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Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition)

Titel: Die heldenhaften Jahre der Kirschkernspuckerbande: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Gricksch
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fragend an.
    Ich schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich gucke nicht viel fern.«
    »Ach, die Serie ist ja auch viel zu neu. Ihr Buch haben Sie ja schon vor mehr als einem Jahr geschrieben, oder? Aber, toller Zufall! Also, der Monk und Ihr Taxifahrer …«
    Frau Lösler hob zu einem längeren Vortrag an, in dem sie die vermeintlichen Parallelen zwischen diesem TV-Detektiv und meinem Roman-Schnüffler aufzählte. Aber genau genommen hatten sie nichts gemeinsam außer der Tatsache, dass beide Hypochonder waren und am Ende einen Mord aufklärten.
    Dann zählte Frau Lösler auf, wer sonst noch alles im Rahmen der diesjährigen »Bad Harksdorfer Krimitage« gelesen habe und noch lesen werde. Sie warf die Namen meiner Autorenkollegen so stolz um sich, als hätte sie all diesen Menschen persönlich das Leben geschenkt und ihnen obendrein das Germanistikstudium finanziert.
    Ich kannte nicht einen einzigen Namen. Bei den ersten beiden machte ich noch den Fehler, meine Unwissenheit zu offenbaren. Frau Lösler ratterte daraufhin ausgiebige Biographien der beiden Literaten runter: »… das ist jetzt also der vierte paranormale Kriminalroman von Gesine Lord. Aber sie hat mir erzählt, dass sie demnächst etwas ganz anderes machen möchte. Etwas mit Vampiren und Werwölfen. Also, das ist ja nicht so mein Ding. Ich liebe meine Krimis. Und dann ist da noch Holger von Herbst. Der ist im Osten aufgewachsen. Schrecklich, so als Kreativer … in diesem Regime. Das prägt seine Bücher natürlich. Und er heißt auch gar nicht wirklich von Herbst. Das ist ein Künstlername. Witzig, oder? Zumal er nicht mal im Herbst geboren ist, das habe ich nachgeschlagen. Auf jeden Fall …«
    Ich ertappte mich dabei, dass ich das Geträller von Yvonne Catterfeld, der der lokale Radiosender offenbar eine Sondersendung widmete, interessanter zu finden begann als die Viten meiner mir unbekannten Kollegen. Also nickte ich bei den folgenden Namen nun stets anerkennend, sagte »Oh« und »Donnerwetter«, »toller Kollege« und »So ein großer Name hier in Bad Harksdorf? Respekt!« und entging auf diese Weise weiteren biographischen Abhandlungen.
    Frau Lösler schärfte mir abschließend noch einmal ein, dass ich genau eine Stunde lesen solle, und versicherte mir, dass alle Zuhörer echte Krimifreaks seien. Die kämen von richtig weit her, teilweise sogar aus Erlangen. Das sei richtiger Krimikult hier. Und ein Nachwuchsautor wie ich – da seien alle sehr gespannt drauf!
    Es amüsierte mich, mit dreiundvierzig Lenzen noch zum Nachwuchs gezählt zu werden. Dass ich in einer Stunde vor einer Art kriminalistischem Kongress auftreten würde, machte mich allerdings ein bisschen nervös. Die nahmen ihr Lieblingsgenre hier offenbar sehr, sehr ernst. Das war nicht gut. Zumindest nicht, wenn man wusste, was ich vorhatte …

    »So«, sagte ich und klappte mein Buch zu. »Das war’s so weit mit meinem Krimi.«
    Die rund siebzig Gäste meiner Lesung schauten mich irritiert an. Es waren gerade mal zwanzig Minuten vergangen, seit ich am Pult Platz genommen hatte. Und jetzt sollte schon Schluss sein? Ein leises Rumoren hob an.
    »Aber das heißt nicht, dass jetzt schon Feierabend ist«, sagte ich lächelnd und zog aus der Tasche, die neben mir auf dem Boden stand, ein Exemplar von Kirschkerne hervor. »Denn Frau Lösler, die das hier übrigens alles ganz fabelhaft organisiert hat, hat einen kleinen Fehler gemacht, als sie mich eben vorstellte. Taxi in den Tod ist nicht mein erster Roman, sondern nur mein erster Krimi. Mein Debüt als Autor habe ich mit diesem Werk hier gegeben.« Ich hielt Kirschkerne hoch. »Es ist kein Krimi, und ich weiß, dass Sie alle gekommen sind, um sich an Mord und Totschlag zu ergötzen, aber ich würde Ihnen gern auch noch etwas aus diesem Buch vorlesen. Es geht darin nicht um den Tod, sondern um das Leben, aber das kann ja auch sehr spannend sein, nicht wahr?«
    Ich setzte mein charmantestes Lächeln auf, das an mindestens sechzig der siebzig Zuhörer wirkungslos abprallte. Bisher war es sehr gut gelaufen, aber mit meiner angekündigten Programmänderung hatte ich die positive Grundhaltung meines Publikums schlagartig gekillt.
    Ich schlug das Buch dennoch auf und las die Passage vor, in der ich beschrieb, wie Susann, Dille, Sven und ich als Zwölfjährige bei der Nachmittagsdisco im Haus der Jugend zum ersten Mal Engtanz tanzten. Es war, wie ich fand, eine sehr süße, amüsante und nostalgische Szene, in der sich jeder, der in den Siebzigern

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