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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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stimmungsabhängigen und auch schwierigen Mädchen, das sie war, dem Mädchen, das die Frauen, mit denen ich sprach, in sich verdrängt hatten. In einer in früheren Ausgaben gestrichenen Eintragung vom 18.3.1944 schreibt sie:
    Liebe Kitty!
    Niemandem auf der Welt habe ich mehr über mich selbst und meine Gefühle erzählt als Dir, warum sollte ich Dir dann nicht auch etwas über sexuelle Dinge erzählen?
    Eltern und Menschen im allgemeinen sind bei diesem Thema sehr eigenartig. Statt daß sie sowohl ihren Mädchen als ihren Jungen mit 12 Jahren alles erzählen, werden die Kinder bei solchen Gesprächen aus dem Zimmer geschickt und dürfen selbst sehen wo sie ihre Weisheit herholen. Wenn die Eltern dann später merken daß die Kinder doch etwas erfahren haben, denken sie daß die Kinder mehr oder weniger wissen, als mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Warum versuchen sie dann nicht noch das Versäumte nachzuholen und fragen wie es damit steht?
    Ein wichtiges Hindernis gibt es für die Erwachsenen, aber ich finde dieses Hindernis nur sehr klein, sie denken nämlich daß die Kinder die Ehe sozusagen nicht mehr heilig und unversehrt vor Augen haben wenn sie wissen daß die Unversehrtheit in den meisten Fällen bloß Unsinn ist. [Die fehlerhafte Interpunktion entspricht dem Original.]
    Da Anne Franks klarsichtiger Widerstand gegen das vorbildliche Mädchen ebenso wie ihre Kritik an der vorbildlichen Ehefrau und ihre Bemerkung über die sexuelle Heuchelei der Erwachsenen in der ursprünglichen Ausgabe fehlt, wird der Eindruck erweckt, als habe sie diese Dinge weder hinterfragt, noch sich gegen sie gewehrt. Tatsächlich hat sie sich dagegen sehr heftig aufgelehnt. Uns wurde vorgegaukelt, daß in dieser komplexen, ihrer Sexualität bewußten jungen Frau das vorbildliche Mädchen lebe — fügsam, alles akzeptierend und nichts in Frage stellend. Es ist die Lüge, mit der sich Mädchen jeden Tag allerorts herumschlagen müssen, eine Lüge, die sie trivialisiert, ihre Stimmen zum Schweigen bringt und ihre Sexualität unterdrückt. Es ist eine Lüge, die zu der Frage Anlaß gab, welche ich mir in diesem Buch immer wieder stelle: Warum glauben Frauen, die vorbildliche Ehefrau existiere, wenn sie doch das Gegenteil wissen?
    Um eine Antwort darauf zu finden, brauchen wir uns nur die Mädchen anzusehen. Auch junge Mädchen beginnen irgendwann zu glauben, das vorbildliche Mädchen existiere, selbst wenn sie wissen , daß das nicht stimmt. Erwachsene machen ihnen klar, daß es nur so ein Mädchen sein kann, das zur glücklichen Heldin all der romantischen Liebesgeschichten heranwachsen wird, die Mädchen bereits auswendig können.

Liebeslektionen für Mädchen

    Dieses schöne, stumme Geschöpf, das vorbildliche Mädchen, die jüngere Ausgabe der vorbildlichen Ehefrau, füllt die Seiten der Liebesgeschichten, die schon unsere Kindheit erfüllten und jetzt unser Unbewußtes bevölkern. Der vor mir liegende Klappentext etwa bezeichnet eine dieser Geschichten, Hans-Christian Andersens berühmtes Märchen »Die kleine Meerjungfrau«, als »zeitlose Geschichte über Mut, Opferbereitschaft und den Triumph selbstloser Liebe«. Ich möchte Ihnen diese Geschichte in Erinnerung rufen.
    Eine schöne, fünfzehnjährige Meerjungfrau erblickt auf einem Schiff einen sechzehnjährigen Prinzen und verliebt sich auf den ersten Blick in ihn. Ein Sturm kommt auf, das Schiff zerschellt, und der Prinz fällt ins Wasser. Einen Augenblick lang ist die kleine Nixe überglücklich — er wird bei ihr sein in ihrer eigenen Welt; sie werden zusammen sein! Aber schnell erkennt sie, daß er im Wasser nicht leben kann und daß sie ihn an Land bringen muß, was sie auch tut.
    Sie ist unglücklich. Wie können sie sich ineinander verlieben, wenn er sie nicht sehen kann, nicht weiß, daß sie ihn rettete, wenn sie einander nie wieder begegnen werden? Sie muß sich in eine Frau verwandeln, eine Menschenfrau, um seine Liebe zu erringen. Deshalb wendet sie sich an die Meerhexe, die zwar bereit ist, ihr diesen Wunsch zu erfüllen, sie aber warnt, daß die Aufspaltung ihres Fischschwanzes in fnenschliche Beine so schmerzhaft sein werde wie ein Schwerthieb (das hat sie nun davon, an Sex mit dem Prinzen auch nur zu denken) und daß diese Schmerzen sie nie verlassen werden. Sie werde mit diesen Beinen zwar bezaubernd aussehen, werde als Inbegriff von Anmut erscheinen , aber jeder Schritt, den sie von da an tue, werde ihr vorkommen, als gehe sie auf Messern.
    Und sollte es

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