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Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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abwehrend die Hand. »Das würde solche Wunder doch nur zu etwas Alltäglichem machen, zu etwas Nichtigem. Nein, Maria hat die Eingebungen nur an den Gedenktagen ehrwürdiger Märtyrer.«
    »Und wo bekommt sie diese ... Eingebungen?«
    Der Pater zog die Augenbrauen zusammen. »Ihr habt Zweifel?«
    Ludolf lief augenblicklich rot an. »Ich möchte mir nur ein eigenes Bild machen.«
    Arnold Bassenberg wandte sich an Agnes: »Seid ihr auch so skeptisch?«
    »Keinesfalls«, beteuerte sie. »Ich bin ganz und gar von der göttlichen Quelle der Visionen überzeugt.«
    »Gut.« Der Priester war zufrieden und lächelte nachsichtig.
    Er bat die beiden Besucher, ihm zu folgen. Er führte sie ins südliche Seitenschiff. Neben einem kleinen Fenster hing ein weißes Kruzifix auf dunklem Holz. Es sah wie ein Zwilling der Statue in Marias Wohnung aus. Am Boden darunter stand eine metallene Schale, die die heiligen Tränen auffangen sollte, wenn die Heilige von Rinteln wieder vom Geist Gottes inspiriert wurde. Neben dem Gefäß lagen diverse Rosenkränze, Blumen, Täfelchen mit Bitten um Heilung und andere Aufmerksamkeiten.
    Ludolf beugte sich vor und betrachtete eingehend das Heiligenbild. Der Priester behielt ihn dabei misstrauisch im Auge und achtete darauf, dass der junge Mann nichts Unangemessenes unternahm.
    Arnold Bassenberg erklärte weiter: »Ich habe drei heilige Kruzifixe erstehen können. Eines seht ihr hier, eines hängt in Marias Wohnung und eines bei der Äbtissin. Sie wurden vom Papst höchstpersönlich gesegnet. Sie sind von einem Eremiten aus einem Stein aus dem Heiligen Land hergestellt worden.«
    Ludolf beendete seine Untersuchung und fragte: »Erscheinen auf dem Bild der Äbtissin auch Tränen?«
    »Oh, nein! Dieses Wunder erscheint nur, wenn Maria Visionen hat. Sonst nie.«
    »Seit wann habt ihr diese Kruzifixe?«
    »Schon ein paar Jahre. Aber sie haben auf Maria gewartet, um durch sie Gottes Allmacht bekannt zu machen.«
    Ludolfs Gesicht war wie versteinert. Er grübelte und hatte einen leeren Blick bekommen. Man konnte förmlich sehen, wie sich seine Gedanken im Kopf gegenseitig jagten.
    Nun wandte sich Agnes an den Priester. »Gibt es denn Personen, denen diese Wunder ein Dorn im Auge sind?«
    Der Angesprochene nickte bedächtig. »Ein paar. Glücklicherweise nur wenige. Aber seit ein paar Tagen ist ein Bettelmönch in der Stadt.«
    »Seine abscheulichen Reden haben wir heute Vormittag schon gehört.«
    »Er predigt überall in der Stadt, Maria sei eine Ketzerin. Sie sei ein Kind Satans. Könnt ihr euch diese Abscheulichkeit vorstellen?« Bassenberg wurde von Satz zu Satz lauter. »Dieser sogenannte Mönch speit Gift und sät Zwietracht. Er spaltet die Einwohnerschaft. Sogar einige treue Kirchgänger sind plötzlich gegen Maria. Der Mönch ist derjenige, der von Dämonen besessen ist! Nicht Maria! Man sollte so schnell wie möglich den Bischof holen und den Mönch exkommunizieren lassen.« Der Priester hatte sich in Rage geredet. Er atmete schwer und sah aus, als wolle er jeden Augenblick losstürmen und über seinen Gegner herfallen.
    Aber Agnes hatte bei ihrer Frage einen bestimmten Punkt im Auge gehabt: »Könnte der Mönch Maria angegriffen haben?«
    Spontan platzte Bassenberg heraus: »Ja, das traue ich diesem Gotteslästerer zu. Er hat Maria verflucht. Solch einem trau ich alles zu. Leider tut unser Bürgermeister nichts dagegen. Es sei ja noch nichts passiert. Aber wie lange geht das noch gut? Ich habe auch schon mit dem Verwalter des Grafen geredet, damit er beim Rat interveniert.«
    Die junge Nonne blickte Ludolf kurz an, der nickte nur. Wieder ein Verdächtiger auf der Liste. Von Stunde zu Stunde wurde das Geschehen um Maria unübersichtlicher. Wie konnte man überhaupt noch erkennen, was wichtig war und was nebensächlich? Kuniberts Tod, Marias Visionen, ihre Verschleppung aus Italien, der gegen sie predigende Bettelmönch, Ulrichs Vorliebe für junge Mädchen, seine kruden Nachforschungen, der Verdacht gegen die Holzdiebe.
    Agnes atmete tief durch. »Gibt es noch andere Leute, denen es nicht gefällt, dass Maria Visionen hat?«
    Arnold Bassenberg überlegte einen Moment und strich sich abermals durchs Gesicht. Er hatte sich inzwischen wieder unter Kontrolle und war ruhiger geworden. »Nun ja, der ehemalige Verwalter des Burgsitzes des Grafen, der alte Nikolaus Binder, nannte Maria und mich Betrüger. Er hat mich in der letzten Woche auf dem Marktplatz sogar mit seinem Stock angegriffen.«
    »Traut

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