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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sie.
    «Acht wären besser.»
    «Unersättlicher Uhtred», sagte sie.
    Die sieben Köpfe waren mittlerweile in einen Sack eingenäht worden, den Sihtric einem Esel aufgebürdet hatte, den er an einem
     Strick führte. Fliegen summten um den |143| Sack herum, von dem ein so grässlicher Gestank ausging, dass Sihtric alleine für sich lief.
    Wir waren eine seltsame Streitmacht. Ohne die Geistlichen zählten wir dreihundertundachtzehn Männer, und mit uns zogen mindestens
     noch einmal so viele Frauen und Kinder und die übliche Hundemeute. Es waren sechzig oder siebzig Mönche und Priester, und
     ich hätte jeden von ihnen sofort gegen mehr Pferde oder mehr Kämpfer eingetauscht. Ich bezweifelte, dass von den dreihundertundachtzehn
     Männern auch nur hundert für den Schildwall taugten. In Wahrheit waren wir gar keine Streitmacht, sondern nur ein wahllos
     zusammengewürfelter Haufen.
    Die Mönche psalmodierten beim Gehen. Ich vermutete, sie sangen auf Latein, denn ich verstand die Worte nicht. Sie hatten den
     Sarg des Heiligen Cuthbert mit einem feinen, grünen Tuch bedeckt, das mit Kreuzen bestickt war, und an diesem Morgen hatte
     ein Rabe seinen Kot auf das Tuch fallen lassen. Zuerst sah ich darin ein schlechtes Omen, doch weil der Rabe Odins Vogel war,
     änderte ich meine Meinung und fand, dass Odin sein Missfallen über diesen toten Christen ausdrücken wollte. Für mein Vergnügen
     über diesen Scherz eines Gottes erntete ich von Jænberht und Ida böse Blicke.
    «Was machen wir», fragte mich Hild, «wenn wir in Eoferwic ankommen und feststellen, dass Ivarr schon zurück ist?»
    «Dann laufen wir ganz schnell weg, was sonst?»
    Sie lachte. «Du bist glücklich, oder?», fragte sie.
    «Ja.»
    «Warum?»
    «Weil ich von Alfred weg bin», sagte ich, und erst da wurde mir bewusst, wie sehr das stimmte.
    «Alfred ist ein guter Mann», rügte mich Hild.
    |144| «Das ist er», gab ich zurück, «aber freut man sich je auf seine Gesellschaft? Braut man ein besonderes Bier für ihn? Würdest
     du ihm einen Witz erzählen? Sitzt jemals ein Mensch mit ihm am Feuer und unterhält ihn mit Rätselfragen? Singen wir mit ihm?
     Er fragt sich nur immerzu, was sein Gott will, und dann stellt er Regeln auf, um seinem Gott zu gefallen, und wenn du etwas
     für Alfred getan hast, dann ist es nie genug, weil sein elender Gott immer mehr und mehr will.»
    Hild antwortete mit ihrem gewohnten geduldigen Lächeln auf meine Beleidigung ihres Gottes. «Alfred will, dass du zu ihm zurückkehrst»,
     sagte sie.
    «Er will nur mein Schwert», sagte ich, «nicht mich.»
    «Wirst du zurückgehen?»
    «Nein», sagte ich entschlossen und versuchte, meine Zukunft vor mir zu sehen, um meine Antwort zu überprüfen, aber ich wusste
     nicht, was die Spinnerinnen, die unsere Schicksalsfäden verweben, mit mir im Sinn hatten. Manchmal hoffte ich sogar, mit diesem
     Haufen Männer Kjartan zu besiegen und Bebbanburg zu erobern, auch wenn mir der klare Verstand sagte, dass dies unmöglich war.
     Aber der klare Verstand hätte auch nie geglaubt, dass ein befreiter Sklave von den Sachsen und den Dänen zugleich als König
     anerkannt werden würde.
    «Dann kehrst du niemals zurück?», fragte Hild, die meine erste Antwort nicht recht glauben mochte.
    «Niemals», sagte ich, und ich konnte hören, wie mich die Spinnerinnen auslachten, und fürchtete, dass mich das Schicksal an
     Alfred gebunden hatte, und das ärgerte mich, denn es bedeutete, dass ich nicht mein eigener Herr war. Vielleicht war ich ja
     auch ein Mistelzweig, nur dass ich eine Pflicht zu erfüllen hatte. Ich musste eine Blutfehde zum Abschluss bringen.
    |145| Wir folgten den Römerstraßen über die Hügel. Es dauerte fünf Tage, und wir kamen nur langsam voran, denn die Mönche trugen
     die Leiche des Heiligen auf ihren Schultern. Jeden Abend beteten sie, und jeden Tag stießen neue Leute zu uns, sodass wir
     am letzten Tag, an dem wir über die große Ebene auf Eoferwic zumarschierten, fast fünfhundert Männer waren. Ulf, der sich
     jetzt Graf Ulf nannte, führte den Zug unter seinem Banner mit dem Adlerkopf. Er hatte angefangen, Guthred zu mögen. Ulf und
     ich waren die engsten Berater des Königs geworden. Eadred stand ihm natürlich auch nah, aber Eadred konnte zu Fragen des Krieges
     nicht viel sagen. Wie die meisten Geistlichen ging er davon aus, dass sein Gott uns den Sieg bringen werde, und das war alles,
     was er beisteuern konnte. Ulf und ich dagegen hatten sehr viel zu

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