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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Sagoth, das heißt »Legion« in der Schwarzen Sprache. Und ich gebe euch ein Ziel.‹
    Die Schatten verharrten schweigend.
    ›Tod den Bärtigen!‹
    Mit einer Handbewegung gab er sie frei. Die Schatten wirbelten empor, von einem einzigen Willen, einem Gedanken erfüllt.
    Tod den Bärtigen!
    Dort, wo der donnernde Wasserfall aus der Höhe hinabstürzte, versammelten sie sich. Sie tauchten ein in die tosende Flut, zuckten hinauf und waren verschwunden. Es ging so schnell, dass man es kaum mit den Augen wahrnehmen konnte – oder mit welchen anderen Sinnen auch immer, die hier in der Dunkelheit das Auge ersetzten.
    Die Gestalt im Dunkel blieb zurück. In ihrem Gesicht zuckte es. Dann wandte sie plötzlich den Kopf. Ihr Blick ging zu der Stelle, wo Ithúriël und Gwrgi verharrten. Einen endlosen Moment lang starrte Ithúriël genau in die grausamen, mitleidlosen Augen des Schattenfürsten.
    Dann ging der Blick weiter, über sie und ihren Begleiter hinweg. Er hatte sie nicht gesehen.
    Azrathoths Gesicht verzerrte sich, wie in Schmerz. Seine Hand verkrampfte sich über der Brust. Einen Augenblick lang sah Ithúriël mit ihrem inneren Auge, was er dort in der Hand hielt: ein feuriges Rad, ein in sich geschlossenes Band ohne Anfang und Ende.
    Wind kam auf, ein Sog, der die Gischt des Wasserfalls zu langen Bahnen aufpeitschte. Er zerrte an Mantel und Haar des Schattenfürsten, doch durch Ithúriël und Gwrgi ging er hindurch, als wären sie Schatten, ohne Substanz.
    Ein blendender Blitz erfüllte das Gewölbe, ließ die ganze riesige Höhle in seinen Grundfesten erzittern.
    Dann stürzte die Luft in den leeren Raum, wo einen Lidschlag zuvor noch Azrathoth, der Fürst der Finsternis, gestanden hatte.
    Ithúriël wartete, bis der Sturm sich gelegt hatte. »Wohin ist er verschwunden?«, fragte sie dann, an Gwrgi gewandt.
    »Zurück in die Vergangenheit, aus der er kam«, erklärte dieser. »Ich glaube, er wollte versuchen, das Reich der Zwerge zu vernichten, damit sie uns nicht in der fernen Zukunft helfen sollten, einen Weg in die Gewölbte Halle zu finden – und damit einen Weg zu ihm.«
    Ithúriël schwirrte der Kopf. »Ist denn nicht die Zukunft so, wie sie sein wird – wie die Zeit, aus der wir kamen?«
    »Nur, wenn man ihr die Zeit lässt, so zu werden. Für uns ist sie ein Teil unserer Vergangenheit – aber nur für uns. Die Welt jedoch, wie wir sie kannten, wird nicht mehr sein. Wir sind nun auf ihre andere Seite gelangt.« Und als sie ihn immer noch verständnislos ansah: »Kommt, ich zeige es Euch.«
    Wieder führte ihr Weg durch einen Durchgang, wo zuvor keiner gewesen war, und sie gelangten in einen großen Stollen, auf dessen Grund ein Wasserlauf floss. Von irgendwoher hörte man Waffengeklirr. Entlang der Felswand führte ein Weg, eher ein schmaler Sims, der auf der einen Seite aus einem Stollen austrat und auf der anderen in einen weiteren mündete. Aus der dunklen Öffnung des Stollens kamen Gestalten gerannt. An ihrer Statur waren sie unschwer als Zwerge zu erkennen. Sie waren in altertümliche Rüstungen gekleidet, mit Spangenhelmen und Kettenhemden. Sie schwangen Schwerter und Kriegshämmer, doch gegen den Feind, der ihnen folgte, konnten sie damit wenig bewirken.
    Die Schatten waren überall. Wenn eine Klinge sie traf, dann wirbelten sie auseinander, und hin und wieder löste sich seufzend ein Teil ihrer Substanz und verendete flackernd auf dem Grunde der Höhle. Doch meist flossen sie wieder zusammen und bildeten sich neu. Und wenn sie mit ihren Schattenhänden nach etwas griffen, mochte es nun Fels sein, Metall oder lebendes Fleisch, dann löste es sich auf. Es wurde zu Schatten, wie sie selbst, flackerte noch eine Zeit lang und erlosch.
    Gegen diesen Feind war selbst kaltes Eisen machtlos. Die Zwerge kämpften auf verlorenem Posten. Die Schatten nahmen ihnen den Boden, auf dem sie standen, schaufelten ihn mit ihren bloßen Händen aus, öffneten Höhlungen, wo vorher keine gewesen waren.
    Ein kleiner Haufe von Zwergen stand auf einem letzten verbliebenen Stück des Gesimses. Vor und hinter ihnen war das Gestein weggebrochen. Sie hatten keinen Fluchtweg mehr. Die Schatten umdrängten sie, griffen nach ihnen mit ihren schwarzen Fingern. Die Zwerge wehrten sich, mit eingeübter Präzision. Dort, wo der eine zuschlug, gab der andere Deckung. Wenn ein Kämpfer zurückwich, nahm sofort ein Kamerad seinen Platz ein. Und obwohl ihre Waffen nichts ausrichteten, kämpften sie unbeirrbar weiter, und trotz der

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