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Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Heilerin von San Marco: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Mappa des Palastes stammten. Bei einigen fehlten Teile, andere hatten angesengte Ränder, und bei wieder anderen hatte das Feuer große Stücke herausgebissen. Und aus der Mitte des Getümmels ragte wie eine lange silberne Kompassnadel die hoch gewachsene Gestalt des Dogen auf.
    Palladio erkannte ihn nur an seiner gebieterischen Stimme. Die langen scharlachroten und weißen Gewänder und der corno -Hut, den er im Redentore getragen hatte, waren verschwunden. Er trug den blauen Umhang und die Orden eines Seelords über einer leichten silbernen Rüstung, das weiße Haar und der Bart waren nach der Einweihung der Kirche kurz gestutzt worden, und er wirkte dreißig Jahre jünger.
    Heute war er nicht Sebastiano Venier, der alternde Doge von Venedig, sondern Sebastiano Venier, Capitano Generale da Mar, Admiral und Kommandant der venezianischen Flotte, der einen neuerlichen Krieg gegen die osmanischen Türken anführen würde.
    Als er gegen Veniers Arm tippte und der Doge sich umdrehte, starrte er Palladio einen Moment lang verwirrt an, dann gewann er seine Fassung zurück. »Palladio«, sagte er. »Was führt Euch her?«
    »Ich würde Euch gerne zu einem Becher Wein einladen, das bringt Glück.«
    »Jetzt?« Der Admiral breitete die Arme aus, als wolle er das Gewühl im Raum erfassen.
    »Es wird nur eine Viertelstunde dauern«, versetzte Palladio ruhig, »und es wird zum Erfolg Eurer Aktion gegen die Türken beitragen.« Palladio hielt dem Blick der blauen Augen lange genug stand, um den Dogen daran zu erinnern, dass es der Architekt gewesen war, der Feyra zu ihm gebracht hatte. Wenn dieser ihm etwas zu sagen hatte, täte er vielleicht gut daran, ihn anzuhören.
    Sebastiano Venier seufzte. »Also gut.«
    Im Getümmel draußen entdeckte Palladio den hölzernen ombra -Karren, der den ganzen Tag im Schatten des Campanile um den Platz herumfuhr. Die Betreiber verzeichneten heute gute Geschäfte, da die Seeleute ihre wenigen letzten Zechinen für Grog ausgaben. Palladio erstand für zwei Münzen zwei bis zum Rand gefüllte Becher und gesellte sich zu Venier auf das Dock. Die beiden Männer setzten sich auf das Untergestell eines Geschützes und sahen zu, wie sich die Galeeren versammelten.
    Sebastiano Venier spähte in das endlose Blau hinaus, als könne er sehen, was ihn in diesen fremdländischen Gewässern erwartete, und schüttelte leicht den Kopf. »Ich hätte nie damit gerechnet, noch ein Mal dort hinauszumüssen«, sagte er ruhig. »Nach Lepanto dachte ich, ich wäre mit den Türken fertig. Aber wie es aussieht, sind sie noch nicht mit mir fertig. Pest, Feuer, und jetzt Krieg und Tod.« Er trank einen Schluck Wein. »Was habt Ihr mir zu sagen?«
    Palladio zog ein kleines Federkästchen hervor. »Habt Ihr Pergament bei Euch?«
    Venier entrollte eine Karte des Golfs von Patras und drehte sie um.
    »Gut.« Der Architekt zeichnete rasch und flüssig. »Ein Kampf, auch einer auf See, ist immer eine Frage der Geometrie. Was ich hier zeichne, ist die Architektur einer Schlacht, wenn man so will. Jetzt seht her. Wenn Ihr ihre Galeeren dazu verleitet, diese Formation einzunehmen«, er zeichnete mehrere kleine Ovale, »dann befindet Ihr Euch im Vorteil. Eure neuen Galeeren haben die größere Feuerkraft, sind aber massiver und nicht so beweglich. Da die Kanonen seitlich montiert sind, ist es am besten, zwei von ihnen vor jeder Hauptdivision zu positionieren«, er zeichnete schneller, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, »um die Türken daran zu hindern, sich mit kleinen Booten anzupirschen und Eure Schiffe zu beschädigen oder zu entern. Wenn Ihr sämtliche Bewegungen auf dem Wasser den Osmanen überlasst, dann gewinnt Ihr das Spiel. Haltet die Linie christlicher Schiffe um jeden Preis.«
    Venier betrachtete erst das Diagramm, dann Palladio. »Woher wisst Ihr das?«
    Palladio zuckte die Achseln. »Ich arbeite an einer illustrierten Ausgabe von Polybios’ Historíai, einer Untersuchung römischer Schlachtformationen. Da meine Bauwerke immer von klassischen Bauten beeinflusst wurden, kam mir der Gedanke, dass Ihr Eure Kampftaktik an den Vorbildern Hannibals und Scipios orientieren solltet.«
    Venier nickte langsam und blies auf die Zeichnung, um die Tinte zu trocknen, wobei sich seine Wangen blähten, als seien sie von einem der vier Winde getroffen worden. »Danke«, erwiderte er schlicht. »Ich werde Euren Rat befolgen.« Er faltete die Zeichnung sorgfältig zusammen, dann sprach er bedächtig weiter. »Ich hasse sie nicht,

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