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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Stunde Fußmarsch von hier.« Der Kapitän lächelte beschwichtigend. »Beruhigt Euch, Mijnheer op den Graeff. Natürlich ist dies ein ganz anderer Anblick als die Häfen in England oder den Niederlanden. Aber bedenkt, seit wann dies Land besiedelt wird. Alles braucht seine Zeit. Penn setzt viel daran, eine ordentliche Kolonie aufzubauen. Alle Anfänge sind schwer und hart, aber das dürfte Euch nicht neu sein.« Er klopfte Hermann auf die Schulter, drehte sich um und gab weitere Befehle zum Entladen des Schiffes.
    »Was werdet Ihr nun tun?«, fragte Hermann, der sich nicht so schnell abwiegeln lassen wollte. »Werdet Ihr zurücksegeln?«
    »Natürlich werde ich das. So schnell wie möglich, damit ich vor den Winterstürmen den Ozean überquert habe. Noch ist das Wetter gut, obwohl das Jahr schon weit fortgeschritten ist. Ein paar Wochen später und wir müssten hier überwintern.« Er nahm die Pfeife aus seiner Tasche und stopfte sie. Der Tabak war trocken und krümelig. »Vorher werde ich mir aber neuen Tabak besorgen. Den gibt es hier im Überfluss.« Er zog an der Pfeife, stopfte erneut nach. »Dies Land hat Zukunft. Es ist reich und voller Schätze. Auch wenn es im Moment nicht so aussieht, Eure Entscheidung hierher zu kommen war richtig. Zweifelt nicht, guter Mann.«
     
    Obwohl Hermann diese Worte trösteten, halfen sie doch nicht, die aufgebrachten und verängstigten Siedler zu beruhigen. Einige Siedler weigerten sich, ihre Habe von Bord zu tragen. Sie verlangten die sofortige Rückfahrt.
    »Selbst wenn sie es bezahlen könnten«, sagte der Kapitän leise zu op den Graeff, »könnten wir sie nicht mitnehmen. Wo sollen wir den Proviant hernehmen? Wir sind froh, wenn wirgenügend Nahrung für uns bekommen können, für Passagiere ohne Vorräte wird es nicht reichen.«
    Diese Aussage beunruhigte Hermann noch mehr. Verzweifelt bemühte er sich, die Siedler zu beschwichtigen. Nach und nach ließen die lautstarken Proteste nach, und man fügte sich murrend in das Schicksal.
    »Wo bleibt Pastorius?«, fragten sich die Brüder op den Graeff. Immer wieder wanderte ihr Blick zu dem Pfad, der durch den Wald führte. Doch niemand kam. Hatte er das Land überhaupt erreicht? Lebte er noch? Was würde aus ihnen werden, wenn er nicht käme?
    »Wir haben die Verträge mit Furley gemacht«, murmelte Abraham grimmig. »Wir haben das Land gekauft und bezahlt. Das kann uns keiner streitig machen.«
    »Rechtlich mag das stimmen.« Dirck schüttelte den Kopf und wies um sich. »Aber wie willst du das durchsetzen, falls es Schwierigkeiten gibt? Was, wenn Pastorius es nicht bis hierher geschafft hat?«
    »Wieso sollte er nicht?«, fragte Abraham.
    »Weißt du, ob sein Schiff angekommen ist? Ob er die Überfahrt überstanden hat? Die ersten Wochen? Vielleicht war er ebenso entsetzt von dem Anblick der Ödnis wie wir und hat sich umgehend wieder nach England eingeschifft.«
    »Godverdamme, nun male den Teufel nicht an die Wand!«
    »Welche Wand, Hermann?« Dirck wandte sich ab.
    Hermann sah ihm hinterher, dann drehte er sich um. Margaretha hatte die Brüder beobachtet, ihren Disput verfolgt, nun seufzte sie auf. Sollten alle ihre Hoffnungen hier enden? Sollten sie am Ufer dieses mächtigen Flusses scheitern? Dann wären alle Pein, alle Sorgen und die Qual der Überfahrt umsonst gewesen.
    Das Krickä-krick-krick des Reihers, der aus dem Schilf aufstieg und sich lautstark über die Neuankömmlinge beschwerte, holte sie aus ihren Gedanken. Es war seltsam, plötzlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Sie fühltesich unsicher und schwindelig, dabei hätte es jetzt doch eigentlich anders sein müssen. Wochenlang hatte sie das Schaukeln auf dem Schiff mit ihrem Körper ausgeglichen, sich dagegengestemmt, mitbewegt und jetzt war ihr schummerig. Margaretha stemmte beide Beine in den matschigen Boden, holte tief Luft und sah sich um. Erlen gab es hier und Weiden, Schilf wuchs am Ufer. In der Ferne sah sie große Bäume, die im Licht der Sonne rot glühten. Aber auch Eichen standen dort und Buchen. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, die einzelnen Blätter zu fokussieren, aber es gelang ihr im gleißenden Licht der Morgensonne nicht. Überhaupt schien die Luft hier anders, das Licht stärker und die Farben leuchtender zu sein.
    Du irrst, schalt sie sich selbst und ging zurück zum Schiff. Gretje war immer noch unter Deck, sie war zu schwach, um aufzustehen.
    »Moedertje, wir haben Amerika erreicht, das Schiff hat angelegt.

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