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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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der Kammer geworfen, als ich die Miete nicht mehr bezahlen konnte. Ich arbeite für meine Kost und schlafe jetzt wieder im Hinterhaus, wo ich mir mit einem Mädchen das Strohlager teile. Sie schnarcht wie Donnerhall. Wenn sie nächtlichen Besuch hat, jagt sie mich fort. Und ich kann mich nicht wehren.« Elske zeigte ihre zitternden Hände vor, den Korb über den runzeligen Arm gehängt. »Die Furze der Knechte stinken in der Hütte wie die Hölle, aber noch unerträglicher sind ihre Reden.«
    »Könntest du die Kammer bezahlen, wenn ich dir für einen Dienst einen silbernen Groschen geben würde?«, fragte Taleke bedächtig.
    »Zwölf Pfennige?« Elske schob die Unterlippe vor und tat, als ob sie über das großzügige Angebot nachdenken müsste. »Die Kammer steht leer. Für einige Zeit würde es reichen. Die Herrin ist so gierig, sie würde darauf eingehen, und wenn es nur für eine Woche wäre.«
    »Ein Silberling reicht gewiss für mehr als eine Woche. Ich möchte gerne dem Herrn Nicolaus in Paris einen Brief zukommen lassen«, erklärte Taleke. »Könntest du das veranlassen?«
    Enttäuschung malte sich auf Elskes Gesicht ab und ging dann in ein abfälliges Grinsen über. »Von wegen Heilerin! Jetzt weiß ich, wer du bist: die Hure, die mit Mutters Herzchen nach Paris gezogen ist. Was haben wir Mägde gelacht! Einen Klotz am Bein, der für Schmuck und Tand die Hand aufhält, haben wir dem verhätschelten Burschen von Herzen gegönnt! Wo der sowieso mit einer wie dir nie etwas anfangen könnte …«
    Taleke wahrte die Fassung. »Nicolaus wollte Gesellschaft von einer Frau haben, die bereit war, sein Zimmer in Ordnung zu halten und ihm sein Essen zu bereiten, mehr nicht. Er hat sich übrigens in Paris geändert, er strebt ernsthaft nach einer Ausbildung. Deswegen möchte ich ihm gerne diesen Brief schicken.«
    »Wirklich? Und wer schreibt für dich?«, fragte Elske, noch misstrauisch, aber sie schien doch zu begreifen, dass tatsächlich einige Münzen für sie herausspringen konnten.
    »Ich selber. Herr Nicolaus und ich haben aus denselben Büchern gelernt.« Taleke ließ die wundersame Neuigkeit im Kopf der Magd sacken, ohne Ungeduld zu zeigen.
    »Ja, gibt es das denn?«, murmelte Elske verdattert.
    »Solltest du eine Möglichkeit sehen, mein Schreiben unter die Post des Hausherrn nach Paris zu schmuggeln, soll es dein Schaden nicht sein. Regelmäßige Briefe – regelmäßige Zahlungen für die Kammer.«
    Elske besann sich nicht mehr lange, wischte sich die Hand am Rock ab und streckte sie Taleke zum Handschlag hin.
    Taleke gab sie ihr noch nicht. Ein Rest Vorsicht gegenüber der französischen Justiz war ihr geblieben. »Wenn der Herr Nicolaus mir antworten will: Es ist besser, wenn er den Brief zu euch schickt. Kannst du lesen?«
    »Ein bisschen. Wenn du mir deinen Namen aufschreibst, kann ich ihn erkennen.«
    Dieser Ausweg war Taleke schon zu Hause eingefallen. Da sie Nicolaus’ Handschrift kannte, hatte sie ihren Namen zur Sicherheit nach seiner Weise auf ein Stückchen Pergament geschrieben, das sie Elske jetzt überreichte.
     
    Fünf Wochen gingen ins Land, ohne dass Taleke eine Antwort von Nicolaus erhielt. Inzwischen erweiterte sich der Kreis derer, die Taleke um Hilfe ersuchten, stetig. Aufmerksam hörte sie eines Tages einem jungen Binnenschiffer zu, der sie bat, zu seiner Mutter zu kommen. Es ging um einen hartnäckigen Hautausschlag.
    Die Frau, die wie alle Binnenschiffer mit ihrer Familie auf dem Domgelände wohnte, hatte zunächst einen heilkundigen Priester holen lassen, der sie nach erfolgloser Behandlung einem Franziskanermönch übergeben hatte. Dessen Bemühungen war jedoch ebenfalls kein Erfolg beschieden gewesen. Als die beiden Geistlichen schließlich Miselsucht ins Auge fassten, bestand Frau Nese voller Panik darauf, dass Taleke gerufen wurde.
    Der Sohn des alten Schiffers ging schweigsam und in sich gekehrt vor Taleke her. Die Stichworte, die er geliefert hatte, reichten ihr aus, um seine große Angst zu verstehen. Die Mutter führte für den Vater und den unverheirateten Sohn den Haushalt. Die Wohnungen der Binnenschiffer standen auf dem Grundeigentum des Domkapitels, und der Klerus würde beim Verdacht auf Miselsucht auf gar keinen Fall Barmherzigkeit walten lassen, sondern die Frau umgehend in das Siechenhaus vor dem Burgtor einweisen. Der alte Binnenschiffer würde aus Liebe mitgehen, der Sohn allein könnte mit seinem schmalen Verdienst die Miete für die Wohnung nicht

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