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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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habe noch einmal mit Giovanni über Nicolaus gesprochen«, sagte Volrad mit einem Seufzer. »In dem Zusammenhang berichtete er, dass Nicolaus mit einem verbotenen Buch prahlt, das große Geheimnisse enthalten soll. Vergiss nicht, dass auch Nicolaus immer dort ist, wo die Krankheit auftritt. Könnte das Buch etwas mit den Blattern zu tun haben? Handfest ist es ja.«
    »Ein verbotenes Buch?« Taleke runzelte die Stirn und ging in Gedanken alle Bücher durch, von denen sie wusste, dass sie in Paris verboten waren. Das einzige verbotene Werk, das sie jemals in der Hand gehabt hatte, war
De animalibus
von Aristoteles gewesen. Unter vielen bemerkenswerten Behauptungen stand darin, dass die Natur nichts Unnötiges und Überflüssiges hervorbringe. Das richtete sich gegen den Gott der Schöpfung. Nicolaus hatte allerdings nicht hineingeblickt. »Hat er damit geprahlt, ein verbotenes Buch gelesen zu haben?«
    »Das war es wohl weniger. Ihm ging es um die Geheimnisse in dem Buch.«
    »Aha. Das verstehe ich nicht. Ich habe mehr gelesen als er, und ein verbotenes Buch mit Geheimnissen gab es nicht. Der Bibliothekar hat es nicht ausgeliefert.«
    »Vielleicht war es gar nicht verboten.«
    Taleke stockte der Atem. Nicolaus hatte sich für ein einziges Buch brennend interessiert: für das, in dem die Stecherbanden von Rom geschildert wurden, deren heimliches Tun er so bewundert hatte, weil sie Pest entstehen ließen. Neulich hatte sie sich noch daran erinnert …
    »Na?«, fragte Wittenborch erwartungsvoll.
    »Volrad, ich muss unbedingt mit Hermen, dem Bruder von Giovanni, sprechen. Wenn dein Spürsinn hinsichtlich des Buches richtig ist, könnte es sein, dass Hermen das Rätsel lösen kann. Wie bringe ich ein Treffen zuwege?«
    Wittenborch schürzte die Lippen. »Ich könnte seinen Lehrherrn Blomenrot bitten«, sagte er nach einer Weile, »dem Jungen eines Abends zu erlauben, zu mir aufs Schiff zu kommen, zu einer Unterredung über ich weiß nicht was. Mein Leumund als Bergenfahrer, als angesehenes Mitglied der Korporation der Bergenfahrer und Schiffer, wird es ihm leichtmachen, diesen Ausflug zu gestatten. Man kann auch umgekehrt sagen, er als Brauer wird es mir nicht abschlagen können. Er will auch weiterhin sein Bier in Bergen verkaufen.«
    »Ist die ›Brücke‹ nicht für den Winter fertig aufgelegt?«
    »Doch, doch. Aber die Luken sind aufgekeilt, damit unten das Holz nicht spakt. Man kann jederzeit hinein.«
    »Gut. Es eilt«, erklärte Taleke entschlossen.
     
    Als Taleke am nächsten Abend nach Tideke sah, richtete er ihr von Volrad aus, sie möge gleich zur »Brücke« kommen, ohne sich lange in ihrem Haus aufzuhalten. Tideke erholte sich zusehends, je mehr Bläschen auf seiner Haut auftauchten, eintrockneten und verkrusteten, so dass Taleke ihn Rembert überlassen konnte, ohne sich Sorgen machen zu müssen.
    Ohne Zwischenfall huschte sie zum Hafen, wo sie vorsichtig über die ausgelegte Planke auf das Deck der »Brücke« balancierte. Die Männer warteten bereits im Achterkastell, das durch eine Feuerkieke erwärmt wurde und nicht gar zu kalt war.
    »Es ist lieb, dass du kommen konntest«, sagte sie warmherzig zu Hermen, der höflich aufgestanden war.
    »Der Meister Skipper erzählte mir so viel von Giovanni, dass ich gar nicht anders konnte«, beichtete Hermen verschämt. »Aber Ihr wollt etwas anderes von mir, als mit mir über meinen Bruder zu sprechen, nicht wahr?«
    »Ja, das ist richtig«, bestätigte Taleke und setzte sich auf die Bank, die um einen Tisch herum auf den Planken festgebolzt war. »Erinnerst du dich an die Tage vor Ausbruch der Blattern? Du hattest mehrere Botengänge zu erledigen.«
    »Gewiss doch, Meisterin Taleke. Ich war in der Ratsversammlung, um Bierbestellungen aufzunehmen, und ich war in den Häusern von zwei Ratsherren, wo mir die vierteljährliche Lieferung von Bier bestätigt wurde, während die Knechte die Fässer in die Gewölbe rollten. Auf dem Rückweg habe ich für die Meisterin in der Butterbude einen ordentlichen Batzen Butter abgeholt. Ansonsten war ich immer in der Brauerei.«
    »Hat dich jemand unterwegs in der Stadt angegriffen?«
    »Angegriffen?«, fragte Hermen erstaunt. »Den Lehrling des besten Lübecker Brauers greift niemand an. Man kennt mich.«
    Taleke dachte nach, wie sie unverfänglich weiterfragen konnte. »Vielleicht Hunde oder Schweine …«
    Hermen schüttelte den Kopf und lachte verlegen. »Ach, so etwas meint Ihr. Dann eher Wespen, den Schweinen gehe ich aus

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