Die Heimkehr des Prinzen
machten sich fast keine Sorgen.
Aber erste Anzeichen von Beunruhigung machten sich nun doch bemerkbar, als der Sauerstoffmangel seinen Brustkorb mit eiserner Faust zusammenpresste.
Prinzen machten sich zwar keine Sorgen, aber Prinzen konnten ertrinken.
Sein im atlantischen Gespür verankertes Bewusstsein für Wassertiefen warnte ihn, dass er nun Gegenden erreicht hatte, die jenseits der Sicherheitszone lagen. Er tauchte nun schon seit fast fünf Minuten. Noch ein oder zwei Minuten, und seine Lungen hätten nicht mehr genug Luft, um ihn wieder an die Oberfläche zu bringen. Die Lungenkapazität der Atlanter überstieg die der Menschen bei Weitem.
Die Ironie, dass ein atlantischer Prinz im Meer ertrank, hätte ihn eigentlich amüsieren sollen, aber sie machte ihn nur wütend. Mit seinen letzten Kräften sandte er wieder einen Ruf hinaus und verfiel nun in die rituelle, formelle Sprache, die er im Normalfall nie verwendete, auÃer bei wichtigen Zeremonien oder in höchster Gefahr.
Portal! Der Rächer des Königs verlangt Zutritt! Ich diene Atlantis und meinem Bruder, dem Fürsten â wer mich im Stich lässt, lässt uns alle im Stich.
Einen weiteren, langen Moment lang geschah wieder nichts. Sturheit â oder die Erinnerung an klare, blaue Augen â drängten ihn tiefer und tiefer hinunter auf der Suche nach den Antworten, die er so verzweifelt suchte. Tiefer und immer tiefer. Dunkelheit zuckte in den Winkeln seines Bewusstseins, und erst dann â endlich â erschienen die bekannten, blau-silbern schimmernden Lichtperlen, die sich zu einer ovalen Form unter ihm zusammenfügten, auf die er durch das eisige Wasser zuschoss. Er fiel hindurch und in die schimmernde Magie des Portals hinein, voll Verwunderung, warum das Einzige, woran er denken konnte, ihr Gesicht war. Dann gab sein Hirn, dessen Sauerstoffvorrat erschöpft war, den Kampf auf, und das Schimmern verdunkelte sich zu Schwärze.
4
In einer Höhle tief unter dem Mount Rainier, Kaskadengebirge, Washington
Im schwachen Licht der Fackeln und Kerzen war der Sprecher kaum zu erkennen, aber sein Gesicht schien ohnedies für die Dunkelheit gemacht. »Halte es für eine Art Geburtstagsfeier, wenn du willst. Nur geht es eben um einen Geburtstag von zweitausend Jahren.« Die Stimme des Vampirs vibrierte mit uralter Kraft und donnerte durch die enormen Weiten der Höhle, lieà den schwarzen Moder an den Wänden erzittern und schrillte in den Ohren des Zuhörers. Mit dieser Stimme verführte und beherrschte der Sprecher die Schwachen, die Unterwürfigen und die Feigen.
Sein Zuhörer aber gehörte zu keiner dieser drei Kategorien. Er war neugierig. »Und was gedenkt Ihr an diesem Jahrestag zu tun? Wollt Ihr die Macht wieder an Euch reiÃen, die Ihr vor all den Jahren verloren habt?«
»Ich habe nichts verloren. Ich wurde in der Blüte meiner Jahre brutal ermordet.« Die Augen des Vampirs funkelten wütend, und ihr höllenroter Schein durchdrang das trübe Dunkel. Doch dann gab er ein bellendes Lachen von sich, heiser und ungewohnt. Seine ausgeprägten Schädelknochen umrahmten die klassische Nase. Wie üblich unter den früheren römischen Kaisern, war das schwarze Haar militärisch kurz geschnitten. »AuÃerdem ist das Römerreich längst zerfallen, und es war weniger bedeutend als das, was ich mir heute zum Ziel gesetzt habe.«
Er glitt zur Höhlenmitte und schwebte auf eine mit rotem Samt ausgeschlagene Plattform. »Die Welt soll sich wieder an den Namen Gaius Julius Caesar Augustus Germanicus erinnern.«
Der Zuhörer verzog keine Miene, was unter den gegebenen Umständen eine besondere Leistung war. Nun, mein Lieber, vielleicht wäre Hollywood eher für dich geeignet, wenn man deinen Hang zum Dramatischen in Betracht zieht. »Aber kannte die Welt diesen Namen überhaupt jemals? Ist es nicht eher der Name, den die Soldaten Euch als Knabe gaben, den Ihr wieder hören wollt â den Ihr auf den Bildschirmen und überall in den Medien sehen wollt?«
Er hielt inne und biss die Zähne zusammen, obwohl er sich vorgenommen hatte, keinerlei Regung zu zeigen. »Ist es nicht eher der Name Caligula, dem Ihr wieder zu Berühmtheit verhelfen wollt?«
Der am meisten gefürchtete und verachtete Kaiser der römischen Geschichte zeigte in einem blitzenden Lächeln seine langen ReiÃzähne. »Und selbst
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