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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Stürmen blieben sie verschont. Aufregung verursachten nur die beiden Geburten an Bord, die Margaretha als Hebamme begleitete. Gretje konnte ihr nicht zur Seite stehen, sie war zu schwach und zu krank. Beide Geburten verliefen ohne Komplikationen, die Reisenden gratulierten ihr hinterher. Margaretha wurde jedoch bewusst, dass sie als Hebamme von nun an auf sich gestellt war.
    Mehr als zwei Monate war die »Concord« über den Ozean gesegelt, als eines Morgens ein Ruf vom Ausguck erscholl: »Land in Sicht!«
    Margaretha lief den Niedergang empor und eilte zur Reling. Mit zusammengekniffenen Augen starrte sie nach vorne,doch die Unermesslichkeit des Meeres schien immer noch ungebrochen.
    »Land?«, flüsterte sie und zog das Umschlagtuch fester um ihre Schultern. »Wo?«
    »Aye, Meisje, dort ist Land«, sagte einer der Matrosen, der die Planken schrubbte. »Noch sieht man es nur vom Krähennest aus. Doch wenn Ihr Euer Näschen in die Luft streckt und eine gute Prise nehmt, dann könnt Ihr es schon riechen.«
    Margaretha schloss die Augen und atmete tief ein. Zuerst roch es wie immer – nach Salz und Meer, nach dem Hanf der Taue und dem Geruch der feuchten Planken. Dem Schweiß der Männer, dem brackigen Wasser in den Fässern, nach feuchtem Stroh und Heu, verdorbenem Getreide und faulenden Früchten. Sie atmete aus und wieder ein. Diesmal hielt sie die Luft an – da war tatsächlich ein anderer Geruch, ganz fein und kaum zu riechen. Nach Erde und Laub roch es, nach Land.
    Das bilde ich mir ein, dachte sie und öffnete wieder die Augen. Das bilde ich mir ein, weil es mein tiefster Wunsch ist, meine nackte und pure Hoffnung, endlich das ersehnte Land zu erreichen.
    »Zuerst ist es nicht mehr als ein Dunststreifen, nur eine Ahnung am Horizont«, sagte Mijnheer Claypoole, der neben ihr an der Reling stand. »Schon einmal habe ich diese Reise getan, und auch da war es so. Der Ruf scholl aus der Mastspitze. Vom Deck aus war nichts zu sehen, nur zu ahnen. Mit jeder Stunde, mit jedem Tag aber nimmt es mehr und mehr an Gestalt an. Ein Schatten am Horizont, an dem der Blick hängen bleibt. Nach einem Tag ist es ein Streifen, und wieder einen Tag später dehnt es sich aus, gewinnt seine Form. Am dritten Tag dann endlich darf man es glauben. Ein Raunen wird durch das Schiff gehen, ein Flüstern erst und dann lauter werdend – ein Ruf: Land! Dann haben wir es geschafft, sind dem Ozean entkommen, zu neuem Leben, zur Auferstehung – die Neue Welt.«
    »Aus den Weiten des Ozeans«, flüsterte Margaretha gebannt.
    »Ja.«
    Claypoole behielt recht. Es war genau so, wie er es beschrieben hatte. Wie verzaubert hing Margarethas Blick am Horizont, an dem der Schatten wuchs und zu einem Streifen wurde. Endlich segelten sie in die Bucht des Delaware Flusses. Das Laub der riesigen Bäume am Ufer glühte in prächtigen Farben. Zwei weitere Tage segelten sie flussaufwärts an der Küste entlang, dann erreichten sie Philadelphia.
    Der Morgen dämmerte, als das Schiff anlegte. Trotz der frühen Stunde waren fast alle Auswanderer an Deck. Gebannt und nicht ohne Furcht schauten sie zum Ufer.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Catharina und schaute Hermann entsetzt an.
    »In der Neuen Welt, Hartje«, antwortete er leise. Doch auch er wechselte unsichere Blicke mit seinen Brüdern und den anderen Mitreisenden.
    »Das kann nicht sein. Der Kapitän muss sich vertan haben, oder dies ist ein Zwischenstopp. Dies kann unmöglich der Hafen sein.« Catharina schüttelte empört den Kopf. »Das ist ja nur Wildnis. Wo sind die Gebäude, die Lagerhäuser, die Straßen? Wo ist die Stadt?«
    Nicht nur Catharina packte das Entsetzen. Murren kam auf, Unmut machte sich breit. Dies war nicht der Anblick, den die Aussiedler erwartet hatten. Statt Straßen gab es nur einen Pfad, der vom matschigen Ufer in den Wald führte. Der Anlegesteg war so grob gezimmert, dass manch einer seiner Festigkeit nicht traute. Und doch entluden die Matrosen das Schiff. Nach und nach stapelten sich alle Habseligkeiten der Auswanderer am sandigen Ufer. Unsicher schauten sie sich um, unschlüssig, wie es weitergehen würde.
    »Ein Bote ist unterwegs«, versuchte der Kapitän die unruhigen Siedler zu beruhigen. »Schon bald wird jemand aus der Kolonie kommen und Euch willkommen heißen.«
    »Wie oft ward Ihr schon hier?«, fragte Hermann ihn leise.
    »Dies ist meine zweite Reise.«
    »Aber sagtet Ihr nicht, dass es eine Stadt gäbe? Eine Siedlung?«
    »Das ist in der Tat der Fall. Eine halbe

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