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Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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für dich da sein. Was war mit ihm los? Sonst fand er doch nur böse, gehässige Worte für sie! Und nun dies. Nichtsdestotrotz: Sie fühlte sich nun tatsächlich besser.
    Plötzlich setzte ein gewaltiges Rauschen ein. Die Gewitterwolken entließen ihre Wassermassen. Der Regen ergoss sich in einem riesigen Schwall über das ausgetrocknete Land. Innerhalb von wenigen Augenblicken war alles durchnässt. Auch das Dach der alten Hütte. Erst fielen einige Tropfen aus den Bündeln, dann immer mehr. Agnes und Ludolf schauten hoch und sahen sich die Bescherung an. Überall tropfte es. Zu Glück nicht besonders viel. Noch am Morgen hätte das Wasser leichteres Spiel gehabt.
    »Hättest du dich ein bisschen mehr bemüht, wäre es jetzt ganz dicht. Nichts machst du richtig.«
    »Falsch. Das ist mit Absicht so gemacht. Wenn der Regen lang genug dauert, werden wir ganz durchnässt und müssen uns morgen nicht mehr waschen.«
    »So etwas Blödes kann auch nur einem Mann einfallen.«
    Beide standen immer noch umschlungen mitten im Raum und lächelten sich an. Ludolf fühlte sich wie im siebten Himmel. In diesen Augen wäre er gerne für immer versunken. Irgendetwas Berauschendes war in ihrem Blick, gegen das er sich nicht wehren konnte. »Geht’s wieder?«, fragte er leise.
    »Ja, doch. Es wird wieder.«
    Schlagartig wurde Agnes aber bewusst, dass er ihre Schwäche gnadenlos ausgenutzt und sie ganz in den Arm genommen hatte. Er hätte ja eigentlich wieder eine deftige Ohrfeige verdient, am besten gleich zwei oder drei, weil er so dreist war und die Lehre vom Mittag nicht verstanden hatte. Jedoch ...! Es fühlte sich so unverschämt gut an. Sie schlang ihre Arme um ihn und fühlte sich für Momente glücklich und geborgen.
    Der Donner rollte noch immer, aber er wurde von Mal zu Mal leiser. Man hörte noch einzelnes Krachen, irgendwo entfernt. Kein Grund mehr zum Erschrecken. Das Gewitter entfernte sich wieder. Was übrig blieb, war der Regen, der wild auf das Dach prasselte.
    Langsam, ganz langsam löste sich Agnes von Ludolf. Enttäuscht, aber ohne Widerstreben ließ er sie los. Sie schaute verlegen zur Erde und beobachtete abwesend, wie einzelne Tropfen auf den festgestampften Lehmboden platschten. Nach dem Aufschlagen zerplatzten sie in viele kleine Spritzer, die sternförmig auseinanderflogen und winzige Krater im Staub hinterließen. Sie wagte es nicht, Ludolf anzuschauen. Sie hatte sich in seinen Armen gar nicht so schlecht gefühlt. Es war etwas ganz Neues für sie, ungewohnt, eigenartig, irgendwie aufregend. So musste sich eine Frau, eine echte Frau, fühlen. Wenn sie Ehefrau hätte sein dürfen und nicht Nonne gewesen wäre ... Aber – sie hatte nun mal ihr Leben in den Dienst der heiligen Kirche gestellt.
    Ohne aufzuschauen und ganz leise begann Agnes. »Ludolf, ich möchte, dass wir über diese Sache kein weiteres Wort verlieren. Ich fand es sehr nett von dir, dass du mir geholfen hast. Aber jetzt geht es mir besser. Bitte lass dies unser Geheimnis sein. Ich will nicht, dass jemals ein anderer davon hört. Du kannst weiterhin alles Mögliche über mich behaupten. Aber bitte schweig darüber.«
    »Du fandst es doch auch schön, Agnes. So wie ich. Ich möchte ...«
    »Bitte halt ein!« Sie fiel ihm ins Wort und legt rasch ihre Hand auf seinen Mund. »Sag nichts mehr. Bitte, versprich es mir. Bitte!« Die letzten Worte waren flehentlich gesprochen. Agnes schaute Ludolf an und erwartete eine Antwort. Sie wollte sehen, ob er es ehrlich meinte. Ob sich nicht wieder die kleinen, verräterischen Fältchen in den Augenwinkeln zeigten, wenn er sie wie üblich auf den Arm nehmen wollte. Aber sie erkannte nicht das geringste Anzeichen von Boshaftigkeit oder Spott, nur Enttäuschung.
    Mit einem tiefen Seufzer antwortete er: »Ich verspreche es. Was immer du willst. Aber eines musst du mir noch sagen: Warum nicht?«
    »Ich bin durch mein Gelübde gebunden. Nur der Papst oder ein Bischof können das zurücknehmen. Und auch nur, wenn ich will. Ich dürfte noch nicht einmal an so etwas denken. Außerdem sind wir viel zu verschieden. Du weißt doch genau, wie oft wir anderer Meinung sind, wie oft wir uns streiten. Das hätte keine Zukunft. Wir würden uns nur unglücklich machen. Gute Nacht.« Trotzig und ohne ein weiteres Wort verschwand Agnes in ihrer Kammer und ließ Ludolf zurück.
    Am liebsten wäre er hinter ihr hergelaufen, doch er traute sich nicht. Jetzt, wo er ihr endlich so nah gewesen war ... Und sie hatte es auch genossen,

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