hilfe.
    Weihnachten ging vorüber. 1622 stieß das alte Jahr vom Thron. Jung und voller Siegeswillen, stand es Christian und Victor an Verwegenheit nicht nach.
    „Jetzt wendet sich das Blatt“, verkündete der tolle Halberstädter großspurig.   
    „Wie kommst du darauf?“, fragte Victor, der gerade das Sumpffieber überstanden hatte, das im gesamten Heer grassierte. Für die Braunschweiger sah es alles andere als rosig aus.
    „Vertrau mir, mein Freund. Ich erhielt gute Nachrichten.  Die Generalstaaten sichern mir volle Unterstützung zu, hindern den Kurfürsten von Köln daran, gegen uns zu kämpfen. Es wird ein Kinderspiel werden, sein Herzogtum Westfalen zu besetzen. Die Bistümer Paderborn und Münster sind praktisch in niedersächsischer Hand.“
    Sein Federhut wippt bei jeder Bewegung. Und plötzlich kam Victor die Erleuchtung, dass es nicht nur der protestantische Gaube allein oder die Liebe zur Pfalzgräfin waren, die den Fürsten in den Krieg getrieben hatten, sondern die Freude am Angriff. Für den Bruchteil von Sekunden tauchten Fetzen der Erinnerung an die gemeinsam verbrachte Kindheit beim Dänenkönig in Victors Hirn auf. Er sah den kleinen Christian mit seinem Holzschwert gegen ein Dutzend Ritterburschen der Umgebung kämpfen, den Glanz in dessen Augen, sobald er alle in die Flucht geschlagen hatte, aber auch den Zorn, wenn die Gegner die Oberhand behielten. In solchen Situationen hatte sich sein Gesicht verzerrt, Christian sich auf die Erde geworfen und mit Schaum vor dem Mund unflätige Worte gebrüllt. Inzwischen brachte er sich besser unter Kontrolle, doch die Abenteuerlust und der unbedingte Siegeswille blieben.
    „Du führst wieder etwas im

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