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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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viel, findest du nicht? Schlafmohn, Nachtschatten, Nieswurz … Was hattest du vor? Die halbe Stadt vergiften?«
    Jakob Kuisl hatte sich in eine Ecke gekauert, so dass der Hauptmann sein Gesicht im Dunkeln nicht sehen konnte. »Das sind Heilkräuter«, murmelte er. »Meine Schwester war krank, das hab ich euch doch schon hundertmal erzählt. Sie hat mir einen Brief geschrieben, und ich bin von Schongau hergekommen, um ihr zu helfen.«
    Der Soldat runzelte die Stirn. »Wie ein Medicus siehst du aber nicht aus, nicht mal wie ein Bader. Also, was bist du?«
    »Ich bin der Schongauer Henker.«
    Eine kurze Pause entstand, dann fing der Hauptmann zu prusten an. Er lachte so laut, dass es klang, als würde er ersticken. »Der Schongauer Henker?«, japste er. »Ha, das ist gut! Das ist zu gut! Einen Henker hatten wir noch nie auf dem Schafott!« Erst nach einer Weile beruhigte er sich wieder.
    »Wie auch immer«, sagte er und wischte sich ein paar Tränen aus den Augen. Von einer Sekunde auf die andere war seine Stimme wieder kühl und schneidend. »Du weißt sicher, was dir blüht, Henker , wenn du nicht bald gestehst. Glaub mir, der Regensburger Scharfrichter ist ein harter Hund. Der hat schon ganz andere winseln lassen.«
    Jakob Kuisl verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. »Und wenn ihr mir alle Knochen brecht, ich bin unschuldig.«
    »So?Und was ist das?« Der Torwächter zog ein Pergament hervor und hielt es an die Luke. »Diesen Brief haben wir oben in der Kammer des Baderhauses gefunden. Der Letzte Wille vom Hofmann. Er hat keine Kinder und Verwandten gehabt. Bei seinem Tod erbt alles ein gewisser Jakob Kuisl aus Schongau. Du heißt doch Kuisl, nicht wahr?«
    Der Henker kam mit blinzelnden Augen nach vorne ins Dämmerlicht, um den Zettel genauer in Augenschein zu nehmen. Das Pergament trug ein rotes Siegel mit dem Baderwappen, die Schrift war fahrig, als hätte jemand nicht viel Zeit zum Schreiben gehabt.
    »Diesen Schmarren glaubst du doch selber nicht«, brummte Jakob Kuisl. »Ich kannte diesen Hofmann gar nicht, meine Schwester hab ich vor Jahren das letzte Mal gesehen. Warum soll ich also was erben? Dieses Geschmier hast du selbst aufgesetzt. Gib her!«
    Er griff durch die Luke, doch der Hauptmann zog das Schreiben rechtzeitig weg.
    »Das könnte dir so passen!«, zischte er. »Beweismittel vernichten! Jetzt sag ich dir, was passiert ist. Du wusstest, dass dein Schwager ein gutgehendes Badehaus besitzt, und du wusstest von dem Testament. Du warst in Geldnot und bist nach Regensburg gekommen. Vielleicht hast du deine Schwester um Geld angepumpt, aber sie hat dir keins gegeben. Also hast du selbst ein wenig nachgeholfen. Als Henker weißt du nur zu gut, wie man jemanden wie ein Schwein absticht.«
    »Blödsinn«, flüsterte der Henker. »Die Lisl ist meine Schwester. Nie würd ich ihr auch nur ein Haar …«
    Doch der Torwächter ließ sich in seiner Rede nicht aufhalten. »Du hast sie umgebracht und wolltest dich aus dem Staub machen«, fuhr er fort. »Womöglich wolltest duzurück nach Schongau. Dort hättest du in aller Ruhe abgewartet, bis mit der Postkutsche die Nachricht vom tragischen Tod deiner Schwester und deines Schwagers gekommen wäre. Ein bestialischer Raubmord, sehr traurig fürwahr, aber keiner hätte dich verdächtigt. Wer hätte schon ahnen können, dass du bereits in Regensburg gewesen bist? Aber du hast nicht damit gerechnet, dass dich jemand am Stadttor kontrolliert. Ich hab gleich gesehen, dass was mit dir nicht stimmt, Bayer  …«
    »Dreckige Lügen!« Der Henker schlug gegen die holzverkleidete Wand. »Räudige Galgenvögel seid ihr allesamt! Sag schon, wie viel Geld hast du bekommen, dafür, dass du mich über Nacht im Torturm einsperrst? Wer hat dich beauftragt, mich im Baderhaus gefangen zu nehmen? Wer? Red endlich!«
    Das erschrockene Gesicht des Hauptmanns verschwand für einen Moment. Als es wieder auftauchte, war erneut ein feines Lächeln darauf zu erkennen.
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon du redest«, sagte er schließlich. »Wie auch immer. Die Untersuchungen sind jetzt abgeschlossen, der Papierkram ist erledigt. Der Stadtrat kommt vermutlich schon morgen zusammen, um über dein weiteres Schicksal zu beraten. Mit Vieh wie dir machen wir in Regensburg kurzen Prozess.« Die Augen des Torwächters wanderten über die kotbespritzten Wände der Zelle. »Ich hoffe, der Aufenthalt in unserer schönen Rathauszelle hat dich ein wenig nachdenklich gemacht. Der Scharfrichter

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