Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
wissen, erleichtert, dass er sie im Auge hatte. Jetzt hingegen … „Ja.“
„Offenbar haben sie dich freigelassen.“
„Ja“, wiederholte sie, und ihr fiel ein, dass sie ihn das letzte Mal angelogen hatte, als sie ihm erzählte, sie wäre in einem Schlafzimmer eingesperrt.
„Wo bist du jetzt?“
„In einem Badezimmer.“
„Allein?“
„Ja.“
„Arbeitest du für uns, Danika? Oder für sie? Hast du alles vergessen, was ich dir gesagt habe? Herrgott noch mal, sie wollen deine Familie töten!“
Gnadenlos wie eine Schlinge hing seine Frage über ihr, bereit, sich um ihren Hals zu legen und zuzuziehen – egal wie sie antwortete. „Sie wissen, dass ich …“ Was?
„Sobald sich die Gelegenheit ergibt, werden sie deine Mutter vergewaltigen und verstümmeln. Und danach deine Schwester. Deine Großmutter haben sie ja bereits umgebracht.“
Mit aller Macht wehrte sich Danika dagegen, das zu glauben. Heftig schüttelte sie den Kopf.
„Wir holen dich da raus“, fuhr er ohne Umschweife fort. „Zu deinem eigenen Schutz. Meine Informationsquellen sagen mir, dass derjenige, der sich Aeron nennt, kurz vor dem Wahnsinn steht vor lauter Mordlust. Lust, dich zu ermorden. Aber wir wollen nicht, dass dir etwas geschieht. Anders als die Herren der Unterwelt wollen wir dich beschützen.“
Sie herausholen? „Warten Sie. Sie wollen mich aus der Burg herausholen?“
„So schnell wie möglich.“
Nein. Am nächsten Morgen würden sie und Reyes nach Oklahoma reisen. „Nein, ich kann nicht. Sie können nicht. Ich …“
„Du hast keine andere Wahl, Danika. Wir richten uns sogar darauf ein, noch heute in die Burg einzudringen. Anders als bei ihnen hat bei uns das menschliche Leben sehr wohl einen Wert. Wir wollen dich in Sicherheit bringen.“
Was? Sie wollten in die Festung einbrechen? Zweifellos würde es dann zu einem Kampf, zu Blutvergießen und Todesopfern kommen. Sie versuchte, nicht sofort in Panik auszubrechen, doch das Blut in ihren Adern schien bereits schockgefroren, und in ihren Ohren schrillte es. „Wenn Sie glauben, dass ich für die andere Seite arbeite, warum haben Sie dann angerufen? Warum warnen Sie mich? Warum wollen Sie mir helfen?“
„Jeder kann einen Fehler machen. Wahrscheinlich haben sie dich angelogen, haben dir weisgemacht, sie würden deine Familie in Ruhe lassen, wenn du nur bei ihnen bleibst und ihnen in der einen oder anderen Sache hilfst. Vielleicht sogar dabei, uns auszuschalten.“
Mehrmals öffnete und schloss sie den Mund, brachte aber keinen Ton heraus. Alles, was er sagte, ergab Sinn.
„Wirst du dich bereithalten?“
Sie konnte es nicht länger hinauszögern, konnte nicht länger im Spagat zwischen beiden Optionen stehen, musste sich endlich darüber klar werden, wem sie helfen und wen sie bekämpfen wollte. Und zu ihrer Überraschung musste sie plötzlich nicht mehr darüber nachgrübeln. Was Stefano sagte, ergab Sinn, aber es fühlte sich nicht richtig an. Irgendwann in den vergangenen Tagen war ihr Hass auf Reyes verschwunden und durch … etwas anderes ersetzt worden. Sie hatte keine Ahnung, was für Gefühle in ihr schlummerten, sie wusste nur, dass sie zugleich zärtlich sanft und stürmisch leidenschaftlich waren. Sie würde sich Reyes bei der Suche nach ihrer Familie anvertrauen – und sich von der Sicherheit, die die Jäger ihr versprachen, verabschieden.
„Ja“, log sie.
„Kluges Mädchen.“ Stefanos Erleichterung war fast greifbar. „Wie viele Krieger sind in der Burg?“
„Alle“, log sie erneut. Am Morgen waren die meisten von ihnen aufgebrochen. Hatte Stefano ihren Aufbruch beobachtet? Oder hatten sich die Krieger einfach in Luft aufgelöst, so wie Lucien es öfter tat?
Wenn Stefano die Wahrheit kannte, würde er die Erstürmung der Burg als Kinderspiel betrachten. Lüge weiter. Vielleicht hat er keine Ahnung. Sie ließ sich auf den Toilettendeckel fallen, weil ihre Beine sie plötzlich nicht mehr tragen wollten. Dann beugte sie sich vor und stützte ihre Ellbogen auf die Knie. Mit einer Hand hielt sie sich das Telefon ans Ohr, mit der anderen rieb sie sich über die Schläfen, um die plötzlich aufziehenden Kopfschmerzen zu vertreiben. „Sie sind schwer bewaffnet. Sie sollten es nicht riskieren, die Burg zu stürmen. Ist es nicht besser, wenn ich mich herausschleiche und zu Ihnen komme?“ Sie könnte Reyes sagen, wo die Jäger auf der Lauer lagen, und er würde … sich um alles Weitere kümmern.
„Du bist für so etwas nicht
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