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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Jonkie«, rief Margaretha entsetzt, als sie sah, dass er sich nach dem Messer bückte und es aufhob. Das Blut tropfte von seinem Handgelenk. Jonkie kam zu ihr, stellte sich an Margarethas Seite und bleckte die Zähne. Der Mann warf Margaretha einen Blick zu, der ihr das Blut gefrieren ließ. Voller Hass und Zorn funkelten seine Augen. Dann drehte er sich um und lief seinem Kumpan hinterher. Margaretha sank in sich zusammen, kauerte sich in den Schnee. Mit beiden Händen fuhr sie entsetzt in ihren Nacken, der sich nackt und bloß anfühlte. Sie hatten ihr die Haare abgeschnitten, wie einer Straftäterin. Margaretha schluchzte auf. Erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst, was passiert war, und sie zitterte vor Angstund Entsetzen. Jonkie stand winselnd neben ihr, leckte ihr über das Gesicht. Nach einer Weile schaffte Margaretha es, aufzustehen. Ihr Zopf lag im Schnee, wie benommen nahm sie ihn und auch ihre Haube, die sie ausschüttelte und überzog. Dann drehte sie um und ging langsam nach Hause. Immer wieder schaute sie sich um, doch die Gasse war menschenleer. Jonkie ging dicht an ihrer Seite, als spürte sie Margarethas Angst.
    Vor der Haustür blieb Margaretha stehen, zögerte, die Tür zu öffnen. In der einen Hand hielt sie den Zopf, in der anderen das Säckchen mit den Kräutern, das sie von Boden aufgeklaubt hatte. Sie schaffte es weder zu klopfen noch die Klinke zu ergreifen. Tränen rannen ihr über die Wangen. Am liebsten hätte sie sich in den Schnee gelegt, um für immer einzuschlafen.
    Jonkie kratzte erst zaghaft, doch dann immer heftiger an der Tür, bellte kurz auf.
    Abraham war es, der zur Tür kam und seine völlig verstörte Schwester fand.
    »Was ist passiert?« Er zog sie in die warme Diele, nahm ihr den Mantel ab. Noch immer krallte sie sich an ihren abgeschnittenen Haaren fest, brachte kein Wort heraus. Erst in der Stube brach die Erstarrung. Mit zitternden Fingern zog sie die Haube vom Kopf und hob anklagend die Hand mit ihrem Zopf.
    »Gottegot«, stöhnte Gretje auf. »Wer war das?«
    Margaretha schüttelte stumm den Kopf.
    »Was haben sie dir angetan?« Abraham strich ihr über die Schultern. »Bist du verletzt?«
    »Nein«, wimmerte Margaretha. »Sie haben mir nur die Haare abgeschnitten. Es ging alles so schnell, ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Jonkie hat sie dann vertrieben.«
    »Guter Hund. Setz dich und beruhige dich, Meisje. Die Haare wachsen wieder nach«, sagte Gretje beruhigend, doch ihre grimmige Miene zeigte ihre wirklichen Gefühle.
    »Ich habe die Kräuter nicht abgegeben.« Margaretha vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Das macht nichts. Du wirst bei Dunkelheit auch nie wieder alleine vor die Tür gehen.« Isaak erhob sich. »Wer war es?«
    »Das weiß ich nicht, Vater. Zwei Männer, sie waren beide betrunken. Der eine hat mich von hinten festgehalten, der andere hat mir … hat … die Haare …« Sie schluchzte auf.
    »Würdest du sie wieder erkennen?«
    Margaretha zuckte hilflos mit den Schultern.
    »Ich werde durch die Stadt gehen. Vielleicht sind sie im Schiffchen oder streunen noch durch die Straßen, um weitere Frauen zu belästigen. Wenn ich die erwische, dann Gnade ihnen Gott!«
    »Den einen hat Jonkie in die Hand gebissen, er blutet.«
    Isaak nickte, nahm seinen Hut und den Mantel. Abraham und Hermann folgten seinem Beispiel. Doch obwohl sie die ganze Stadt durchstreiften, fanden sie die Männer nicht. Als sie spät in der Nacht nach Hause kamen, hatte Gretje Margaretha schon ins Bett geschickt.
    Margaretha hörte die Schritte der Männer und das Stimmengemurmel, aber sie hatte nicht die Kraft, aufzustehen und nachzufragen. Eigentlich wollte sie auch gar nicht wissen, ob sie die Männer gefunden hatten. Sie wollte dieses schreckliche Erlebnis einfach nur vergessen. Doch das gelang ihr nicht, es verfolgte sie bis in ihre Träume.

Kapitel 18
    In den nächsten Tagen ging Margaretha nicht mehr vor die Tür. Jedes Mal, wenn es klopfte, zuckte sie erschrocken zusammen und verkroch sich in der Vorratskammer. Seit diesem Abend hatte sich auch Esther verändert. Sie kam jeden Tag in die Küche und half. Ihre Angst schien sie verloren zu haben.Sie bemühte sich, Margaretha aufzumuntern, erzählte Geschichten und scherzte. Margaretha ließ jedoch niemanden an sich heran.
    Es ging auf Weihnachten zu. In der Küche herrschte die hektische Betriebsamkeit, wie jedes Jahr vor den Feiertagen. Mitte Dezember, es war ein sonniger, aber frostiger Morgen, zog Gretje ihren Mantel

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