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Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die heilige Ketzerin: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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gewusst, worauf Ludolf bei seiner Frage nach dem Zeitpunkt hinauswollte? Wenn sie wirklich die Wahrheit gesagt hatte – nur um einmal unvoreingenommen darüber nachzudenken –, lief Kuniberts Mörder noch immer frei herum. Hatten die beiden schon wieder den Falschen verhaften lassen?

Ein Glaubenskrieg
    Die Äbtissin und der Pater von St. Nikolai wurden gebunden zum Rathaus gebracht. Neugierig traten die Bewohner der Klosterstraße vor ihre Häuser und beobachteten die vom Domdekan angeführte Gruppe. Voller Scham blickte Greta von Hattelen zu Boden und weinte still vor sich hin. Arnold Bassenberg war dagegen alles andere als niedergeschlagen. Er lächelte die Zuschauer freundlich an, grüßte hier und da jemanden und tat so, als wäre dies nur ein kleiner Spaziergang. Doch hinter vorgehaltener Hand wurde getuschelt und getratscht. Spätestens am Mittag sollte ganz Rinteln wissen, wer da verhaftet worden war.
    Als die kleine Schar auf dem Marktplatz ankam, wurde ihr plötzlich keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Einige Höker bauten gerade ihre Stände ab, andere sah man gerade noch davoneilen. Keine Käufer, die feilschen wollten, niemand, der kritisch die Qualität der angebotenen Waren prüfte. Dabei war es noch Vormittag. Alle liefen wie aufgescheuchte Hühner herum.
    Plötzlich kam ihnen der Bürgermeister mit zwei Ratsherren im Laufschritt entgegen. Die älteren Herren eilten mit wehenden Kleidern auf die Gruppe zu.
    »Was macht ihr denn mit unserem achtbaren Pater?«, rief Prutze schon von Weitem. »Gerade solch ein Auftritt wäre jetzt das Schlimmste, was ihr tun könnt.«
    »Was ist hier los?«, fragte Johannes vom Domhof. »Die Leute geben ja alle Fersengeld!«
    Endlich standen sich die hohen Herren Angesicht zu Angesicht gegenüber. Der Bürgermeister und seine Ratskollegen schnauften laut nach dem anstrengenden Lauf. Ihr Amt und ihr Reichtum hatten sie träge gemacht, sie waren keine große körperliche Anstrengung mehr gewohnt.
    »Der Bettelmönch stachelt die Leute auf. Wir haben schon Boten mit der Bitte um Berittene zur gräflichen Familie geschickt. Aber nun sagt schon: Warum sind der Priester und die Äbtissin gebunden?«
    Ludolfs Vater gab einen kurzen Bericht. Der Bürgermeister und die Ratsherren waren erschüttert. Ungläubig schüttelten sie den Kopf und konnten es kaum fassen. Die Knechte wurden angewiesen, die Gefangenen schnell ins Rathaus in den Versammlungssaal zu bringen und dort zu bewachen, bis die anderen nachgekommen waren. Die Leute auf dem Kirchplatz auf der anderen Seite des Rathauses durften die Gebundenen nicht sehen. Es würde bedeuten, noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Die Situation konnte sonst schnell außer Kontrolle geraten.
    »Ich will aber sehen, was dort vor sich geht«, äußerte der Domdekan.
    Der Bürgermeister mit seinen Kollegen, Agnes, Ludolf und sein Vater folgten ihm. Als sie das Rathaus umrundet hatten, sahen sie, wohin viele der Rintelner Bürger verschwunden waren. Auf dem Kirchplatz hatte sich eine ansehnliche Anzahl von Einwohnern versammelt, und genau vor der Kirchentür stand der Bettelmönch auf einem Podest und hielt eine donnernde Rede. Die Menge war in Aufruhr. Überall gab es Grüppchen, die sich anschrien oder schubsten.
    »Diese Maria, die uns hier vor die Nase gesetzt wurde, ist nichts anderes als Babylon die Große, die Mutter aller Huren! Sie treibt es mit den Herrschern der Welt. Bassenberg, der zulässt, dass hier vor eurer Nase solch ein abscheuliches Weibsbild ihre Dämonenspielchen aufführen darf, und Prutze, der dies auch noch mit Duldung der Gräfin unterstützt, sind die Sklaven dieser Maria!«
    Einige Stimmen verfluchten nun Maria als Ketzerin, andere betitelten den Mönch als Lügner und bezeugten, dass Maria eine Heilige war. Der Tumult wurde immer heftiger. Die ersten Leute begannen, mit den Fäusten zu argumentieren.
    »Denkt an die Wehe der Offenbarung! Wenn ihr nicht sofort umkehrt, werdet ihr Gottes Strafgericht mit voller Wucht zu spüren bekommen. Wisst ihr nicht mehr, was über die sieben Plagen prophezeit wurde?
Und der erste Engel blies seine Trompete. Und es entstand ein Hagel und Feuer, mit Blut vermischt, und es wurde zur Erde geschleudert; und ein Drittel der Erde wurde verbrannt. Und der zweite Engel blies seine Trompete. Und etwas gleich einem großen, mit Feuer brennenden Berg wurde ins Meer geschleudert. Und ein Drittel des Meeres wurde zu Blut; und ein Drittel der Geschöpfe im Meer starb. Und der dritte Engel

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