Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
Vom Netzwerk:
damit heraus. »Ein Mann, den ich behandelt habe, ist gestorben. So ein Tölpel! Es hat mit meiner Kur nicht das Geringste zu tun, es war einfach Pech.«
    »Bestimmt. Und was ist passiert?«
    »Er hatte eine dicke Eiterbeule über der Hüfte. Ich habe sie aufgeschnitten, das musste sein. Drei Tage danach wurde er bettlägerig und hauchte in der darauffolgenden Nacht sein Leben aus. Den Priester haben sie aber noch holen können.«
    »Wie schön, der Herr sei mit ihm«, lobte Taleke, ohne nachzudenken. Danach erst setzten ihre Überlegungen ein. War die Eiterbeule überhaupt reif zum Aufschneiden gewesen? »Hast du sie mit der Kapsel herausgeschält?«
    »Was verstehst du denn davon? Natürlich habe ich es gar nicht so weit kommen lassen, dass sich eine Lederhaut um den Eiter gebildet hätte. Ein Chirurg muss rechtzeitig eingreifen!«
    Aber nicht bei Eiter, der sich besser einkapseln sollte, dachte Taleke beunruhigt. Da muss man im Gegenteil warten können, darauf wiesen alle Ärzte des Schrifttums hin. »Was bekümmert dich dann, wenn du alles richtig gemacht hast?«
    »Mein Ruf. Es ist nicht gut, unter dem eigenen Namen Tote zu hinterlassen. Wenigstens habe ich angegeben, dass ich Meisterschüler von Maître Josse bin und bald die Prüfung machen werde.«
    »Aber das stimmt doch gar nicht.« Taleke war entsetzt. »Und wenn sich die Verwandten bei Josse beschweren?«
    Nicolaus zuckte die Schultern. »Ach, das werden sie schon nicht. Dann müssten sie die Behandlung ja noch teuer bezahlen. Ich war vorsichtig genug, ihnen nur eine ganz kleine Summe abzuknöpfen.«
    »Das alles zusammen war nicht gut, Nicolaus«, murmelte Taleke bekümmert. »Hoffentlich musst du das nicht noch bereuen!«
    »Hör auf, mich ständig niederzumachen!«, wetterte Nicolaus und patschte mit dem Löffel so erzürnt in die Tunke, dass sie spritzte. »Dem Herrn hat’s nicht gefallen, den Mann zu retten. Wahrscheinlich war er ein großer Sünder, und ich habe jetzt darunter zu leiden.«
    »Schon gut«, murmelte Taleke und sah erleichtert, dass ihr mit so viel Liebe zubereitetes Essen Nicolaus jetzt trotz allem schmeckte.
     
    »Diese Sodomiten haben die Gabe zu verschwinden, wenn man gerade glaubt, man könnte die Hand auf ihre Schulter legen, um sie zu verhaften«, schimpfte Nouel. »Gestern ist mir das passiert, Pépin. Du warst gerade auf dem Weg zu diesem Stand mit den belegten Fladen, da bin ich dem verdächtigen Kerl gefolgt.«
    »Ich hab mich schon gefragt, warum ich dich nicht mehr finden konnte«, bemerkte Pépin lahm. »Ich bin dir nachgelaufen, obwohl der Fladen so heiß war, dass ich mir den Mund daran verbrannt habe.«
    »Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Der Kerl, hinter dem wir her waren, ist jedenfalls im Haus der Prächtigen Jehanne untergetaucht, und weg war er. Die Huren, die mir im Flur begegnet sind, hatten ihn natürlich nicht gesehen. Ich sage dir, Pépin, es geht bei diesen Hinterladern nicht mit rechten Dingen zu. Entweder will niemand gegen sie aussagen, wie bei diesem Meister Josse. Wer weiß, von wem der beschützt wird! Oder sie lösen sich in Luft auf, wie der von gestern. Hinterhöfe, Durchgänge, Gassen, Fleischmärkte – überall tut sich ein Schlupfloch für sie auf.«
    »Ein Loch, gewiss.«
    »Du denkst immer nur an das eine«, tadelte Nouel. »Aber du hast recht. Mit Frauen hat man es einfacher. Wir haben schon lange keine Engelmacherin mehr eingesperrt. Bei den wenigen Münzen, die sie uns zahlen, sollten wir uns das Vergnügen mal wieder gönnen. Außerdem müssen wir endlich einen Erfolg melden können.«
     
    Zwei Wochen später trat Taleke eine korpulente Frau in den Weg und hinderte sie am Weitergehen. »Bist du die Fremde, die Ratschläge bei Krankheiten gibt wie ein clerc séculier nach der Magisterprüfung?«, schmetterte sie heraus. Passanten drehten sich zu ihr um.
    »Nein, das bin ich ganz gewiss nicht!«, bestritt Taleke, zu Tode erschrocken. »Ich tue nichts Ungesetzliches.«
    »Davon war nicht die Rede! In meinen Augen bist du weitaus nützlicher für die Armen von Paris als die studierten Urinbeschauer. Und als unser Lumpenkönig, der gar nichts von uns weiß! Der Sohn meiner Schwester hat sich mit Hilfe deiner Kur erholt, obwohl wir alle dachten, dass der Herr ihn schon bald zu sich nehmen wird.«
    »Oh, das freut mich! Es war nur ein Vorschlag. Schon meine eigene Mutter hat schwerkranke Kinder mit Thymus und sorgfältiger Pflege kuriert.« Taleke lächelte die Unbekannte dankbar

Weitere Kostenlose Bücher