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Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Herren vom Berge: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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etwas herausbekommen würde, würde noch nicht einmal eine Truppe von berittenen Soldaten die aufgebrachten Bewohner hier mehr hindern können, sie zu befreien.«
    »Aber wo ist Kuneke nun?«
    »Wir wissen es nicht. Wir haben die Mutter ganz genau beobachtet. Natürlich heimlich. Aber dabei ist nichts herausgekommen. Nichts hat uns verraten, was geschehen ist. Mechthild scheint wahrhaftig um ihre Tochter zu trauern. Das hätten wir ihr vorher gar nicht zugetraut.«
    Die beiden Frauen schauten einander an. Wo war Kuneke? Alle Spuren schienen ins Nichts zu führen.
    Herta Schmitts plapperte nach diesem Moment des Innehaltens weiter. »So, meine Liebe. Die Tragödie um meine kleine Kuneke ist wirklich traurig. Aber nichtsdestotrotz muss ich mich jedenfalls wieder aufmachen. Es wird langsam Zeit. Es ist noch so viel zu tun bis zum Mittag. Mein Mann hat heute Morgen einem Huhn den Kopf abgedreht. Jetzt muss ich es noch rupfen, ausnehmen und so weiter. Man hat ständig was zu tun. Dann kommt man wenigstens nicht auf dumme Gedanken. Gehabt Euch wohl. Bis bald.« Die Hebamme hob grüßend die Hand und marschierte den Siek hinauf.
    Was machte die Frau eigentlich, wenn sie erkältet war? Wenn sie vor Heiserkeit keinen Ton mehr herausbrachte? Agnes konnte sich sehr gut vorstellen, dass ihr Mann diese Zeiten der Ruhe genoss.
    Agnes aber hatte noch etwas auf dem Herzen. »Eine Frage habe ich aber noch ...«
    Die Hebamme blieb stehen und schaute zurück.
    »Ihr habt mich eingehend begutachtet, ob ich ein Kind erwarte. Habt Ihr Euch bei der Einschätzung schon irgendwann einmal geirrt?«
    »Wie geirrt? Ich habe gedacht, jemand bekommt ein Kind, das war aber falsch? Oder ich war der Meinung, sie bekommt keins, war aber doch schwanger?«
    »Egal. Beide Möglichkeiten.«
    Herta schaute Agnes nachdenklich an. »Vor etwa vier Wochen. Ich hatte das Gefühl, als wäre Kuneke Ende des zweiten oder Anfang des dritten Monats. Aber von wem sollte sie das Kind haben? Weder ihr Schwager noch der Händler kamen in Frage. Und einen anderen gibt es nicht. Alles andere hätte sie mir längst schon gesagt. Aber auch ich kann mal danebenliegen. Aber bei Euch werde ich es hoffentlich besser wissen, wenn es soweit ist.« Die Hebamme winkte noch einmal und eilte dann weiter.
    Agnes stand mit offenem Mund vor der Hütte und schaute hinter der Frau her, bis sie zwischen den Häusern verschwunden war. Vor vier Wochen? Schwanger? Ende des zweiten Monats? Etwas Ähnliches hatte doch die Nachbarin gestern erzählt. Den kleinen Spaß von Gisela, als Kuneke sich morgens übergeben hatte. Das konnte zeitlich hinkommen. Sollte doch etwas Wahres daran sein? Gab es da noch einen dritten Verehrer? »Ach, verd... !« Mit beiden Händen bedeckte sie erschrocken ihren Mund. Sie durfte doch nicht fluchen, das gehörte sich nicht für eine anständige Nonne. Sie murmelte eine stille Entschuldigung an den Herrn und bekreuzigte sich.
    Kuneke war also wahrscheinlich schwanger. Von wem? War es ein einmaliges Abenteuer gewesen? Oder hatte sie die Liebschaft so gut verbergen können? War sie mit diesem Mann weggelaufen? Ihre Amme und ihre Freundin hielten es für unwahrscheinlich, dass sie ohne Kinder fortgegangen war. War das genauso unwahrscheinlich wie ihre Schwangerschaft? War es am Ende gar der Händler aus Minden? Irgendwie konnte Agnes das nicht glauben. Wenn Kuneke von einer Absprache zwischen ihrer Mutter und Dudenhausen erfahren oder das wenigstens vermutet hatte, hätte sie ihn nie und nimmer erhört. Oder war es vor der Entdeckung zu einer Liebelei gekommen? Warum hatte sie dann um Bedenkzeit gebeten? Sie wollte Zeit gewinnen, bevor sie eine Entscheidung traf. Wollte sie das Kind loswerden?
    »Aber natürlich! Sie will zu einer Engelmacherin!«
    Es gab immer wieder und überall unerwünschte Kinder. Kinder, die verraten hätten, dass jemand untreu gewesen war oder unkeusch in die Ehe treten würde. Die Frauen waren bereit, Schmerzen zu ertragen und Geld zu opfern, um den Fehltritt wieder ungeschehen zu machen. Dafür gab es die Engelmacherinnen. Sie töteten und entfernten mit langen Nadeln und schmalen Messern die noch ungeborene Leibesfrucht. Sie machten die Kinder zu Engeln und verkauften sich und die Mutter dem Teufel. Ein sehr gefährliches Unterfangen, denn es kam ab und zu solch schweren Verletzungen, dass die Frauen daran verbluteten. Eine winzige Unachtsamkeit oder eine unruhige Hand der Engelmacherin, ein Zucken der werdenden Mutter, und anstatt eines

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